Die Weisheit des Feuers
wie ein Küken, aber ich bin stolz auf ihn. Sorge dich nicht. Er kann auf sich achtgeben. Bis jetzt ist ihm kein Unglück widerfahren. Ich wüsste es, falls er verletzt wäre.
Arya sagte: »Und warum hat er diese Entscheidung getroffen?«
Es würde schneller gehen, wenn ich es euch zeigte, statt es mit Worten zu erklären. Darf ich?
Sie willigten ein.
Ein Strom aus Saphiras Erinnerungen durchflutete Nasuada. Aus großer Höhe schaute sie zwischen den Wolken auf den schwarzen Helgrind hinab, hörte Eragon, Roran und Saphira besprechen, wie sie am besten vorgehen sollten. Sie sah, wie sie den Unterschlupf der Ra’zac entdeckten, und erlebte Saphiras langen, schweren Kampf mit dem Lethrblaka. Die Bilderfolge faszinierte Nasuada. Sie war zwar im Imperium geboren worden, konnte sich aber an nichts mehr erinnern. Es war das erste Mal in ihrem erwachsenen Leben, dass sie etwas anderes zu sehen bekam als die wilden Randgebiete des von Galbatorix beherrschten Territoriums.
Als Letztes kam der Streit zwischen Eragon und Saphira. Der Drachen versuchte, es zu verbergen, aber der Schmerz darüber, Eragon verlassen zu haben, war noch zu frisch. Nasuada musste mit den Verbänden an ihren Unterarmen ihre Tränen abwischen. Die Gründe allerdings, die Eragon für sein Bleiben vorbrachte - um den letzten Ra’zac zu töten und das Innere des Berges zu erforschen -, erschienen ihr wenig überzeugend.
Sie runzelte die Stirn.
Eragon mag ein Heißsporn sein, aber er ist sicherlich nicht so töricht, all unsere Ziele zu gefährden, nur um ein paar Höhlen zu erkunden und seinen Rachegelüsten bis zum Letzten zu frönen. Es muss eine andere Erklärung für sein Verhalten geben.
Sie überlegte, ob sie Saphira bedrängen sollte, ihr die Wahrheit zu sagen, aber sie wusste, dass der Drache eine solche Information nicht aus einer Laune heraus zurückhalten würde.
Vielleicht möchte sie lieber unter vier Augen mit mir darüber reden,
überlegte sie.
»Verdammt noch mal!«, rief König Orrin aus. »Eragon hätte keinen ungünstigeren Zeitpunkt für seinen Alleingang wählen können. Was zählt schon ein einzelner Ra’zac, wenn nur wenige Meilen von uns entfernt Galbatorix’ gesamte Streitmacht steht?... Wir müssen den Burschen zurückholen.«
Angela lachte. Sie strickte eine Socke und benutzte dazu fünf Knochennadeln, die in einem steten, wenn auch eigentümlichen Rhythmus klapperten und klackten. »Wie denn? Er wird wohl am Tage reisen, und Saphira darf tagsüber nicht durch die Gegend fliegen und nach ihm suchen, weil sie jemand bemerken und Galbatorix benachrichtigen könnte.«
»Ja schon, aber er ist unser Drachenreiter! Wir können doch nicht tatenlos zusehen, während er sich irgendwo im Feindesgebiet herumtreibt.«
»Das sehe ich auch so«, sagte Narheim. »Aber was geschehen ist, ist geschehen. Jetzt müssen wir seine sichere Rückkehr gewährleisten. Grimstnzborith Hrothgar hat Eragon in seine Familie und seinen Clan aufgenommen. Wie ihr wisst, gehöre ich demselben Clan an. Nach unserem Gesetz schulden wir ihm unsere Treue und rückhaltlose Unterstützung.«
Arya kniete nieder und begann zu Nasuadas Überraschung, ihre Stiefel aufzuschnüren und die Bänder fester zu binden. »Saphira, wo genau war Eragon, als du das letzte Mal seinen Geist berührt hast?«, fragte die Elfe währenddessen.
Am Eingang zum Helgrind.
»Und weißt du, welchen Weg er nehmen wollte?«
Das wusste er selbst nicht so genau.
Arya richtete sich auf und sagte: »Dann werde ich wohl überall nach ihm suchen müssen.«
Wie ein Reh schoss sie davon, rannte über den Platz und verschwand zwischen den dahinterliegenden Zelten, während sie leichtfüßig und schnell wie der Wind nach Norden eilte.
»Arya, nein!«, rief Nasuada ihr nach, aber die Elfe war schon zu weit entfernt. Hoffnungslosigkeit drohte sie zu übermannen, während sie Arya nachblickte.
Unser Zentrum bröckelt,
dachte sie.
Die Kanten seines Brustpanzers umklammert, als wollte er ihn abreißen, fragte Garzhvog Nasuada: »Soll ich ihr folgen, Nachtjägerin? Ich kann zwar nicht so schnell rennen wie kleine Elfen, aber ich bin genauso ausdauernd.«
»Nein... nein, bleib hier. Aus der Ferne geht Arya für einen Menschen durch, dir hingegen wären die Soldaten auf den Fersen, sobald der erste Bauer dich entdeckt.«
»Ich bin es gewohnt, gejagt zu werden.«
»Aber nicht mitten im Imperium, wo es überall von Galbatorix’ Schergen wimmelt. Nein, Arya muss allein
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