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Die weiße Hexe

Titel: Die weiße Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Maria Hilliges
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schmutzigweißen Steinen den vergeblichen Versuch machten, den Toten ein lebendiges Andenken zu versprechen.
    Yemis Grab sah kurze Zeit später nicht anders aus. Zu ihrem Todestag allerdings ließ Abiola Jahr für Jahr eine halbseitige Anzeige mit Yemis Foto veröffentlichen. Immer das gleiche Foto einer hübschen jungen Frau, die nie älter wurde.
    „Traditionen muß man pflegen. Auch wenn Außenstehende das nicht verstehen“, hörte ich Yemi sagen, als ich einen Hibiskusbusch auf ihrem Grab pflanzte. Seine Blüten leuchteten kräftig rot und hoben so die Ruhestätte dieser besonderen Frau hervor.
    Mit Yemi schien ich auch Abiola verloren zu haben. Der weltgewandte Tierarzt zog sich gramgebeugt von allen Menschen zurück.
    Ich erfuhr den Grund dafür erst später: Der zurückbleibende Ehepartner soll sich für drei Monate von der Außenwelt zurückziehen. Abiola arbeitete zwar weiter, mied aber rigoros alle privaten Kontakte. Nach den drei Monaten veranstaltete er in Yemis Dorf eine prächtige Trauerfeier, zu der ich als Fremde nicht eingeladen wurde. Abiolas Mädchen waren von einer Verwandten in das Dorf der Oma gebracht worden. Europäisch aufgewachsen, würden sie nun im Busch leben, den sie nicht kannten.
    Immer wieder versuchte ich, zu Abiola vorzudringen. Indem er sich abschottete, konnte er seinen Mädchen am wenigsten helfen. Ich grübelte, wie ich dieser Familie beistehen konnte, die meine wichtigsten Freunde geworden waren. Meine Janet war jetzt im Alter von Abiolas Zweitältester. Vielleicht könnten sie Freundinnen werden. Aber Janet war nicht bei mir. Sondern weit weg. Und hatte bereits in der Schule erste Freundinnen gefunden ...

DIE BOTSCHAFT DER EULE
    Das Nachbarhaus verbarg sich hinter einer mannshohen weißen Mauer, auf der im Sonnenlicht bunte Glasscherben blinkten. Zum ersten Mal stand das doppelflügelige Tor offen. Drei Autos fuhren hinein: vorneweg ein neuer schwarzer Mercedes, in dem eine junge Schwarze saß, die einen goldenen Turban trug, eine gele, das kunstvoll gewickelte Kopftuch, das sie wie eine Königin aussehen ließ. Ihr Hals war mit breiten Goldreifen verziert. Neben ihr ein dicker Schwarzer. Dem Mercedes folgten zwei mit Koffern und Kisten beladene Pick-ups, auf den Ladeflächen je ein mit einem Gewehr bewaffneter Wächter.
    „Bekomme ich etwa einen neuen Nachbarn, Femi?“
    „Das ist Ihr Nachbar, Ma'am.“
    „Seine Frau kommt wohl von einer Reise zurück“, vermutete ich.
    „Nein, Ma'am. Ich schätze, er hat sich wieder eine neue Frau geholt.“
    „Hat er denn mehrere?“
    „Ja, Ma'am, soweit ich weiß, hat er eine ganze Menge.“
    Es gab einen sehr einfachen Grund, weshalb meine angeborene Neugier noch nie das Nachbarhaus zum Ziel gehabt hatte: Es lag auf jener Seite, auf der lediglich im ersten Stock ein schmales, hoch angebrachtes, vergittertes Toilettenfenster einen Ausblick gewährte. Ich stürmte ins Haus, hinauf ins Klo, spähte aus dem Fensterchen hinüber in Nachbars Hof.
    Drüben sah sich die geschmückte Schwarze gerade in ihrem neuen Zuhause um. Ich glaubte nicht richtig zu sehen: Zu ihrer Begrüßung erschienen nach und nach immer mehr Frauen, alle in lange weiße Gewänder gekleidet. Ein ganzes Nest voller Frauen. Ich begann zu zählen. Unmöglich. Sie wuselten durcheinander. Bei dreiundzwanzig gab ich auf. Aber es mußten gewiß drei Dutzend sein. Auch immer mehr Kinder kamen dazu.
    Schließlich verschwand die Menschenschar in den zahlreichen Türen der Häuser - der dicke Mann mittendrin. Fünf oder sechs noch dickere, kahlgeschorene Männer hatten inzwischen das Entladen der beiden Pick-ups abgeschlossen und den ganzen Plunder ins Haupthaus geschleppt. Ich lief hinunter zu Ken. Der würde gewiß wissen, was es mit dem Harem nebenan auf sich hatte.
    Aber Ken gab sich einsilbig: „Ich kenne diesen Mann nicht, Ma'am.“
    „Ken, Sie wohnen schon viel länger hier als ich. Nun sagen Sie schon, wer ist der Nachbar?“
    Ken blickte auf den Boden, als er antwortete: „Man nennt ihn den schwarzen Jesus. Das ist es jedenfalls, was die Leute so sagen, Ma'am.“
    „Und die Frauen, Ken? Warum hat er so viele Frauen?“
    „Sie leben bei ihm wie im Kloster, Ma'am. Er schenkt ihnen Kinder, und sie arbeiten für ihn.“
    „Wie viele Frauen hat er denn?“
    „Heute ist Nummer 39 gekommen, Ma'am.“
    Mein Nachbar hatte 39 Frauen, mehr als ein Monat Tage. Und in meinem Haus gab es nicht mal einen Mann fürs ganze Jahr ...

Irgendwie ungerecht.
    Ein christlicher

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