Die Weisheit des Feuers
Versehen«, versicherte Oromis. »Sie wusste damals noch gar nichts von dir.«
Eragon umklammerte den Knauf seines Zwergenschwertes und jeder Muskel in seinem Körper war zum Zerreißen gespannt. »Ich erinnere mich noch. Als Brom Saphira zum ersten Mal sah, murmelte er etwas wie, er wisse nicht genau, ob das ein Lustspiel werden würde oder eine Tragödie. Damals dachte ich, er spiele darauf an, dass ein gewöhnlicher Bauer wie ich der erste neue Drachenreiter nach über hundert Jahren sein würde. In Wirklichkeit aber hat er etwas anderes gemeint, nicht wahr? Er hat sich gefragt, ob es ein Lustspiel oder eine Tragödie ist, dass ausgerechnet Morzans jüngster Sohn das Vermächtnis der Drachenreiter antreten würde!
Habt Ihr und Brom mich lediglich als Waffe gegen Galbatorix ausgebildet, damit ich eines Tages die Schandtaten meines Vaters sühnen kann? Bin ich nichts weiter für Euch als ein Werkzeug höherer Gerechtigkeit?« Bevor Oromis antworten konnte, fuhr Eragon fluchend fort: »Mein ganzes Leben war eine einzige Lüge! Vom Augenblick meiner Geburt an hat mich niemand außer Saphira wirklich gewollt: meine Mutter nicht, Garrow nicht, Tante Marian nicht, nicht einmal Brom. Der hat sich nur wegen Morzan und Saphira für mich interessiert. Ich war allen nur lästig. Denkt von mir, was Ihr wollt, aber ich bin
nicht
mein Vater und auch nicht mein Bruder, und ich weigere mich, in ihre Fußstapfen zu treten.« Er stützte sich auf die Tischkante und lehnte sich vor. »Ich habe nicht vor, die Elfen oder die Zwerge oder die Varden an Galbatorix zu verraten, falls es das ist, was Euch Sorgen macht. Ich werde tun, was ich muss, aber von jetzt an gehören Euch meine Loyalität und mein Vertrauen nicht mehr. Ich werde...«
Erde und Luft erbebten, als Glaedr plötzlich mit gebleckten Zähnen knurrte.
Du hast mehr Grund, uns zu vertrauen, als sonst jemand, du Küken,
sagte er und seine Stimme dröhnte in Eragons Kopf.
Ohne uns wärst du längst tot.
Da wandte sich Saphira zu Eragons Überraschung an Oromis und Glaedr:
Sagt es ihm.
Die Bedrängnis in ihren Gedanken beunruhigte ihn.
Saphira?,
fragte er verwirrt.
Was sollen sie mir sagen?
Sie beachtete ihn nicht.
Es gibt keinen Grund für diesen Streit. Hört auf, Eragon so zu quälen.
Eine von Oromis’ schräg gestellten Augenbrauen fuhr in die Höhe. »Du weißt Bescheid?«
Ich weiß es.
»
Was
weißt du?«, brüllte Eragon. Er war nahe dran, sein Schwert zu ziehen und es so lange auf sie alle zu richten, bis sie sich erklärten.
Mit einem schlanken Finger zeigte Oromis auf den umgestürzten Stuhl. »Setz dich.« Als Eragon stehen blieb, zu verärgert und verstimmt, seufzte er. »Ich verstehe, dass das für dich nicht einfach ist, Eragon, aber wenn du darauf bestehst, Fragen zu stellen, aber dann die Antworten nicht hören willst, wird dir das nur Enttäuschungen einbringen. Also setz dich bitte, damit wir uns auf zivilisierte Weise unterhalten können.«
Wütend stellte Eragon den Stuhl auf und ließ sich darauffallen. »Warum?«, fragte er. »Warum habt Ihr mir nicht gesagt, dass Morzan, der Erste der Abtrünnigen, mein Vater ist?«
»Erstens«, sagte Oromis, »können wir uns glücklich schätzen, wenn du nur halbwegs nach deinem Vater kommst, was ich tatsächlich glaube. Und was ich sagen wollte, bevor du mich unterbrochen hast: Murtagh ist nicht dein Bruder, sondern nur dein Halbbruder.«
Die ganze Welt drehte sich um Eragon, so schnell, dass er sich an der Tischkante festhalten musste. »Mein Halbbruder... Aber wer ist dann...?«
Oromis nahm sich eine Brombeere aus einer der Schüsseln, betrachtete sie nachdenklich und aß sie dann. »Glaedr und ich wollten es nicht vor dir geheim halten, aber wir hatten keine andere Wahl. Wir haben beide mit dem verbindlichsten Eid, den es gibt, versprochen, dir weder zu erzählen, wer dein Vater oder dein Halbbruder ist, noch mit dir über deine Herkunft zu reden, es sei denn, du fändest die Wahrheit selbst heraus oder die Identität deiner Verwandten brächte dich in Gefahr. Was sich zwischen dir und Murtagh während der Schlacht auf den Brennenden Steppen zugetragen hat, erfüllt diese Bedingungen ausreichend, sodass wir jetzt offen über diese Sache reden können.«
Zitternd vor Erregung fragte Eragon: »Oromis-Elda, wenn Murtagh nur mein Halbbruder ist, wer ist dann mein Vater?«
Frag dein Herz, Eragon,
sagte Glaedr.
Du weißt es doch längst.
Eragon schüttelte nur den Kopf. »Ich
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