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Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Titel: Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Hamilton
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oder Miami. Sie wusste, dass es einen Thai-Air-Direktflug von Bangkok nach New York gab, der um Mitternacht startete und am späten Nachmittag in New York ankam. Um neunzehn Uhr ging von dort aus der nächste Flug nach Guyana.
    Wie sich herausstellte, gab es überall noch freie Plätze in der Business Class. Sie schickte eine E-Mail an ihre Reiseberaterin, damit sie die Flüge und die bestmöglichen Hotels für sie buchte.
    Im Hyatt wurde mittags ausgecheckt. Sie rief an der Rezeption an und handelte für den halben Tagessatz einen späteren Zeitpunkt aus.
    Während ihrer Internetrecherchen hatte Ava zwei Anrufe verpasst, einen von Arthon und einen von Onkel. Sie rief Arthon zurück. Er schien erfreut, wenngleich etwas überrascht, dass die Sache so gut gelaufen war. Sie bat ihn, einen Satz der Fotos zu behalten, falls sie noch gebraucht wurden. Er antwortete, das habe er sowieso vorgehabt, und sie fragte sich, was das wohl für Antonelli bedeutete.
    Onkel erkundigte sich nach ihrem Treffen mit Antonelli. Das war seine Art, sie wissen zu lassen, dass er im Bilde war.
    Sie gab ihm einen detaillierten Bericht.
    »Wo liegt denn Guyana?«
    »Sag bloß, du hast dort keine Freunde?«
    »Ich weiß nicht mal, wo das ist.«
    »In Südamerika. Im Norden grenzt es an Surinam, Brasilien und Venezuela, und es ist nur einen Katzensprung von Trinidad entfernt. Aber das weiß ich auch nur dank Recherche.«
    »Sehr vielversprechend«, sagte Onkel, womit er die Tatsache meinte, dass sie Seto aufgespürt hatte – mit Geografie hatte er nichts am Hut.
    »Willst du Tams Onkel davon erzählen?«
    »Nein, nicht bis du das Geld hast. Ava, der Erawan-Schrein ist ganz in der Nähe des Hotels, in dem du wohnst.«
    »Stimmt.«
    »Geh hin, ja? Zünde Räucherkerzen an, opfere ein paar Blumen, spende etwas, und bete für uns alle.«
    »Ich wusste nicht, dass du so buddhistisch bist.«
    »Bin ich nicht, aber der Schrein genauso wenig. Es ist ein Hindu-Schrein für die Thai-Version des Gottes Brahma und seinen Elefanten, der Erawan heißt – wie das Hotel.«
    »Ich werde hingehen.«
    »Gut. Das bringt Glück. Ich war zweimal dort, und in beiden Fällen war der Ausgang weit positiver als erhofft.«
    Der Schrein lag an einer der verkehrsreichsten Kreuzungen in einer der verkehrsreichsten Städte der Welt. Das Schrein-Gelände war ungefähr zwanzig Quadratmeter groß und abgezäunt, sodass Ava sich durch ein schmales Tor zwängen musste. Selbst um eins, als die Sonne den Zenit erreichte, quoll er fast über vor Menschen, die sich in konzentrischen Kreisen rings um die Statuen des sechsarmigen Brahma und seines Elefanten drängten, um zu beten.
    Ava erstand eine Blumengirlande, eine Orange und drei Räucherstäbchen. Die Blumen und die Orange platzierte sie zu Brahmas Füßen, wo bereits hunderte von Opfergaben lagen. Sie zündete die Räucherkerzen an, hielt sie zwischen den Handflächen in der Wai -Haltung und begann, leise vor sich hin murmelnd, zu beten, wobei sie sich leicht vor und zurück wiegte.
    Die Betenden waren hauptsächlich Thailänder. Am Rand standen Touristen und machten Fotos von ihnen und einer Gruppe thailändischer Tänzerinnen, die dort jeden Tag auftrat, um Brahma gnädig zu stimmen, damit er die Bittsteller erhörte.
    Ava betete länger als fünf Minuten und erwähnte all ihre Familienmitglieder und ihre engsten Freunde. Sie bat um Gesundheit und Glück und wiederholte die Worte wie ein Mantra. Nachdem sie geendet hatte, war sie von tiefem Frieden erfüllt. Sie steckte einen Hundert-Baht-Schein in die Sammelbüchse der Tänzerinnen und ging zurück ins Hotel.
    Da Samstag war, fanden dort gleich mehrere Hochzeitsfeiern statt. Man kam kaum durch die Lobby, ohne mit Leuten in Uniform oder Festgewändern zusammenzustoßen. Ava vermutete, dass nur Leute mit Beziehungen zur Polizei oder zum Militär sich eine Hochzeit im Hyatt leisten konnten. Polizisten bezogen ein mageres Grundgehalt, das sich aber durch die Nebeneinkünfte und Schmiergelder erheblich aufstocken ließ. Onkel behauptete, er kenne keinen pensionierten Polizeibeamten, der nicht Millionär sei. Für das Militär galt anscheinend das Gleiche.
    Wäre Ava nach Gesellschaft gewesen, hätte sie Arthon darüber ausfragen können, wie das funktionierte. Er war sehr offen gewesen, was das Eintreiben von Schmiergeldern in Casinos betraf, die es eigentlich nicht geben durfte. Sie hatte gehört, dass die Bettler auf den Straßen gewissermaßen mit Lizenz arbeiteten: Sie

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