Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
einen tiefen Seufzer, als fiele es ihm unendlich schwer, diesen Namen auszusprechen.
»Ewan Turner, Laird.«
Verblüffung erfasste den Clan Chief, denn er war sich fast sicher gewesen, dass es nur Roger de Brionne sein konnte.
»Ewan Turner? Was bezweckt er damit?«
Das Gesicht des Barden zeigte jenes verzückte Lächeln, das er stets aufsetzte, wenn er eine seiner schlechten Balladen vortrug.
»Es scheint, dass der Pächterssohn sich in Rodena verliebt hat«, berichtete er. »Vielleicht sind die beiden sich nähergekommen, als Ewan Turner ihr zeigte, wie man mit Pfeil und Bogen umgeht.«
Der Scherz kam nicht gut an, denn Alister erinnerte sich daran, dass er selbst Ewan befohlen hatte, Rodena zu unterrichten.
Der Clan Chief verharrte ohne Regung auf seinem Sessel und starrte schweigend auf die hölzernen Dielen zwischen seinen Füßen, wo damals der rote Wein versickert war. Verfluchte alte Hexe, die ihn mit ihren Ahnungen verwirrte. Aber er würde Caja schon zeigen, dass er das Schicksal nicht fürchtete, sondern es zu lenken verstand.
»Es ist schade um den Burschen«, schwatzte Airdan betrübt. »Was für ein Kämpfer hätte aus ihm werden können. Nun war all die Mühe, die Roger de Brionne sich mit ihm gab, umsonst.«
Alister hatte sich jetzt wieder im Griff, und er lächelte vor sich hin.
»Wie kommst du darauf, Airdan? Warum sollte Rogers Mühe umsonst gewesen sein?«, fragte er.
Der Barde zuckte zusammen, und eine plötzliche Angst erfasste ihn, dass die Dinge sich für ihn anders als erhofft entwickeln könnten. Wenn Alister diesen wütenden jungen Mann nicht auf der Stelle hängen oder totschlagen ließ, dann konnte die Sache für ihn selbst höchst gefährlich ausgehen.
»Oh, Laird«, stotterte er. »Ich fürchtete schon um Ewans Leben, denn es ist dreist von einem Bauern, den Blick zur Tochter des Clan Chiefs zu heben...«
»Du hast recht, Airdan«, sagte Alister und deutete dem Barden mit einer Handbewegung an, dass er den Wein einschenken solle. »Für einen Bauern ist es mehr als dreist. Allerdings habe ich beschlossen, Ewan Turner zum Ritter zu schlagen.«
Der Wein floss neben den Becher, und Airdan musste den Tisch mit einem Ende seines Kittels abwischen.
»Eine gute Entscheidung, Laird«, flüsterte er. »Er ist ein Kämpfer, wie man in ganz Schottland keinen zweiten findet, und hat sich den Ritterschlag verdient.«
»Mehr als das!«
Alister grinste ihn vieldeutig an, als er ihm zutrank, und der Barde begriff, dass ertrotz jahrelanger Erfahrung immer noch nicht in der Lage war, die arglistigen Pläne seines Lairds zu erraten.
»Ich pfeife darauf!«
Ewans zornige Stimme hallte dumpf von den Maulern der Waffenkammer wider, wo sein Lehrer ihm die Neuigkeit mitgeteilt hatte. Roger de Brionne hatte eine ähnliche Antwort erwartet, denn Ewan war seit jenem verhängnisvollen Auftritt im Kerker vollkommen verändert. Er hatte alle Versuche Rogers, ein klärendes Gespräch zu führen, im Keim erstickt, begegnete seinem Lehrer mit düsterer Verachtung und zog es vor, in seiner freien Zeit mit sich allein zu bleiben, um vor sich hinzubrüten. Die Waffenübungen allerdings betrieb er weiterhin mit großem Einsatz, doch was vorher beharrlicher Lerneifer gewesen war, hatte sich jetzt in zornige Kampfbegierde gewandelt, und mehr als einmal hatte Roger all seine Kraft und Erfahrung einsetzen müssen, um bei den wütenden Angriffen seines Schülers nicht verletzt zu werden.
»War es nicht dein größter Wunsch, ein Ritter zu werden?«, fragte Roger bekümmert.
Ewan stellte seine Lanze sorgfältig neben die anderen und wandte sich dann zu Roger um. In seinen Augen lag kalte Verachtung.
»Das ist vorbei. Ich war ein Dummkopf und glaubte, solche Dinge wie Ehre, Mut und Aufrichtigkeit in der Ritterschaft zu finden. Doch was ich dann erfuhr, war nichts als Tücke und Feigheit. Es gibt keinen einzigen Ritter hier auf der Burg, der mir Respekt abnötigt.«
Roger nahm die Beleidigung ruhig hin, sie schmerzte ihn, doch er wusste, wie verworren es im Inneren seines Schülers aussah. Ewan war verliebt – ein Zustand, den Roger gut kannte, auch wenn die Zeit seiner eigenen großen Liebe lange vorüber war.
»Du magstrecht haben, Ewan«, sagte Roger gelassen. »Doch es gab Zeiten auf dieser Burg, da nahmen unsere Männer die hohen Ziele der Ritterschaft noch ernst, da waren Ehre und Treue mehr als nur leere Worte.«
»Das muss lange her sein, denn ich habe nichts davon entdecken können!«,
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