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Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Titel: Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wittig
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Zweitmeinung ein. So wie es Jutta W. intelligenterweise getan hat.
»Lassen Sie sich schnellstmöglich operieren!«
    Auf die Geschichte von Jutta W. bin ich im Internet gestoßen. Auch dort, im Informationsangebot des Frauengesundheitszentrums, war Jutta W. anonymisiert. Auf meine Anfrage beim Management des Internetportals hat sie mir ihre Kontaktdaten zukommen lassen. Wir telefonierten, und nach einer kurzen Bedenkzeit hat sie eingewilligt, mit ihrer Geschichte vor die Kamera zu gehen.
    Als wir Jutta W. am Drehtag in ihrem schönen Haus in Würzburg besuchen, hat sie sich eine Freundin eingeladen. Im ersten Moment kommt mir das seltsam vor, aber dann denke ich: Na klar, drei fremde Männer bei sich in die Wohnung zu lassen – da gibt die Bekannte doch ein Gefühl der Sicherheit. Dabei ist Jutta W. eine toughe Frau. Sie ist klein, hat dunkle kurze Haare. Und mit ihrer sportlichen Erscheinung, ihrem fränkischen Akzent und ihrem heiter-burschikosen Auftreten ist sie mir sofort sympathisch.
    Jutta W. war noch vor wenigen Jahren im »höheren Management« beim Bahnlogistiker Schenker beschäftigt. Nach ihrem Ausstieg aus dem gut dotierten ersten Job erfüllt sie sich einen Traum. Sie gründet einen medizinischen Fachverlag, spezialisiert auf Fragen der Frauengesundheit. Und so etwas hätte ein guter Gynäkologe gewusst. Ein guter Arzt spricht mit den Menschen, die sich ihm anvertrauen, nicht nur über Medizinisches. Wichtiges aus dem ganz normalen Leben hilft einem Mediziner, seine Patienten zu verstehen. Hilft auch, medizinische Symptome einzuordnen. Jutta W.s Gynäkologe wusste offenbar nichts vom Engagement seiner Kundin in Sachen Frauengesundheit. Sonst hätte er nicht versucht, sie »auf den OP-Tisch zu ziehen«.
    Jutta W. war bei ihm zur jährlichen Vorsorgeuntersuchung. Zunächst schien alles normal. Doch als sie die schriftlichen Ergebnisse abholt, erklärt ihr Gynäkologe plötzlich, sie sei ernsthaft krank: Der Verlegerin ist die Empörung, die diese Erinnerung immer noch bei ihr auslöst, jetzt deutlich anzumerken. »Er sagte, ich habe dieses Krankheitsbild, diese schwere endozervikale Dysplasie, die ja eine Vorstufe zum Gebärmutterhalskrebs ist. Und er hat mir dabei massiv geraten, schnellstmöglich und sofort einen operativen Eingriff vornehmen zu lassen. Mit dem Hinweis, dass dabei auch die Entfernung der Gebärmutter in Betracht zu ziehen sei. Außerdem erklärte der Gynäkologe, er hätte gerade Belegbetten frei, er könne mir sofort einen Termin geben und ich solle mich gleich entscheiden.« Belegbetten sind Krankenhausbetten, in denen Fachärzte »kleinere« Eingriffe durchführen können. Die Betten dieses Gynäkologen waren offensichtlich nicht ausgebucht. Unter ökonomischer Perspektive ein Missstand, denn nur voll ausgelastete Belegbetten versprechen den maximalen Gewinn.
    Die Medizinverlegerin sagt, ihr sei sofort der Verdacht gekommen, dass das nicht mit rechten Dingen zugehe. »Es hat mich so sehr an ein Verkaufsgespräch erinnert, da wurde ich misstrauisch.« Aber natürlich ist in so einem Fall auch immer die Angst mit dabei. Was, wenn doch … Als Profi auf dem Gebiet Frauengesundheit sucht sie eine Zweitmeinung und besucht einen anderen Gynäkologen. Um ganz sicherzugehen, auch noch einen dritten. Beide bestätigen ihren Verdacht: unauffälliger Befund. Keine Dysplasie, kein Krebsrisiko. Als Jutta W. das erzählt, glaube ich die Fassungslosigkeit zu spüren, die dieses Erlebnis in ihr auslöste.
    »Auch die Zyste am Eierstock, die mein Gynäkologe schon vor Jahren bei mir angeblich entdeckt hatte – und operieren wollte –, fanden die beiden anderen Gynäkologen nicht. Dass der Arzt mich so anlügt …« Jutta W. schaut mich an und ich warte darauf, dass sie den Satz beendet. Aber da kommt nichts mehr. Die Ungeheuerlichkeit ist ausgesprochen. Der Gynäkologe, zu dem Frauen auch aufgrund der »intimen Untersuchungssituation« ein besonders vertrauensvolles Verhältnis haben können sollten, dieser Arzt lügt sie frech an, um ein paar Hundert Euro mehr zu verdienen. Er war bereit, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die Frau, die sich ihm anvertraute, in Angst und Schrecken zu versetzen, um dann ein gesundes Organ aus ihrem Körper zu entfernen. Was mag er sich dabei denken, wenn er Frauen auf diese Weise als Objekte medizinischer Wertschöpfung missbraucht? Denkt er auch: »Das machen doch alle«?
Nachtrag: Eierstöcke entfernt
    Der Aqua-Qualitätsreport 2011 , der vom Institut für

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