Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
jene unbestimmte Ahnung, die ihm Unheil verhieß, und er dachte voller Wut an die Weissagung der alten Caja. Hätte er dieser Hexe doch beizeiten das Maul gestopft. Nun war er schon so weit, dass er in allen möglichen Dingen ein böses Omen sah, auch in dieser überraschenden Rückkehr seiner Stieftochter. Er straffte sich und schüttelte die unangenehmen Gedanken ab.
»Geh in deine Kemenate«, befahl er. »Ich werde später entscheiden, was mit dir geschieht.«
Rodena war froh, ihn verlassen zu können, denn dieses Zucken in seinem Gesicht erschreckte sie. Eilig verließ sie seinen Raum und stieg die Treppe hinauf, vor der Kemenate stieß sie jedoch auf drei bewaffnete Männer, die den Befehl hatten, sie zu bewachen.
Es war lästig, doch im Augenblick war sie sowieso darauf angewiesen, abzuwarten. Was würde Ewan unternehmen? Wann und wie würde er angreifen? Und vor allem – würde Melwin seinen Auftrag ausführen können?
Steif saß sie am Fenster und starrte hinaus. Krähen flogen in kleinen Scharen über den Kiefernwald und stritten sich mit einem Rabenpärchen herum, die das Gebiet für sich beanspruchten. Kleine Reitergruppen erschienen immer wieder vor der Brücke und begehrten Einlass, andere ritten aus der Burg hinaus, um die Befehle des Clan Chiefs auszuführen. Alister war auf der Suche nach seinen Gegnern, er hoffte, die Nester der Rebellen frühzeitig zu entdecken und auszuräuchern.
Es war schon Nachmittag, als ein einzelner Reiter vor dem Burggraben anhielt, und sein aufgeregtes Rufen war bis in den Turm hinauf zu hören. Rodena erhob sich von ihrem Sitz und sah zu, wie man die breiten Torflügel für den Boten öffnete und er im Galopp in den Hof sprengte. Sie ahnte Schlimmes.
Kurz darauf wurde die Tür der Kemenate aufgerissen, und ihre drei Bewacher fassten sie grob bei den Armen. Man stieß sie die Treppe hinunter bis in den Hof – dort erwartete sie Alister. Das Clan-Oberhaupt schien plötzlich neu belebt, das Zucken in seinem Gesicht war verschwunden, und seine bleichen Züge hatten Farbe bekommen.
»Das also hattest du mir verschwiegen, verdammte Hure!«, sagte er mit heiserer Stimme. »Du wolltest mir nicht sagen, dass dein Geliebter sich inzwischen für Duncans Sohn ausgibt.«
Sie schwieg, denn es gab nichts darauf zu antworten. Der Reiter musste ein Spitzel gewesen sein, der diese Nachricht irgendwo erlauscht hatte.
Alister fasste in ihr offenes Haar, um sie zu sich heranzuzerren. Sein Griff war so hart, dass sie aufschrie, obgleich sie sich vorgenommen hatte, ihm keine Schwäche zu zeigen. Doch er schüttelte sie brutal und stieß sie zu Boden, sodass sie zu seinen Füßen kniete und mit beiden Händen versuchte, ihr Haar festzuhalten.
»Schrei nur«, zischte er sie an. »Du hast allen Grund dazu, denn dein Geliebter wird diese Burg nur erobern, wenn er dich zuvor in Stücke reißt.«
Einundzwanzigstes Kapitel
Ewan war Roger de Brionne nur widerwillig gefolgt, denn seine Sorge um Rodena war groß. Selbstvorwürfe plagten ihn – weshalb hatte er nicht sofort begriffen, wie fürchterlich diese Enthüllungen für sie gewesen waren? Warum hatte er ihr nicht beigestanden, sie in den Arm genommen? Ihr bewiesen, dass seine Liebe unvergänglich war, ganz gleich, ob sie Duncans Tochter oder das Kind eines Pächters war?
Aber er war selbst von all diesen Eröffnungen überwältigt gewesen, und je länger er über Rogers Worte nachdachte, desto deutlicher wurde ihm, dass er die Wahrheit schon lange selbst in sich gespürt hatte. Weshalb hatte ihn Duncans Schicksal von Kind an so berührt? Warum hatte er immer davon geträumt, ein Ritter zu werden, Herr einer Burg zu sein?
»Sie ist am Seeufer«, hatte Caja ihm vermeldet. »Macht Euch keine Gedanken um Rodena, Laird – ich werde mich um sie kümmern. Sie muss jetzt eine Weile mit sich allein bleiben, aber sie ist stark und wird darüber hinwegkommen.«
Ewan sah Rogers Ungeduld, und er wusste, dass die Aufgabe, die vor ihm lag, keinen Aufschub gestattete. Schweren Herzens entschloss er sich, Rodena Cajas Fürsorge anzuvertrauen, bat auch die Turners, sich um ihre Tochter zu kümmern, und beschwor sie, Rodena bei sich zu behalten, damit sie ihm nicht in den Kampf folgte.
»Sagt ihr, dass ich sie liebe und dass nichts auf der Welt, nicht einmal der Tod, diese Liebe zerstören kann!«
Roger de Brionne führte ihn zu den Verstecken, in denen sich die Ritter zum Kampf gegen Alister bereithielten. Die Pächter sorgten dafür, dass
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