Die Weisheit des Feuers
er sich gerne erspart hätte.
Oromis hatte den verschiedenen Klimazonen und geografischen Räumen in Alagaësia viele Lehrstunden gewidmet. Als Eragon nun das Lager verließ, um die Umgebung zu inspizieren, konnte er daher die meisten Pflanzen, die er fand, bestimmen. Nur wenige davon waren genießbar und keine groß oder üppig genug, um in einer halbwegs vernünftigen Zeit genug für eine Mahlzeit zu ernten, die zwei erwachsene Männer satt machte. Sicher hatten die hier beheimateten Tiere Samen und Früchte gesammelt, aber er hatte keine Ahnung, wo er anfangen sollte, danach zu suchen. Und er hielt es auch nicht für sehr wahrscheinlich, dass eine Steppenmaus mehr als ein paar Mundvoll Vorräte anlegen würde.
Das ließ ihm zwei Möglichkeiten, von denen ihm keine besonders gefiel. Er konnte - wie zuvor - die Energie der Pflanzen und Insekten in der Umgebung des Lagers anzapfen. Als Preis dafür würde er einen leblosen Flecken Erde hinterlassen, eine Brache, auf der nicht einmal mehr die winzigen Organismen im Boden überleben konnten. Und auch wenn es Sloan und ihn auf den Beinen halten würde, waren Energieübertragungen alles andere als befriedigend, denn sie füllten einem nun mal nicht den Magen.
Oder er konnte auf die Jagd gehen.
Stirnrunzelnd bohrte er das Ende seines Stabes in die Erde. Nachdem er die Gedanken und Wünsche zahlloser Tiere geteilt hatte, widerstrebte es ihm, eines zu essen. Trotzdem konnte er nicht zulassen, dass er immer schwächer wurde und das Imperium ihn am Ende doch noch erwischte, nur weil er zugunsten eines Kaninchen-Lebens auf das Abendessen verzichtet hatte. Wie sowohl Roran als auch Saphira ihm bereits erklärt hatten, überlebte jedes Geschöpf nur dadurch, dass es ein anderes fraß.
Unsere Welt ist grausam,
dachte er,
und ich kann es nicht ändern... Die Elfen mögen richtig handeln, wenn sie kein Fleisch essen, aber im Moment bin ich in großer Bedrängnis. Ich muss mich nicht schuldig fühlen, wenn mich die Umstände dazu zwingen. Es ist kein Verbrechen, ein bisschen Schinken zu genießen oder eine Forelle oder was auch immer.
So fuhr er fort, sein Gewissen zu beruhigen, doch der Abscheu wühlte immer noch in seinen Eingeweiden. Fast eine halbe Stunde lang saß er wie angewurzelt da, unfähig, zu tun, was sein Verstand bereits als notwendig erkannt hatte. Dann wurde ihm bewusst, wie spät es schon war, und er verfluchte sich für die Zeitverschwendung. Er brauchte jede Minute Ruhe, die er kriegen konnte.
Er wappnete sich und sandte die Fühler seines Geistes aus, um die Gegend abzusuchen, bis er zwei große Eidechsen fand, und, in einer Sandhöhle zusammengerollt, eine Kolonie von Nagetieren, die auf ihn wie eine Kreuzung aus Ratte, Kaninchen und Eichhörnchen wirkten.
»Deyja«
, sagte er und tötete die Eidechsen und eins der Nagetiere. Sie waren sofort tot, ohne zu leiden, und doch knirschte er mit den Zähnen, als er die hellen Flammen ihres Geistes auslöschte.
Die Eidechsen holte er mit der Hand unter den Steinen hervor, unter denen sie sich versteckt hatten. Das Nagetier hob er auf magische Weise aus seinem Bau. Dabei sah er sich vor, die anderen nicht zu wecken. Es erschien ihm grausam, sie mitansehen zu lassen, wie ein unsichtbares Raubtier sie in ihrem sicheren Unterschlupf überfiel.
Er nahm die Eidechsen und das Nagetier aus, häutete und säuberte sie und vergrub die Abfälle so tief, dass keine Aasfresser herankamen. Dann sammelte er ein paar flache Steine und baute daraus einen kleinen Herd, machte darin ein Feuer und fing an, das Fleisch zu garen. Ohne Salz konnte er das Essen nicht richtig würzen, aber einige der einheimischen Pflanzen verströmten einen angenehmen Duft, als er sie zwischen den Fingern zerdrückte. Damit rieb er das Fleisch ein.
Das kleine Nagetier war vor den Eidechsen fertig. Er nahm es von dem provisorischen Herd und hielt es sich vor den Mund. Er verzog das Gesicht und der Ekel hätte ihn sicher überwältigt, hätte er sich nicht noch um das Feuer und die Eidechsen kümmern müssen. Das lenkte ihn so ab, dass er, ohne weiter nachzudenken, der lautstarken Aufforderung seines Magens gehorchte und aß.
Der erste Bissen war am schlimmsten. Er blieb ihm im Hals stecken und vom Geruch des heißen Fetts wurde ihm übel. Er schüttelte sich, schluckte zweimal trocken und der Brechreiz legte sich. Danach wurde es einfacher. Er war eigentlich ganz froh, dass das Fleisch so fad war, dadurch konnte er fast vergessen, was er da
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