Die Weisheit des Feuers
Stirn. »Warum hat meine Mutter Morzan nicht verlassen, als sie die Möglichkeit dazu hatte?«
»Nach allem, was sie in Morzans Namen getan hatte, fühlte sie sich verpflichtet, den Varden zu helfen. Aber noch wichtiger war ihr Murtagh. Sie brachte es nicht über sich, ihn seinem Vater zu überlassen.«
»Hätte sie ihn denn nicht mitnehmen können?«
»Wäre sie dazu in der Lage gewesen, ich bin sicher, sie hätte es getan. Aber Morzan hatte erkannt, dass ihm das Kind enormen Einfluss über deine Mutter verlieh. Er zwang sie, Murtagh in die Obhut einer Amme zu geben, und erlaubte ihr nur hin und wieder, ihn zu sehen. Was er nicht wusste, war, dass sie dann auch Brom sah.«
Oromis drehte sich um und beobachtete ein Schwalbenpärchen, das sich am blauen Himmel umflatterte. Im Profil erinnerten seine feinen Gesichtszüge Eragon an einen Falken oder eine geschmeidige Katze. Ohne den Blick von den Schwalben zu wenden, sagte der Elf: »Nicht einmal deine Mutter konnte voraussehen, wo Morzan sie als Nächstes hinschicken würde oder wann sie wieder in die Burg zurückkäme. Deshalb musste Brom für eine ungewisse Zeit auf dem Anwesen bleiben, wenn er sie sehen wollte. Annähernd drei Jahre diente er dort als Gärtner. Ab und zu stahl er sich davon, um den Varden eine Botschaft zu übermitteln oder sich mit seinen Spionen zu besprechen, die über das ganze Imperium verstreut agierten, aber ansonsten verließ er das Burggelände nie.«
»Drei Jahre! Hatte er denn keine Angst, dass Morzan ihn sehen und erkennen könnte?«
Oromis’ Blick kehrte zu Eragon zurück. »Brom war äußerst geschickt darin, sich zu verkleiden, und es war viele Jahre her, seit sich die beiden zum letzten Mal von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hatten.«
»Oh.« Eragon drehte den Kelch zwischen den Fingern und sah zu, wie sich das Licht in dem Kristall brach. »Und dann?«
»Dann«, sagte Oromis, »kam einer von Broms Spionen in Teirm mit einem jungen Gelehrten namens Jeod in Kontakt, der zu den Varden wollte und behauptete, er habe Hinweise auf einen bislang geheimen Tunnel in dem Teil der Festung von Urû’baen gefunden, der von den Elfen erbaut worden war. Brom hatte zu Recht das Gefühl, dass Jeods Entdeckung zu wichtig war, um ihr nicht nachzugehen, und so packte er seine Sachen, erfand den anderen Bediensteten gegenüber irgendeine Ausrede und reiste in aller Eile nach Teirm ab.«
»Und meine Mutter?«
»Sie war einen Monat zuvor zu einer von Morzans Missionen aufgebrochen.«
Eragon versuchte nun, die einzelnen Berichte, die er bis dahin von verschiedenen Leuten gehört hatte, zu einem Ganzen zusammenzufügen. »Also dann... hat sich Brom mit Jeod getroffen, und sobald er von der Existenz des Ganges überzeugt war, hat er einen der Varden nach Urû’baen geschickt, um die drei Dracheneier zu stehlen, die Galbatorix dort aufbewahrte.«
Oromis’ Gesicht verdüsterte sich. »Unglücklicherweise ist es dem Mann, einem gewissen Hefring aus Furnost, aus Gründen, die nie ganz geklärt wurden, nur gelungen, Saphiras Ei aus Galbatorix’ Schatzkammer zu stehlen. Sobald er es in seinen Besitz gebracht hatte, ist er vor den Varden und vor Galbatorix’ Untergebenen geflohen. Wegen seines Verrats musste Brom die nächsten sieben Monate damit verbringen, im ganzen Land nach Hefring zu suchen, um ihm Saphiras Ei wieder abzujagen.«
»Und inzwischen ist meine Mutter heimlich nach Carvahall gereist, wo sie fünf Monate später mich zur Welt brachte?«
Oromis nickte. »Du wurdest gezeugt, kurz bevor sie zu ihrer letzten Mission aufbrach. Aus diesem Grund wusste Brom nichts von ihrem Zustand, als er Hefring und Saphiras Ei verfolgte. Als er schließlich in Gil’ead Morzan gegenüberstand, fragte der ihn, ob er etwas mit dem Verschwinden seiner Schwarzen Hand zu tun habe. Verständlich, dass Morzan Brom verdächtigte, schuld daran zu sein, da Brom für den Tod mehrerer Abtrünniger verantwortlich war. Brom schloss wiederum aus Morzans Frage sofort, dass deiner Mutter irgendetwas Schreckliches zugestoßen sein musste. Später erzählte er mir, das habe ihm die Kraft gegeben, Morzan und seinen Drachen zu töten. Als die beiden tot waren, entdeckte Brom Saphiras Ei bei Morzan, denn der Abtrünnige hatte Hefring längst ausfindig gemacht und ihm das Ei entrissen. Danach verließ Brom die Stadt und hielt nur einmal kurz an, um Saphiras Ei an einem Ort zu verstecken, von dem er wusste, dass die Varden es dort finden würden.«
»Deshalb
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