Die Weisheit des Feuers
Genick.
Die anderen vier Soldaten reagierten viel zu langsam. Der Mann links von Roran beging den Fehler, seinen Speer zwischen den Wagen herausziehen zu wollen, denn in seiner Hast verklemmte sich die Waffe so, dass der Schaft splitterte. Roran stürzte sich auf ihn. Der Soldat versuchte zurückzuweichen, aber ein Wagen versperrte ihm den Weg. Mit einem aufwärts geschwungenen Hammerschlag traf Roran den Mann unter dem Kinn.
Der zweite Soldat war klüger. Er ließ seinen Speer los und packte das Schwert an seinem Gürtel, doch es gelang ihm nur, die Klinge halb herauszuziehen, bevor Roran ihm den Brustkorb zertrümmerte.
Nun aber waren die beiden verbliebenen Soldaten bereit. Mit wutverzerrten Gesichtern, die blanken Klingen erhoben, traten sie auf ihn zu. Roran versuchte, seitlich auszuweichen, doch sein zerfetztes Bein versagte ihm den Dienst. Er knickte weg und fiel aufs Knie. Der Soldat, der ihm am nächsten stand, ließ die Schwertklinge auf ihn herabsausen. Mit seinem Schild wehrte Roran den Hieb ab, dann reckte er sich vor und zertrümmerte dem Soldaten mit dem Hammer den Fuß. Der Mann ging fluchend zu Boden. Roran schlug ihm das Gesicht ein. Dann warf er sich zur Seite, weil er wusste, dass der letzte Soldat direkt hinter ihm sein musste.
Er lag auf dem Rücken und erstarrte.
Über ihm stand sein Widersacher und drückte ihm die glänzende Klinge an die Kehle.
So endet es also,
dachte Roran.
Da schlang sich ein muskulöser Arm um den Hals des Soldaten und riss ihn zurück. Der Mann stieß einen erstickten Schrei aus, als eine Schwertspitze und eine Blutfontäne aus seinem Brustkorb schossen. Der Soldat brach zusammen und statt seiner stand plötzlich Martland Rotbart über Roran. Der Graf atmete schwer, sein Bart und der ganze Oberkörper waren blutbesudelt.
Martland rammte sein Schwert in den Boden, stützte sich auf den Knauf und betrachtete das Gemetzel in der Wagenburg. Er nickte anerkennend. »Du bist unser Mann, Hammerfaust.«
Roran saß auf einem der Wagen und biss die Zähne zusammen, während Carn ihm den Stiefel aufschnitt. Um sich von dem brennenden Schmerz in seinem Bein abzulenken, starrte er zu den Geiern am Himmel auf und versetzte sich in Gedanken ins Palancar-Tal.
Er stöhnte, als Carn die Wunde berührte. »Tut mir leid«, sagte der Magier. »Ich muss die Wunde untersuchen.«
Roran antwortete nicht, hielt den Blick zum Himmel gerichtet. Nach einer Weile murmelte Carn einige Worte in der alten Sprache und Sekunden später verwandelte sich der Schmerz in Rorans Bein in ein dumpfes Ziehen. Er blickte an sich hinunter und sah, dass die Wunde verschwunden war.
Nachdem er Roran und zwei weitere Männer geheilt hatte, war Carn zittrig und aschfahl im Gesicht. Erschöpft ließ er sich gegen das Wagenrad sinken und schlang die Arme um den Leib.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Roran.
Der Magier zuckte kaum merklich die Achseln. »Ich muss mich nur kurz ausruhen. Der Ochse hat dir das Wadenbein gebrochen. Den Knochen konnte ich heilen, aber nicht den zerrissenen Muskel. Ich habe die Wundränder zusammengefügt, damit du nicht mehr blutest und nicht zu große Schmerzen hast, aber du darfst das Bein nicht zu sehr belasten, während der Muskel von selbst verheilt. Es wird eine Weile dauern.«
»Wie lange?«
»Eine Woche, vielleicht zwei.«
Roran zog die Überreste des Stiefels an. »Eragon hat verschiedene Zauber gewirkt, um mich vor Verletzungen zu schützen. Die haben mir heute einige Male das Leben gerettet. Aber warum haben sie das Ochsenhorn nicht abgelenkt?«
»Ich weiß nicht«, sagte Carn seufzend. »Man kann nicht auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Deshalb ist Magie ja so gefährlich. Wenn man nur eine einzige Facette einer Beschwörung übersieht, könnte sie einen sogar schwächen oder noch Schlimmeres anrichten. So etwas passiert selbst den besten Magiern. Deinem Cousin muss irgendein geringfügiger Fehler unterlaufen sein - ein falsch platziertes Wort oder ein missverständlich formulierter Satz -, der es dem Ochsen erlaubte, dich zu verletzen.«
Vorsichtig ließ Roran sich vom Wagen rutschen und humpelte zur Spitze des Konvois, um sich ein Bild vom Ausgang der Schlacht zu machen. Fünf Varden, einschließlich er selbst, waren bei den Kämpfen verletzt worden, zwei weitere waren gefallen: ein Mann, mit dem Roran kaum geredet hatte, und Ferth, mit dem er bei mehreren Gelegenheiten gesprochen hatte. Von den Soldaten und Wagenlenkern hatte kein Einziger
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