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Die Weisse Massai

Die Weisse Massai

Titel: Die Weisse Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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Also kaufen wir wenigstens Milch. Für wenige Münzen nehmen wir zwei gefüllte Kalebassen, etwa einen Liter, mit nach Hause. Die Mama freut sich über so viel Milch. Wir kochen Chai, und Saguna erhält eine ganze Tasse voll Milch. Sie ist glücklich.
    Lketinga und die Mama besprechen die mißliche Lage. Ich wundere mich wirklich, wovon sich die Leute ernähren. Ab und zu gibt es ein Kilo Maismehl von der Mission für alte Frauen, aber auch von dort ist vorläufig nichts zu erwarten. Lketinga beschließt, am Abend eine Ziege zu schlachten, sobald die Herde nach Hause kommt. Überwältigt von all dem Neuen, verspüre ich noch keinen Hunger.
    Den restlichen Nachmittag verbringen wir in der Manyatta, da sich die Mutter unter dem großen Baum mit anderen Frauen unterhält. Endlich können wir uns lieben. Vorsichtshalber behalte ich meine Kleider an, immerhin ist es Tag und jederzeit kann jemand in die Hütte kommen. Den kurzen Liebesakt vollziehen wir an diesem Nachmittag mehrere Male. Es ist ungewohnt für mich, daß alles immer so schnell vorbei ist und andererseits nach nur kurzer Pause wieder beginnt. Aber es stört mich nicht, ich vermisse nichts. Ich bin glücklich, bei Lketinga zu sein.
    Abends kommen die Ziegen nach Hause und mit ihnen auch Lketingas älterer Bruder, Sagunas Vater. Zwischen ihm und der Mutter entwickelt sich ein heftiges Gespräch, wobei er mich ab und zu wild mustert. Später erkundige ich mich bei Lketinga. Ausführlich versucht er mir zu erzählen, sein Bruder mache sich nur große Sorgen um meine Gesundheit. Es würde sicher nicht lange dauern, bis der District-Chief herkäme und wissen wolle, warum eine weiße Frau in dieser Hütte lebe, das sei doch nicht normal.
    In zwei bis drei Tagen wüßten in der gesamten Region alle Menschen, daß ich hier sei, und würden herkommen. Wenn mir etwas passiere, käme gar die Polizei, und das sei noch nie in der ganzen Geschichte der Leparmorijos, das ist ihr Familienname, vorgekommen. Ich beruhige Lketinga und versichere ihm, daß mit mir und meinem Paß alles in Ordnung sei, falls der Chief käme. Bis jetzt war ich in meinem ganzen Leben noch nie ernsthaft krank. Schließlich gehen wir ja jetzt eine Ziege essen, und ich werde mich bemühen, viel zu verzehren.
    Sobald es dunkel ist, ziehen wir zu dritt los, Lketinga, sein Bruder und ich. Lketinga hat eine Ziege im Schlepptau. Wir gehen etwa einen Kilometer vom Dorf entfernt in den Busch, da Lketinga nicht in der Hütte von Mama essen darf, wenn sie anwesend ist. Mich akzeptiert man notgedrungen, weil ich eine Weiße bin. Was denn Mama und Saguna sowie deren Mutter essen würden, frage ich. Lketinga lacht und erklärt, gewisse Stücke seien für die Frauen und würden nicht von Männern gegessen. Diese und alles, was wir nicht äßen, brächten wir Mama nach Hause. Sie sei, wenn es Fleisch gäbe, bis spät in die Nacht wach, sogar Saguna würde wieder geweckt. Ich bin beruhigt, obwohl ich ständig zweifle, ob ich alles richtig verstehe, denn unsere Verständigung in Englisch, gemischt mit Massai sowie Händen und Füßen, ist immer noch sehr spärlich.
    Endlich sind wir am geeigneten Platz angelangt. Es wird Holz gesucht, und grüne Äste werden von einem Busch geschlagen. Sie werden auf dem sandigen Boden zu einer Art Bett gebüschelt. Dann packt Lketinga die meckernde Ziege an den Vorder- und Hinterbeinen und legt sie seitwärts auf das Grünbett. Sein Bruder hält den Kopf und erstickt das arme Tier, indem er ihm Nase und Mund zudrückt. Es zappelt kurz und heftig und schaut bald starr und reglos in die sternenklare Nacht. Notgedrungen muß ich alles aus nächster Nähe mit ansehen, da ich hier im Dunkeln nicht weggehen kann. Etwas empört frage ich, warum man der Ziege nicht die Kehle durchschneidet, statt sie so grausam zu ersticken. Die Antwort ist kurz. Bei den Samburus darf kein Blut fließen, bevor das Tier tot ist, das sei schon immer so gewesen.
    Jetzt wohne ich zum ersten Mal der Zerlegung eines Tieres bei. Am Hals wird ein Schnitt gemacht, und während der Bruder am Fell zieht, entsteht eine Art Mulde, die sich sofort mit Blut füllt. Angeekelt schaue ich zu und wundere mich, als sich Lketinga tatsächlich über diese Blutlache beugt und mehrere Schlucke daraus schlürft. Sein Bruder macht dasselbe. Ich bin entsetzt, sage jedoch kein Wort. Lachend zeigt Lketinga auf die Öffnung: »Corinne, you like blood, make very strong!« Verneinend schüttle ich den Kopf.
    Dann geht alles recht schnell.

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