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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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Unternehmens – und darauf bauen, dass der Markt sich schließlich ebenfalls sozusagen für das hübscheste Mädchen entscheidet. Andere wählen die Mädchen, die sie persönlich als schön empfinden, die, wie sie vermuten, aber auch von anderen wahrscheinlich als attraktiv empfunden werden. Und wieder andere verhalten sich im Sinne der Empfehlung Keynes’. Aus diesem Grund ist der Aktienmarkt für gewöhnlich ein sich stets wandelnder und dabei doch relativ stabiler Mix aus abhängigen und unabhängigen Entscheidungen.
    Zu Seifenblasen und Krächen kommt es auf dem Börsenmarkt, wenn der Mix sich zu sehr in Richtung abhängiger Entscheidung verschiebt. Im Fall der Bowlingaktienblase beispielsweise deuteten Anleger die steigenden Aktienpreise von AMF und Brunswick als einen Beweis dafür, dass alle Welt Bowling echt für den nächsten großen Boom hielt. Weil die Bowlingaktien allem Anschein nach bei jedermann äußerst beliebt waren, wollten die Anleger solche Aktien besitzen, was diese wiederum noch attraktiver machte. So entstand der Eindruck, dass man beim Kauf von AMF-Aktien überhaupt nicht verlieren könnte, weil es doch jederzeit irgendwen geben müsste, der bereit wäre, einem diese Wertpapiere wieder abzunehmen. Und mit anhaltendem Wertanstieg der Aktie schwand der Anreiz, sie einer unabhängigen Überprüfung zu unterziehen, die vielleicht zu einer gesunden Skepsis gegenüber dem ganzen Bowlingboom geführt hätte. Infolgedessen machte die für einen soliden Markt unabdingbare Meinungsvielfalt einer Art von Starrsinn Platz. Alle behaupteten, Bowling sei die Sache schlechthin, und deshalb glaubten alle, dass Bowling eben die Sache schlechthin sei.
    Ein Börsenkrach ist lediglich die Umkehrung eines Börsenschwindels. Er kommt allerdings plötzlicher, und er ist bösartiger. Bei einem Börsenkrach sind die Investoren alle auf ähnliche Weise am »realen« Wert einer Aktie desinteressiert und zugleich auf ganz ähnliche Weise von der Idee besessen, sie zu verkaufen. Rätselhaft ist vor allem, warum Börsenkräche sich zum jeweiligen Zeitpunkt ereignet haben; denn fast alle größeren Crashs scheinen im Vergleich zu ihren unmittelbaren Anlässen völlig unverhältnismäßig gewesen zu sein. Die vermutlich bisher beste Erklärung hierfür hat der Biologe Per Bak geliefert, der einen Börsenkrach mit dem Zusammensturz eines Sandhaufens verglich. Wenn man einem Sandhaufen weitere Körner hinzufügt, behält er beim Anwachsen seine Form, bis es irgendwann plötzlich ein Sandkorn zu viel ist und der Haufen in sich zusammenfällt.
     
    Heutzutage sind Anleger mit Sicherheit besser informiert als in früheren Zeiten. Sie wissen, dass Börsenschwindel existieren und selten – falls überhaupt je – gut ausgehen. Warum sind solche Seifenblasen dann aber so schwer zu beseitigen?
    Zur Beantwortung dieser Frage ist ein Experiment hilfreich, das im Experimental Economics Laboratory der Technical University of California (Caltech) durchgeführt wurde. Dort wurde Studenten Gelegenheit gegeben, über 15 Perioden mit Anteilen an einem fiktiven Unternehmen zu handeln. Jeder Student erhielt zu Beginn zwei Aktien und einen Geldbetrag, um weitere Aktien erwerben zu können. Zum Ende jeder Periode wurde für jede Aktie eine Dividende von 24 Cent ausgesetzt. Wer am Ende der ersten Handelsperiode eine Aktie besaß, erhielt 24 Cent. Wer eine Aktie über den gesamten Zeitraum des Experiments hielt, bekam 3,60 Dollar (0,24 × 15). Wäre ein Student also zu Beginn des Experiments gefragt worden, wie viel er für eine Aktie zu zahlen bereit wäre, hätte die richtige Antwort lauten müssen: »Nicht mehr als 3,60 Dollar.« Nach Schluss der ersten Periode hätte er für die Aktie eigentlich nicht mehr als 3,36 Dollar zahlen dürfen (3,60 – 0,24); nach Ende der zweiten Periode maximal bis zu 3,12 Dollar und so weiter.
    Hier konnte es (anders als in einem echten Börsenmarkt) keine Ungewissheit über den Wert einer Aktie geben. Wer für eine Aktie mehr als die Summe zahlte, die er zum Schluss an Dividende einsammelte, zahlte schlicht zu viel. Während des Experiments sprang der Preis der Aktien jedoch sofort auf 3,50 Dollar, wo er bis fast zum Schluss blieb. Auch als die Aktien keine 3 Dollar mehr wert waren, tauschten Studenten nach wie vor für 3,50 Dollar. So war es auch noch, als der Aktienwert unter 2 Dollar, und sogar, als er unter 1 Dollar rutschte.
    Was dachten sich die Studenten dabei? Der für das Experiment verantwortliche

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