Die Weisheit des Feuers
gesehen? Könnte das wirklich Gûntera gewesen sein oder war es ein Trugbild? Sein Bewusstsein schien echt zu sein, und ich wüsste nicht, wie man so etwas vortäuschen könnte, aber...
Es könnte ein Trugbild gewesen sein,
sagte sie.
Soweit ich weiß, haben die Zwergengötter den Knurlan niemals auf dem Schlachtfeld oder bei anderen Ereignissen geholfen. Auch kann ich nicht glauben, dass ein Gott auf Gannels Ruf hin herbeigeeilt kommt wie ein dressiertes Hündchen. Ich würde es jedenfalls nicht tun, und sollte ein Gott nicht über einem Drachen stehen?... Andererseits gibt es viel Unerklärliches in Alagaësia. Es ist möglich, dass wir einen Schatten aus einem längst vergessenen Zeitalter gesehen haben, ein verblasster Rest, der noch heute über das Land geistert und seine Rückkehr an die Macht herbeisehnt. Wer kann das schon so genau wissen?
Nachdem das letzte Clan-Oberhaupt vor Orik getreten war, folgten die Gildemeister. Danach gab Orik Eragon ein Zeichen. Gemessenen Schrittes trat der Drachenreiter zwischen den Zwergenkriegern hervor, bis er den Thron erreichte, niederkniete und als Mitglied des Dûrgrimst Ingietum Orik als seinen König anerkannte und schwor, ihm zu dienen und ihn zu schützen. In seiner Funktion als Nasuadas Gesandter gratulierte er Orik im Namen der Varden und ihrer Anführerin und versprach ihm die Freundschaft der Rebellen.
Als Eragon sich zurückzog, kamen andere, um zu Orik zu sprechen, eine scheinbar endlose Folge von Zwergen, die dem neuen König ihre Treue versichern wollten.
So ging es stundenlang weiter, bis das Überreichen der Geschenke begann. Jeder Zwerg bot Orik eine Gabe seines Clans oder seiner Gilde dar: einen bis zum Rand mit Rubinen und Diamanten gefüllten Goldkelch, einen Harnisch aus magisch verstärktem Metall, das von keiner Klinge durchdrungen werden konnte, einen zwanzig Fuß langen Wandbehang, der aus den Bärten der Feldûnost-Ziegen gewebt worden war, eine Achat-Tafel mit den Namen aller Vorfahren Oriks, einen gebogenen Dolch, der aus einem Drachenzahn gefertigt worden war, und viele andere Schätze. Im Gegenzug schenkte Orik den Zwergen Ringe als Zeichen seiner Dankbarkeit.
Ganz zuletzt traten Eragon und Saphira vor den neuen König. Wieder kniete der Drachenreiter vor dem Thron nieder und holte nun das goldene Armband hervor, das er am Vorabend von den Zwergen erbeten hatte. »Das ist mein Geschenk, König Orik. Ich habe es nicht selbst hergestellt, aber ich habe es mit Zaubern belegt, die Euch schützen werden. Solange Ihr es tragt, braucht Ihr Euch nicht vor Gift zu fürchten. Falls ein Attentäter versucht, Euch zu erschlagen oder zu erstechen oder irgendeinen anderen Gegenstand nach Euch wirft, wird Euch die Waffe verfehlen. Das Armband wird Euch sogar vor feindlicher Magie abschirmen. Und es besitzt noch andere Eigenschaften, die Euch nützlich sein dürften, wenn Euer Leben in Gefahr ist.«
Orik neigte den Kopf und nahm das Armband von Eragon entgegen: »Ich weiß dein Geschenk zu schätzen, Eragon Schattentöter.« So, dass jeder es sehen konnte, streifte Orik sich das Band über das linke Handgelenk.
Als Nächstes sprach Saphira und übertrug ihre Gedanken auf alle Anwesenden.
Und das ist mein Geschenk, Orik.
Mit klackenden Klauen tappte sie am Thron vorbei, richtete sich auf und legte die Vorderbeine auf das Gerüst, das den Sternsaphir umgab. Die massiven Holzbalken ächzten unter ihrem Gewicht, aber sie trugen es. Minuten verstrichen, ohne dass etwas geschah. Saphira verharrte dort und starrte auf den riesigen Edelstein.
Die Zwerge beobachteten sie gebannt, wagten kaum zu atmen.
Bist du dir sicher, dass du es schaffst?,
fragte Eragon, obwohl er ihre Konzentration nicht stören wollte.
Ich weiß es nicht. Wenn ich Magie wirke, denke ich nicht darüber nach, was ich tue. So war es jedenfalls bis jetzt immer. Ich bringe die Welt einfach dazu, sich zu verändern. Es ist kein bewusster Akt... Ich werde wohl warten müssen, bis ich spüre, dass der richtige Moment gekommen ist, um Isidar Mithrim zu heilen.
Ich helfe dir. Lass mich durch dich einen Zauber wirken.
Nein, Kleiner. Das ist meine Aufgabe, nicht deine.
Eine einzelne Stimme wehte durch die Kammer, leise und klar sang sie eine getragene, sehnsüchtige Melodie. Einer nach dem anderen fielen die Sänger des verborgenen Chors ein und erfüllten Tronjheim mit der bittersüßen Schönheit ihrer Musik. Eragon wollte sie schon bitten, ruhig zu sein, aber Saphira sagte:
Schon
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