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Die Weisheit des Feuers

Die Weisheit des Feuers

Titel: Die Weisheit des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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um, versuchte herauszufinden, aus welcher Richtung sich die Reiter näherten. Aus einer nahen Bergschlucht kamen zwei schnatternde Dohlen herausgeschossen.
    Das einzige Versteck, das sich Eragon in der Nähe bot, war eine kleine Gruppe von Wacholderbäumen. Er rannte darauf zu und hechtete unter die herabhängenden Äste. Im nächsten Moment kamen sechs Soldaten aus der Schlucht geritten und bogen keine zehn Schritte von ihm entfernt auf die staubige Straße ein. Normalerweise hätte Eragon ihre Gegenwart längst gespürt, aber seit Dorn am Horizont aufgetaucht war, schirmte er seinen Geist vor seiner Umgebung ab.
    Die Soldaten zügelten die Pferde und blieben mitten auf der Straße stehen. »Ich sag euch, ich hab was gesehen!«, rief einer der Männer. Er war mittelgroß, hatte rote Wangen und einen blonden Bart.
    Sein Herz hämmerte, Eragon zwang sich, langsam und ruhig zu atmen. Er prüfte den Sitz des Stirnbands, das er trug, um sicher zu sein, dass es seine schräg stehenden Augenbrauen und die spitzen Ohren verdeckte. 
Ich wünschte, ich würde meine Rüstung tragen,
 dachte er. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, hatte er sich aus trockenen Ästen und einer Plane, die er einem Kesselflicker abgekauft hatte, einen Rucksack gebastelt und darin seine Rüstung verstaut. Nun wagte er nicht, sie hervorzuholen und anzulegen, aus Angst, die Soldaten könnten es hören.
    Der Soldat mit dem blonden Bart stieg von seinem kastanienbraunen Pferd und lief am Straßenrand entlang. Er suchte den Boden ab und blickte zu den Wacholderbäumen hinüber. Wie alle Angehörigen von Galbatorix’ Streitmacht trug er ein rotes Wams, auf dem eine lodernde, mit Goldfäden umrissene Flamme prangte. Die Stickarbeit glitzerte in der Sonne. Seine Rüstung war schlicht - ein Helm, ein ovaler Schild und ein lederner Brustpanzer -, was darauf hindeutete, dass er wenig mehr war als ein einfacher Fußsoldat. Seine Bewaffnung: in der rechten Hand eine Lanze, links an der Hüfte hängend ein Langschwert.
    Während der Soldat mit klirrenden Sporen auf sein Versteck zuschritt, begann Eragon, einen komplizierten Zauberspruch in der alten Sprache zu murmeln. Die Worte kamen ihm mühelos über die Lippen, bis er zu seiner Bestürzung eine spezielle Anhäufung von Vokalen falsch aussprach und von Neuem beginnen musste.
    Der Soldat kam einen weiteren Schritt auf ihn zu.
    Und noch einen.
    Gerade als der Mann vor ihm stehen blieb, beendete Eragon den Zauber und spürte, wie ihm die Kraft entströmte, als die Wirkung der Magie einsetzte. Allerdings den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Der Soldat hatte ihn bereits entdeckt, denn er rief: »Aha!«, und schob die Äste auseinander.
    Eragon rührte sich nicht.
    Der Soldat schaute ihn direkt an und runzelte die Stirn. »Was zum...«, murmelte er. Er stieß die Lanze ins Gebüsch und verfehlte nur um Haaresbreite Eragons Gesicht. Der bohrte sich die Fingernägel in die Handflächen, als seine angespannten Muskeln zu zittern begannen. »Ach, was soll’s«, sagte der Soldat und ließ die Äste los, die zurückschwangen und Eragon wieder verbargen.
    »Was war denn da?«, rief einer der anderen Männer.
    »Nichts«, brummte der Soldat und kehrte zu seinen Gefährten zurück. Er nahm den Helm ab und wischte sich über die Stirn. »Meine Augen haben mir einen Streich gespielt.«
    »Was erwartet dieser Bastard Braethan von uns? Seit zwei Tagen haben wir kaum eine Mütze Schlaf bekommen.«
    »Tja, der König muss ganz schön verzweifelt sein, uns dermaßen auf Trab zu halten. Ehrlich gesagt, ich würde denjenigen, den er sucht, lieber nicht finden. Ich bin ja kein Feigling, aber wenn jemand sogar Galbatorix in Unruhe versetzt, sollten Leute wie wir ihm lieber aus dem Weg gehen. Sollen doch Murtagh und sein Ungeheuer von einem Drachen den geheimnisvollen Flüchtling fangen, was?«
    »Es sei denn, wir suchen nach 
Murtagh
«, warf ein dritter Mann ein. »Ihr habt doch ebenso wie ich gehört, was Morzans Brut gesagt hat.«
    Unbehagliches Schweigen breitete sich aus. Dann schwang sich der Soldat mit dem blonden Bart wieder auf sein Pferd, schlang die Zügel um die linke Hand und sagte: »Halt die Klappe, Derwood. Du quatschst zu viel.«
    Damit gaben die Soldaten ihren Pferden die Sporen und ritten in nördliche Richtung davon.
    Als das Hufgetrappel verklungen war, löste Eragon den Zauber, rieb sich mit den Fäusten die Augen und ließ die Hände dann auf die Knie sinken. Er musste leise lachen und schüttelte den Kopf.

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