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Die weiße Hexe

Titel: Die weiße Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Maria Hilliges
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hier nicht.
    Nicht mal bei deutschen Firmen. Ich habe es doch bei Strengfurt erlebt.“
    „Mein Wort hat Gewicht, Ilona. Ich kann mit Menschen wie meinem Onkel Sunny umgehen. Mach dir um mich keine Sorgen.“ Doch mit seinen Sprüchen konnte Victor mir meine Sorgen nicht nehmen.
    Trotzdem stand ich an seiner Seite, als er eine Firma gründete, die Umweltprojekte betreuen sollte. Anfang der achtziger Jahre stieß Victor mit seinen Plänen zunächst nur auf Ablehnung. In der nigerianischen Regierung wollte man nichts davon hören. Er gab nicht nach, reiste im Süden umher, flog nach Europa, weil er wußte, daß
    die dort residierenden Ölfirmen sensibler auf das Thema reagierten.
    Und tatsächlich: Er zog die ersten - allerdings nicht mal die Kosten deckenden - Aufträge an Land.
    Über einen Freund, den Victor im Polo-Club gefunden hatte und der für die Regierung arbeitete, bekam die neue Firma einen Auftrag im äußersten Südosten des Landes, nahe der Grenze zu Kamerun. In den Mangrovensümpfen waren Fässer entdeckt worden, in denen sich höchstwahrscheinlich Gift befand. Als wir mit dem Flugzeug in Calabar eintrafen, einer legendären früheren Sklavenstadt, machten wir uns keine Vorstellung, wie schwierig diese Reise werden sollte.
    Zu unserer Begleitung und unserem Schutz hatte Victor einen kräftigen Einheimischen namens Steve mitgenommen. Die Fähre brachte uns von Calabar aus in vierstündiger Fahrt durch das Delta des Cross River nach Eket, wo uns Mike in Empfang nahm. Mike besaß eine kleine Firma, die gelegentlich Reparaturaufträge für die großen Raffinerien durchführte. Über Victor hoffte Mike, in einen möglicherweise einträglichen Markt für Bodensanierung vorzudringen.
    Mike und seine sympathische, fröhliche Frau bewirteten uns in ihrem hübschen kleinen Haus, bevor es am nächsten Tag in vier Kanus, bepackt mit Bergen von Proviant und Zelten, in das dichte Grün des Mangrovensumpfes und des Regenwaldes ging. Unsere beiden Führer, Mba und Ukwu, brachten die Einbäume immer tiefer in die Sümpfe hinein. Das dichte Dschungelgrün wurde immer wieder von kleinen, parkähnlich angelegten Grundstücken unterbrochen. Als ginge sie die urwüchsige Kraft des Regenwaldes nichts an, hatten die Bewohner Pflanzen in Tontöpfen dicht ans Wasser gestellt. So entstand bei uns die irrige Annahme, daß die Zivilisation doch nicht ganz so weit weg war. Sogar Kirchen mit spitzen Türmen hatten Missionare hier errichtet. Und doch war der Urglaube der Menschen vom Fluß sehr lebendig.
    Plötzlich begann es zu regnen. Ein Guß wie aus Kübeln! In Sekundenschnelle waren wir bis auf die Haut durchweicht. Wir paddelten aus dem dichten Regen, der die Sicht nahm, heraus und machten an der nächsten Anlegestelle fest, wo alles trocken war.
    Mba sagte mit der größten Selbstverständlichkeit, daß in der Nähe ein babalawo wohne. Der Mann verstehe sich aufs Regenmachen.
    Ein paar Stunden später tat sich Mba mit dem Paddeln plötzlich schwer. Wir fielen immer weiter zurück. Er rief seinem Kollegen Ukwu etwas zu. Als wir Ukwu endlich erreicht hatten, gab er Mba eine Flasche Gin. Während ich mich noch fragte, ob Mba sich alkoholisiert mit dem Paddeln leichter tun würde, leerte der die Flasche Gin komplett ins Wasser.
    „Ein Opfer für die Götter“, murmelte Mba zur Erklärung. Und plötzlich bewegte er das Paddel wieder mit größter Leichtigkeit. Gin schlürfende Götter machen offensichtlich weniger Probleme. Was sich auf unser Trinkgeld für die Spender günstig auswirkte.
    An einer Lagunenbucht war die Fahrt erst einmal zu Ende. Ein paar der Männer bauten die Zelte auf. Mit zwei Booten fuhren Ingenieur Mike, Leibwächter Steve, Victor und ich in einen Seitenarm hinein.
    Eine mückenverseuchte, unangenehme Fahrt bis zu einem Brackwasserteich. Die Fässer waren achtlos abgeworfen worden; rote, durchkreuzte Totenköpfe sprachen eine deutliche Sprache. Die Behälter stammten laut Aufdruck aus Frankreich. Mike und Victor machten Fotos und nahmen Proben mit. Ich war froh, als wir die Lagune mit einer leichten Brise wieder erreicht hatten.
    Während wir hungrig am offenen Feuer unser Abendessen verzehrten, erzählten Mba und Ukwu Geschichten von Fledermäusen mit riesigen Flügeln, deren Biß Polio übertrug, von Schlangen, die Geschwüre verursachten. All diese Tierchen seien nichts anderes als Hexen. Und die wollten nicht unbedingt töten, sondern bewohnten den Körper eines Menschen, um sich daran satt zu sehen, wie

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