Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)
Operationen zu Dreharbeiten in Berlin bin, treffe ich auf dem Flughafen eine befreundete Kollegin. Eine intelligente und tüchtige Journalistin, die beim ZDF in der Kulturredaktion arbeitet. Ich erzähle ihr vom Thema meines Films. Sie schaut mich an und schüttelt den Kopf. In ihren Augen lese ich Empörung und eine Spur von Verachtung. Sie sagt ohne den leisesten Zweifel in der Stimme: »Frank, mein Bruder ist Mediziner. So etwas gibt es nicht. Es werden keine unnötigen Operationen gemacht.«
3. Womit die weiße Mafia sonst noch Kasse macht
Cholesterinsenker: fette Beute mit
Nonsenspharmazie
Haben Sie schon einmal eine aufgeschnittene Arterie gesehen, die starke Arteriosklerose aufwies? Sieht eklig aus! Unregelmäßige Wucherungen in der Gefäßwand und graugelbe Ablagerungen – sklerotische Plaques – verengen das Gefäß bis zum vollständigen Verschluss. Dieses »Verkalken« der Arterien ist in »entwickelten Ländern« die häufigste Todesursache. Betrifft der Verschluss Herzkranzgefäße, ist es ein Herzinfarkt. Im Gehirn verursacht er den Schlaganfall. Wenn diese Gefäßverengungen nicht zum Tod führen, können sie Ursache sein für Schmerzen, Behinderung und Berufsunfähigkeit und sind damit nicht nur verantwortlich für kaum messbares Leid, sondern auch ein negativer ökonomischer Faktor von volkswirtschaftlicher Dimension. Wenn es einer Pharmafirma gelänge, ein wirksames Medikament gegen Arteriosklerose zu entwickeln, würde ich diese Firma umgehend für den Nobelpreis für Medizin vorschlagen und ich hätte kein Problem damit, dass diese Firma mit ihrem Medikament einen Jahresumsatz von 30 Milliarden Dollar macht. Wenn!
Wenn es aber dieser Firma lediglich gelingt, mit einem Medikament einen Blutwert zu senken – den Cholesterinspiegel –, der mit der Arteriosklerose in einer vagen, medizinisch noch nicht verstandenen Verbindung steht, dann kann man das nicht als Durchbruch im Kampf gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen verkaufen. Zumal aus einer großen Studie schon lange bekannt ist, dass der Cholesterinspiegel mit dem Ausmaß der sklerotischen Veränderungen in den Gefäßen gar nichts zu tun hat. 29 Zumal es große und lang angelegte Studien gibt, die zeigen, dass die Senkung des Cholesterinspiegels in den allermeisten Fällen völlig bedeutungslos für das Überleben ist. Eine 2011 veröffentlichte niederländische Studie zeigte nach annähernd 14 Jahren Laufzeit sogar eine positive Verbindung von hohem Cholesterinspiegel und Überlebensrate. Vor allem das Risiko für Krebstod sank mit hohen Cholesterinwerten. 30 Nur Herzkranke profitieren ein klein wenig von der Cholesterinsenkung. Die Millionen Gesunden, die nur wegen hoher Cholesterinspiegel mit Cholesterinsenkern behandelt werden, profitieren nicht.
In diesem Fall – und das ist der heutige wissenschaftliche Stand – ärgert mich der Jahresumsatz von 30 Milliarden Dollar mit dem Medikament sehr. Auch die teils gravierenden Nebenwirkungen der Cholesterinsenker sind angesichts ihrer weitgehenden Nutzlosigkeit nicht hinnehmbar. Diese Firma möchte ich nicht für den Medizinnobelpreis vorschlagen, sondern ich würde mir wünschen, dass die Staatsanwaltschaft gegen sie ermittelt: wegen Körperverletzung in Millionen Fällen weltweit. Ich wünschte mir, dass der Staatsanwalt auch gegen die Medizinische Fachgesellschaft ermittelt, die in ihren Leitlinien den Einsatz dieser Cholesterinsenker bei Gesunden empfiehlt. Und auch die Abertausend Mediziner, die ihren ansonsten vollkommen gesunden »Patienten« Cholesterinsenker verschreiben, sollten belangt werden. Aber nicht so streng. Denn die meisten von ihnen glauben noch an das Cholesterinmärchen. Oder wie würden Sie das handhaben?
Wo liegen die Wurzeln dessen, was ein Mediziner einmal »die wirtschaftlich erfolgreichste Irreführung in der Geschichte der Menschheit« genannt hat? 31 Wie konnte sich die »Cholesterinhypothese« so hartnäckig in der modernen Medizin verankern? Und warum ändern die verantwortlichen Mediziner nicht ihren Umgang mit dem »hohen« Cholesterinspiegel, obwohl die wissenschaftliche Datenlage den Cholesterinsenkern ein so vernichtendes Urteil ausstellt? Begleiten Sie mich bei dem Versuch, aus verschiedenen Mosaiksteinen eine Antwort zusammenzusetzen.
Ei und Hirn für Pflanzenfresser
Ein wichtiges Kapitel der Cholesteringeschichte stellen die Forschungsarbeiten dar, die der russische Wissenschaftler Alexander Ignatovski im Jahr 1908 veröffentlichte. Ignatovski war auf
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