Die Weisheit des friedvollen Kriegers
ein, mich bei diesem Abenteuer zu begleiten, damit sie auch so einen Lehrer haben konnten wie ich.
Der Traum eines Lebens
Ich erwachte vom Ticken des Weckers, der auf meinem blauen Nachtkästchen stand.
(…)
Ich strampelte meine kurzen Beinchen frei und sprang auf. Aus der Küche hörte ich Mamas Stimme: »Danny! Steh auf, mein Kleiner!« Ja, richtig, es war der 22. Februar 1952, mein sechster Geburtstag!
(…)
So verging ein Jahr nach dem anderen, und bald war ich Dan Millman, der beste Turner an der High School von Los Angeles.
Ja, in der Turnhalle machte mir das Leben Spaß. Sonst kannte ich nur Langeweile und Enttäuschung.
(…)
Eines Tages schellte zu Hause das Telefon. Es war Harold Frey, der Trainer aus Berkeley, California. Er wollte mich in seine Mannschaft holen und versprach mir ein Stipendium fürs College. (…) Ich wusste, bald würde das Leben erst richtig anfangen!
Am College vergingen die Jahre wie im Flug, mit vielen sportlichen Triumphen, aber wenig anderen Höhepunkten. In meinem letzten Studienjahr, kurz vor den Olympischen Spielen, heirateten Susie und ich. Wir blieben in Berkeley wohnen, sodass ich mit der Mannschaft trainieren konnte. Ich lebte ausschließlich für den Sport und hatte weder Zeit noch Energie für meine junge Frau übrig.
(…)
Bald kam unser kleiner Sohn zur Welt. (…) Ich fand einen Job als Versicherungsagent. (…)
Ein Jahr später lebten Susie und ich getrennt. Zuletzt reichte sie die Scheidung ein. (…)
Als ich eines Tages vor dem Spiegel stand, wurde mir klar, dass schon vierzig Jahre meines Lebens vorbei waren. Ich war alt geworden. Was hatte ich aus meinem Leben gemacht? Mithilfe meines Psychiaters hatte ich ein kleines Alkoholproblem überwunden.
Ich hatte Geld gehabt, Frauen und Wohnungen. Jetzt hatte ich niemanden mehr. Ich war einsam.
(…)
Auf einmal war die bohrende Angst wieder da, die schrecklichste Angst meines Lebens. Ob ich etwas Wichtiges verpasst hatte – etwas, das wirklich einen Unterschied gemacht hätte?
Diese Vision meiner Kindheit und der sinnentleerten Zukunft, die mir hätte bevorstehen können, gab mir den entscheidenden Anstoß, auf dem frustrierenden, verwirrenden Pfad weiterzugehen, der nur durch meinen Widerstand so schwierig wurde. Das ebenfalls im Rahmen der Möglichkeiten liegende Schicksal aus meiner Traumvision stand für das normale, selbstbezogene Leben – die Suche nach Liebe, Glück und Zufriedenheit mithilfe von Selbstbelohnung, körperlicher Lust, schäbiger Ablenkungen und Betäubung aus der Flasche.
Um ein Gewässer zu durchqueren, müssen wir das Risiko eingehen, das Ufer zu verlassen, sonst können wir kein anderes erreichen. Dieses andere Ufer wollte Socrates mir zeigen. Denn solange ich die Illusionen bezüglich meiner Zukunft nicht verlor, würde ich nicht bereit sein, auf die Tröstungen, die ein konventionelles Leben bietet, zu verzichten und mich auf Unbekanntes einzulassen. Der traurige Traum von einem öden Leben wurde zu meinem Weckruf.
Die Vergangenheit ändern, die Zukunft ändern
»Weißt du, Dan, man kann die Vergangenheit ganz verschieden interpretieren und deuten. Folglich gibt es auch Möglichkeiten, die Gegenwart zu verändern. Und es gibt immer mehrere Möglichkeiten der Zukunft. Dieser Traum wäre wahrscheinlich deine Zukunft geworden, falls du mich nicht getroffen hättest.«
»Du meinst also, wenn ich nicht damals zufällig in diese Tankstelle gestolpert wäre, würde dieser Albtraum für mich Wirklichkeit? «
»Ja«, sagte er, »sehr wahrscheinlich. Und er kann immer noch deine Wirklichkeit werden. Die Entscheidung liegt jetzt bei dir. Du kannst die Gegenwart ändern, und damit auch deine Zukunft. «
Als ich Socrates von meiner düsteren Traumvision erzählte (insgeheim vermutete ich allerdings, dass er sie schon kannte), fragte ich ihn, ob dies wirklich meine Zukunft sei. Er machte mir klar, dass die einzige Möglichkeit, »die Vergangenheit zu verändern«, darin besteht, unser Verhalten in der Gegenwart zu ändern, denn die Gegenwart wird ganz schnell zu unserer Vergangenheit. Zugleich aber gestalten wir mit unseren Handlungen in der Gegenwart auch die Zukunft.
Die Stunde des Kriegers ist das Jetzt. Denn er hat erkannt: Egal, was wir denken oder fühlen – ob wir traurig sind oder hoch motiviert, scheu oder zupackend, voller Selbstvertrauen oder voller Zweifel – die Qualität unseres Lebens hängt immer in hohem Maße von dem ab, was wir heute tun. Das
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