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Die Weisse Massai

Die Weisse Massai

Titel: Die Weisse Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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Der Ziege wird das Fell gekonnt abgezogen. Der Kopf und die abgetrennten Füße werden auf das Blätterbett geworfen. Schon folgt der nächste Schock. Der Bauch wird vorsichtig geöffnet, und eine schrecklich stinkende, grüne Masse leert sich über dem Boden aus. Das ist der volle Magen. Mein Appetit ist ganz und gar vergangen. Der Bruder zerteilt weiter, während mein Massai das Feuer geduldig anbläst. Nach einer Stunde ist es soweit, daß man die zerstückelten Fleischteile auf die zu einer Art Pyramide geformten Stecken legen kann. Die Rippen am Stück kommen zuerst darauf, weil sie weniger lange brauchen als die Hinterbeine. Der Kopf und die Füße liegen direkt im Feuer.
    Das Ganze sieht ziemlich grausig aus, doch ich weiß, daß ich mich daran gewöhnen muß. Nach kurzer Zeit werden die Rippen vom Feuer geholt, und nach und nach wird der Rest der Ziege gegrillt. Lketinga schneidet mit seinem Buschmesser eine Hälfte der Rippen ab und streckt sie mir entgegen. Tapfer greife ich zu und knabbere an ihnen. Mit etwas Salz wäre es wahrscheinlich schmackhafter. Während ich Mühe habe, das zähe Fleisch von den Knochen zu beißen, schmatzen Lketinga und sein Bruder geübt und schnell. Die abgenagten Knochen fliegen nach hinten in den Busch, in dem es kurz darauf raschelt. Wer sich die Reste holt, weiß ich nicht. Aber wenn Lketinga bei mir ist, kenne ich keine Angst.
    Die beiden schneiden sich nun schichtweise durch das erste Hinterbein, wobei sie es immer wieder auf das Feuer zurücklegen, um es weiter durchzugrillen. Der Bruder fragt mich, ob es mir schmeckt. Ich antworte: »Oh yes, it’s very good!« und nage weiter. Schließlich muß ich ja auch mal etwas im Magen haben, wenn ich nicht in kurzer Zeit selber ein Knochengestell werden will. Endlich bin ich durch, und meine Zähne schmerzen. Lketinga greift zum Feuer und reicht mir ein ganzes Vorderbein. Fragend schaue ich ihn an: »For me?« »Yes, this is only for you.« Aber mein Magen ist voll. Ich mag einfach nicht mehr. Sie wollen es kaum glauben und meinen, ich sei noch keine richtige Samburu. »You take home and eat tomorrow«, sagt Lketinga gutmütig. Nun sitze ich nur noch da und schaue ihnen zu, wie sie Kilo um Kilo verschlingen.
    Als die beiden endlich satt sind, packen sie die restlichen Ziegenteile mit allen Innereien, Kopf und Füßen in das Fell ein, und wir marschieren zur Manyatta zurück. Ich trage mein »Frühstück« nach Hause. Im Kral herrscht nächtliche Stille. Wir kriechen in unsere Hütte, und Mama erhebt sich sofort von ihrer Schlafstelle. Die Männer geben ihr das übrig gebliebene Fleisch. Sehen kann ich fast nichts außer rötlich schimmernder Glut in der Feuerstelle.
    Der Bruder verläßt uns und bringt Fleisch zur Manyatta seiner Frau. Mama stochert in der Glut und bläst vorsichtig hinein, um das Feuer erneut zu entfachen. Natürlich gelingt es nicht ohne Rauch, und ich huste wieder kräftig. Dann lodert eine Flamme, und es ist hell und gemütlich in der Hütte. Mama macht sich über ein Stück gegrilltes Fleisch her und weckt Saguna. Ich staune, wie dieses kleine Mädchen, aus dem Tiefschlaf gerissen, sich gierig das dargebotene Fleisch schnappt und mit einem Messer kleine Stücke davon direkt neben dem Mund abschneidet.
    Während die beiden essen, kocht das Wasser für den Chai. Lketinga und ich trinken Tee. Mein Ziegenhinterbein hängt über meinem Kopf im Deckengeäst der Hütte. Kaum ist der einzige Topf vom Tee geleert, wirft Mama klein geschnittene Fleischstücke hinein und brät sie knusprig braun. Anschließend füllt sie diese in leere Kalebassen. Ich versuche zu erfahren, was sie macht. Lketinga erklärt, daß sie so das Fleisch mehrere Tage konserviert. Mama werde alle Reste kochen, sonst kämen morgen viele Frauen hierher, mit denen sie teilen müsse, und wir hätten wieder nichts. Der Ziegenkopf, der durch die Asche völlig schwarz ist, soll besonders gut sein, den bewahre sie für morgen auf.
    Das Feuer ist heruntergebrannt, und Lketinga und ich versuchen zu schlafen. Er legt seinen Kopf immer auf ein dreibeiniges, geschnitztes Holzböckchen von etwa zehn Zentimeter Höhe, damit seine langen roten Haare sich nicht verzausen und nicht alles verfärben. In Mombasa hatte er dieses Gestell nicht und band deshalb seine Haare in eine Art Kopftuch. Mir ist es ein Rätsel, wie man mit gestrecktem Kopf auf so etwas Hartem gut schlafen kann. Doch für ihn scheint es kein Problem zu sein, denn er schläft bereits. Mir dagegen

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