Die Weisheit des Feuers
Glasscherbe, stürzte er sich auf das brodelnde Bewusstsein des Schattens. Varaug war zu mächtig, und die Geister, die ihn erfüllten, waren zu unterschiedlich, als dass Eragon sie in seine Gewalt hätte bringen können, also versuchte er, den Schatten abzuschirmen. Er umgab Varaugs Bewusstsein mit seinem eigenen: Immer wenn der Schatten sich nach Saphira oder Arya ausstreckte, fing Eragon den Angriff ab, und immer wenn Varaug eine Bewegung machen wollte, sandte Eragon ihm einen Gegenbefehl.
Sie kämpften gedankenschnell und trieben sich gegenseitig vor und zurück, immer am Rand von Varaugs Geist entlang, der so irre und bizarr war, dass Eragon Angst hatte, verrückt zu werden, wenn er zu lange daraufblickte. Er verlangte sich das Äußerste ab und versuchte stets, die nächsten Schritte des Schattens vorauszuahnen, auch wenn er wusste, dass dieser Zweikampf nur mit seiner eigenen Niederlage enden konnte. So schnell er auch sein mochte, am Ende würden sich die zahllosen Intelligenzen, die in Varaug hausten, als schneller erweisen.
Schließlich ließ Eragons Konzentration nach, und Varaug nutzte die Gelegenheit, um tiefer in seinen Kopf einzudringen, ihn in die Falle zu locken... zu lähmen... seine Gedanken zu unterjochen, bis Eragon den Schatten nur noch in stummer Wut anstarren konnte. Ein unerträgliches Prickeln bemächtigte sich seiner Glieder, als die Geister durch jeden einzelnen Nerv seines Körpers rasten.
»Dein Ring ist voller Licht!«, rief Varaug und seine Augen flackerten gierig. »Schönes Licht! Davon werden wir lange zehren!«
Dann knurrte er wütend, als Arya sein Handgelenk packte und in drei Teile brach. Sie entwand sich seinem Griff, bevor er sich heilen konnte, und ließ sich, nach Luft schnappend, zu Boden fallen. Varaug trat nach ihr, doch sie rollte sich weg und langte nach ihrem heruntergefallenen Schwert.
Eragon zitterte, während er darum rang, die erdrückende Gegenwart des Schattens abzuschütteln.
Aryas Hand schloss sich um das Heft ihres Schwertes. Ein wortloser Schrei entfuhr dem Schatten. Er stürzte sich auf sie und sie wälzten sich über den Boden. Als Varaug die Hand nach der Waffe ausstreckte, schrie Arya auf und donnerte ihm den Schwertknauf gegen die Schläfe. Er erschlaffte für einen Moment. Arya robbte rückwärts und stieß sich vom Boden ab, um auf die Beine zu kommen.
Blitzschnell befreite sich Eragon von Varaug. Ohne an sich zu denken, ging er erneut zum Angriff auf das Bewusstsein seines Gegners über, erfüllt von dem einen Ziel, ihn lange genug außer Gefecht zu setzen.
Varaug erhob sich auf ein Knie, schwankte jedoch, als Eragon seine Anstrengung verdoppelte.
»Schnapp ihn dir!«, rief er.
Arya machte einen Satz vorwärts, ihr dunkles Haar flatterte …
Und dann stieß sie dem Schatten das Schwert ins Herz.
Eragon zuckte zusammen und zog sich aus Varaugs Geist zurück, genau in dem Moment, als der Schatten von Arya zurückzuckte und dabei von ihrer Klinge glitt. Varaug öffnete den Mund und stieß einen schrillen Klagelaut aus, der die Glasscheiben in der Laterne über ihnen zum Zerspringen brachte. Er streckte die Hand nach Arya aus, kam schwankend auf sie zu und blieb schließlich stehen. Seine Haut verblasste, wurde durchsichtig und gab den Blick auf die zahllosen glitzernden Geister in seinem Innern frei. Die Geister pulsierten und schwollen an, dann platzte Varaugs Haut über den Muskeln auf. Mit einem letzten Aufflammen sprengten die Geister den Schatten und flohen aus dem Turmzimmer, als wären die Wände Luft.
Nach und nach beruhigte sich Eragons Herzschlag. Mit dem Gefühl, sehr alt und sehr müde zu sein, ging er zu Arya, die an einem Sessel lehnte und sich mit der Hand den Hals hielt. Sie hustete und spuckte Blut. Da sie offenbar nicht sprechen konnte, legte Eragon die Hand auf ihre und sagte:
»Waíse heill.«
Als die heilende Energie aus ihm herausströmte, wurden ihm die Knie weich und er musste sich am Sessel abstützen.
»Besser?«, fragte er, als die Beschwörung ihr Werk getan hatte.
»Ja«, flüsterte Arya und schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Sie deutete auf die Stelle, wo Varaug eben noch gestanden hatte. »Wir haben ihn getötet... Wir haben ihn getötet und sind nicht tot.« Sie hörte sich überrascht an. »So wenige haben einen Schatten niedergestreckt und es überlebt.«
»Sie haben allein gekämpft, nicht zusammen wie wir.«
»Ja, nicht so wie wir.«
»In Farthen Dûr hast du mir geholfen und hier habe ich dir
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