Die Weisheit des Feuers
sie einen Knicks machte, bemerkte er die gespannten Sehnen in ihrem Nacken. »Du bist überaus großzügig, Schattentöter. Nochmals vielen Dank.«
»Ja, danke«, sagte Jeod und erhob sich von dem Bett. »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie wir das verdient haben sollen« - er ignorierte Helens wütenden Blick - »aber es ist uns trotzdem sehr willkommen.«
Spontan erwiderte Eragon: »Und das Geschenk, das ich für dich habe, Jeod, ist nicht von mir, sondern von Saphira. Sie hat sich bereit erklärt, euch mal in einer freien Stunde auf einen kleinen Rundflug mitzunehmen.« Es schmerzte ihn, Saphira mit anderen zu teilen, und er wusste genau, sie würde es ihm übel nehmen, dass er sie nicht vorher gefragt hatte, aber nachdem er Helen das Gold gegeben hatte, war es ihm irgendwie peinlich, Jeod nicht auch etwas Besonderes zu schenken.
Ein Tränenschleier überzog Jeods Augen. Er schüttelte Eragon die Hand, und während er sie noch immer festhielt, sagte er: »Eine größere Ehre kann ich mir gar nicht vorstellen. Danke! Du weißt ja gar nicht, wie viel du für uns getan hast.«
Eragon befreite sich aus Jeods Griff, empfahl sich höflich und steuerte auf den Zeltausgang zu. Nach einer weiteren Runde von Dankesbekundungen der beiden und einem abwehrenden »Keine Ursache« schlüpfte er hinaus ins Freie.
Er wog die
Domia abr Wyrda
in den Händen und blickte hoch in die Sonne. Saphira würde bald zurück sein, aber für eine Sache blieb noch Zeit. Doch vorher musste er kurz bei seinem Zelt vorbeigehen, denn er wollte das kostbare Buch nicht die ganze Zeit mit sich herumschleppen und womöglich beschädigen.
Jetzt besitze ich also ein Buch
, dachte er vergnügt.
Dann drückte er seine neue Errungenschaft an die Brust und machte sich auf den Weg. Bloëdhgarm und die anderen Elfen folgten ihm auf dem Fuß.
KLEINE SCHWERTKUNDE
N achdem er die
Domia abr Wyrda
sicher in seinem Zelt verstaut hatte, machte sich Eragon auf zum Waffenlager der Varden, einem geräumigen offenen Zelt mit Gestellen voller Speere, Schwerter, Piken, Bogen und Armbrüste. In Holzkisten lagerten Schilde und Lederrüstungen. Die wertvolleren Kettenhemden, Wämser, Kettenhauben und Beinschienen hingen an hölzernen Ständern. Hunderte konische Helme glänzten wie poliertes Silber. Dicke Pfeilbündel standen im Zelt aufgereiht, und in der Mitte saßen rund zwanzig Pfeilmacher, die damit beschäftigt waren, die Pfeile zu reparieren, deren Federn bei der Schlacht auf den Brennenden Steppen beschädigt worden waren. Ein nicht abreißender Strom von Menschen ging in dem Pavillon ein und aus, manche brachten Waffen und Rüstungen zur Reparatur, andere neue Rekruten zum Einkleiden und wieder andere holten Ausrüstungsgegenstände für die verschiedenen Teile des Lagers. Dabei schrien alle durcheinander, was ihre Lungen hergaben. Und mittendrin stand der Mann, zu dem Eragon wollte: Fredric, der Waffenmeister der Varden.
Bloëdhgarm begleitete Eragon. Sobald die beiden den Fuß unter das Zeltdach gesetzt hatten, wurde es schlagartig still und sämtliche Blicke richteten sich auf sie. Dann nahmen die Leute ihre Arbeit wieder auf, schienen sich jetzt jedoch mehr zu beeilen und sprachen mit gedämpften Stimmen.
Fredric eilte mit zum Gruß erhobenem Arm auf sie zu. Wie immer trug er seine Rüstung aus zotteligem Rinderleder - die fast so stank wie das Tier selbst wohl einmal - und quer über dem Rücken einen massiven Zweihänder, dessen Griff über seine rechte Schulter ragte. »Schattentöter!«, rief er dröhnend. »Womit kann ich dir an diesem wunderschönen Nachmittag dienen?«
»Ich brauche ein Schwert.«
Ein gutmütiges Lachen brach durch Fredrics Bart. »Soso, ich habe mich schon gefragt, wann du deswegen zu mir kommen würdest. Als du so mit leeren Händen zum Helgrind aufgebrochen bist, dachte ich, du stehst inzwischen vielleicht über diesen Dingen und kämpfst jetzt nur noch mit Magie.«
»Nein, nein, so weit ist es noch nicht.«
»Na ja, ich kann nicht gerade sagen, dass mir das leidtut. Jeder kann ein gutes Schwert gebrauchen, egal über wie viel Zauberkraft er verfügt. Am Ende trifft doch immer Stahl auf Stahl. Wirst schon sehen, auch dieser Krieg gegen das Imperium wird so enden, dass sich eine Schwertspitze in Galbatorix’ vermaledeites Herz bohrt. Ich verwette einen Jahressold darauf, dass selbst Galbatorix ein eigenes Schwert besitzt und es auch
benutzt,
obwohl er dich mit einem Fingerschnippen ausnehmen könnte
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