Die Weisheit des Feuers
Tränen übers Gesicht liefen. Jedes Mal wenn er sich fast beruhigt hatte, hickste Saphira wieder, und ihr Kopf sprang vor wie bei einem Storch, worauf ihn sogleich der nächste Lachkrampf schüttelte. Schließlich steckte er sich die Finger in die Ohren, starrte an die Decke und rezitierte im Geiste die wahren Namen aller Metalle und Steine, die ihm einfielen.
Als er fertig war, holte er tief Luft und rappelte sich auf.
Geht’s wieder?,
fragte Saphira. Ihre Schultern wackelten, als der nächste Hickser sie erschütterte.
Eragon biss sich auf die Zunge.
Ja, besser
...
Komm mit nach Tronjheim. Du musst etwas trinken. Das hilft. Und anschließend solltest du schlafen.
Kannst du mir den Schluckauf nicht mit einem Zauber nehmen?
Vielleicht. Wahrscheinlich. Aber weder Brom noch Oromis haben mir beigebracht, wie.
Saphira nahm es brummend zur Kenntnis und hickste dann wieder. Eragon presste die Lippen aufeinander und starrte auf seine Stiefelspitzen hinab.
Sollen wir?
Saphira streckte das rechte Vorderbein aus und Eragon kletterte freudig auf ihren Rücken und in seinen Sattel.
Gemeinsam durchquerten sie den Tunnel nach Tronjheim, beide überglücklich, endlich wieder vereint zu sein.
GÛNTERAS SEGEN
D as Dröhnen der Trommeln von Derva rief die Zwerge
Tronjheims herbei, um der Krönung ihres neuen Königs beizuwohnen.
»Gewöhnlich«, hatte Orik Eragon am Vorabend erklärt, »tritt ein Regent die Herrschaft an, sobald er von der Clan-Versammlung gewählt wurde. Die Krönung selbst findet aber frühestens drei Monate später statt. Damit will man den Zwergen genug Zeit geben, um ihre Angelegenheiten zu ordnen und aus den entferntesten Winkeln unseres Reiches nach Farthen Dûr zu reisen. Es kommt nicht oft vor, dass wir einen Monarchen krönen, also machen wir ein rauschendes Fest daraus, wenn es so weit ist. Wochenlang wird geschlemmt und gesungen, es gibt die verschiedensten Spiele, in denen wir unsere Klugheit und Stärke beweisen, und Wettkämpfe im Schmieden, Meißeln und den anderen Künsten... Dies sind allerdings keine gewöhnlichen Zeiten.«
Eragon stand neben Saphira direkt vor Tronjheims zentraler Kammer und lauschte dem Klang der gigantischen Trommeln. Zu beiden Seiten der mehrere Meilen langen Halle drängten sich auf jedem Stockwerk Hunderte von Zwergen in den Arkaden und blickten mit glänzenden dunklen Augen zu Eragon und Saphira hinab.
Saphira fuhr mit ihrer rauen Zunge über die Schuppen ihrer Flanke, wie sie es schon die ganze Zeit tat, seit sie am frühen Morgen fünf ausgewachsene Schafe verschlungen hatte. Dann hob sie das linke Vorderbein und rieb das Maul daran. Außerdem hing an ihr der Geruch von verbrannter Wolle.
Hör auf, so herumzuzappeln,
sagte Eragon.
Die Leute schauen schon.
Ein leises Knurren drang aus Saphiras Brust.
Ich kann nicht anders. Mir hängt Wolle zwischen den Zähnen, mir klebt Wolle auf der Zunge. Jetzt weiß ich wieder, warum ich keine Schafe mag. Diese haarigen Biester hinterlassen Flusen im Maul und verursachen Verdauungsstörungen.
Ich helfe dir beim Putzen deiner Zähne, wenn wir hier fertig sind. Bis dahin reiß dich bitte zusammen.
Ja, ja.
Hat dir Bloëdhgarm Feuerkraut in die Satteltaschen gepackt? Das würde deinen Magen beruhigen.
Ich weiß nicht.
Hm.
Eragon überlegte einen Moment.
Falls nicht, frage ich Orik, ob sie es in Tronjheim vorrätig haben. Wir sollten -
Er verstummte, als der letzte Trommelschlag verklang. Die Zuschauermenge erwachte aus ihrer Erstarrung und er hörte Kleiderrascheln und hier und dort ein paar leise Worte in der Zwergensprache.
Dutzende Trompeten schmetterten eine Fanfare und erfüllten den Stadtberg mit ihrem schallenden Klang, dann begann irgendwo ein Zwergenchor zu singen. Die Musik ließ Eragons Kopfhaut kribbeln und sein Blut schneller fließen, als ginge er auf die Jagd. Saphira schlug mit dem Schwanz, und er wusste, dass sie genauso empfand wie er.
Es geht los,
dachte er.
Seite an Seite traten er und Saphira in die zentrale Kammer des Stadtbergs und nahmen ihren Platz zwischen den Clan-Oberhäuptern, Gildemeistern und anderen Persönlichkeiten von Rang ein, die einen Kreis in dem hohen, weitläufigen Raum gebildet hatten. In der Mitte stand der Sternsaphir, umgeben von einem hölzernen Gerüst. Eine Stunde vor der Krönung hatte Skeg Eragon und Saphira die Nachricht überbringen lassen, dass er und seine Handwerker die letzten Bruchstücke des riesigen Edelsteins zusammengefügt
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