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Die weiße Garde

Die weiße Garde

Titel: Die weiße Garde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Leben genießt.

    Um Mitternacht begann Nikolka eine sehr wichtige und dringliche Arbeit. Zuallererst holte er aus der Küche einen schmutzigen, feuchten Lappen und wischte von der Brust des Zaardamer Zimmermanns die Worte ab:
    Es lebe Rußland!
Es lebe die Monarchie!
Nieder mit Petljura!
    Dann wurden mit tatkräftiger Unterstützung Lariossiks weitere wichtige Arbeiten verrichtet. Aljoschas Schreibtischschublade wurden geschickt und leise sein Browning, zwei Magazine und eine Schachtel Patronen entnommen. Nikolka prüfte den Browning und stellte fest, daß der Ältere sechs von sieben Patronen verschossen hatte.
    »Toll …«, flüsterte er.
    Es bestand natürlich kein Zweifel, daß auf Lariossik Verlaß war. Ein intelligenter Mensch konnte überhaupt nicht auf seiten Petljuras sein, um so weniger ein Gentleman, der einen Wechsel auf fünfundsiebzigtausend unterschrieben und ein Telegramm von dreiundsechzig Worten abgeschickt hatte. Nai-Turs’ Colt und Aljoschas Browning wurden mit Maschinenöl und Petroleum bestens eingeschmiert. Lariossik hatte sich wie Nikolka die Ärmel aufgekrempelt und half beim Einfetten und Einpacken in eine hohe längliche Bonbondose. Die Arbeit eilte sehr, denn jeder anständige Mensch, der an einer Revolution teilgenommen hat, weiß sehr gut, daß Haussuchungen unter jeder Macht im Winter zwischen zwei Uhr dreißig und sechs Uhr fünfzehn nachts und im Sommer zwischen Mitternacht und vier Uhr stattfinden. Dennoch verzögerte sich die Arbeit, weil Lariossik, der die Funktion der zehnschüssigen Pistole Marke Colt untersuchte, das Magazin verkehrt in den Griff eingesetzt hatte und es viel Kraft und Öl kostete, es wieder herauszukriegen. Außerdem tauchte ein zweites unerwartetes Hindernis auf: Die Dose, in der die Waffen, Nikolkas und Alexejs Schulterklappen, Tressen und das Bild des Thronfolgers Alexej lagen, die Dose, die innen mit Paraffinpapier ausgelegt und außen mit Isolierband zugeklebt war, ging nicht durch das Lüftungsfensterchen.
    Die Sache war die: Wenn schon verstecken, dann richtig! Nicht alle sind solche Idioten wie Wassilissa. Nikolka hatte sich bereits am Tag ein Versteck ausgedacht. Zwischen der Wand des Hauses Nummer dreizehn und der des Hauses Nummer elf gab es höchstens einen Arschin Spielraum. In der Wand des Hauses Nummer dreizehn waren nur drei Fenster – eins in Nikolkas Eckzimmer und zwei im Bücherzimmer, überflüssigerweise, da es trotzdem dunkel war, und unten ein kleines vergittertes Fensterchen in Wassilissas Speisekammer; die Wand des Hauses Nummer elf war ganz fensterlos. Stellen Sie sich eine arschinbreite Schlucht vor – dunkel, von der Straße nicht einzusehen und vom Hof her für niemanden zugänglich, höchstens für zufällig eingedrungene Bengels. Nikolka war als Junge selber oft beim Räuberspiel hineingekrochen, über Ziegelsteine gestolpert und hatte sich gemerkt, daß an der Wand des Hauses Nummer dreizehn eine Reihe Haken bis zum Dach hinauflief. Wahrscheinlich hatte früher, als das Haus Nummer elf noch nicht stand, eine Feuerleiter drangehangen, die später weggeschafft wurde. Die Haken aber waren geblieben. Als Nikolka jetzt durch das Fensterchen griff, fand er gleich einen Haken. Es war ganz einfach. Nur ging die mit dem wunderbaren, sogenannten Zuckersackbindfaden dreifach über Kreuz verschnürte Dose mit der fertigen Schlinge nicht durch das Fensterchen.
    »Es hilft nichts, wir müssen das Fenster aufmachen«, sagte Nikolka und rutschte vom Fensterbrett.
    Lariossik spendete Nikolka für seinen Geist und seine Findigkeit Anerkennung und fing an, das abgedichtete Fenster aufzumachen. Diese schwere Arbeit nahm mindestens eine halbe Stunde in Anspruch, die gequollenen Rahmen wollten sich nicht öffnen. Schließlich gelang es doch, das erste und dann auch das zweite Fenster zu öffnen, wobei Lariossiks Fensterhälfte einen langen, welligen Sprung bekam.
    »Licht aus!« kommandierte Nikolka.
    Das Licht wurde ausgeschaltet, grimmige Kälte drang ins Zimmer. Nikolka beugte sich bis zum Gurt hinaus in die schwarze, eisige Leere und schob die Schlinge auf den Haken. Die Dose hing wunderbar an dem zwei Meter langen Bindfaden. Von der Straße her konnte man sie auf keinen Fall sehen, denn die Brandmauer des Hauses Nummer dreizehn stand nicht rechtwinklig zur Straße, außerdem hing das Schild der Schneiderwerkstatt ziemlich hoch. Man hätte sie nur sehen können, wenn man in den Spalt kroch. Aber das würde niemand vor dem Frühjahr tun, denn

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