Die Weisse Massai
töten, da ich inzwischen jede kenne. Ein Ochse muß auch her. Am Fluß versuche ich, das alte Benzinfaß vom Geruch zu befreien, was nicht so einfach ist. Den ganzen Morgen rolle ich das mit Omo und Sand gefüllte Faß hin und her, bis es einigermaßen sauber ist. Drei Kinder helfen mir, mit Büchsen das Faß mit Wasser zu füllen. Mama steckt den ganzen Tag im Busch und braut Bier, weil das im Dorf verboten ist.
Gegen Abend suche ich die Mission auf, verkünde die Nachricht von unserem Fest und frage um einige Kirchenbänke und Eßgeschirr nach. Pater Giuliani zeigt sich nicht überrascht, weil er es von seiner Angestellten schon vernommen hat, und sichert mir zu, daß ich am Tage unserer Hochzeit die gewünschten Sachen abholen darf. Da ich vor einiger Zeit, als ich meine Benzinfässer einstellen durfte, auch mein Brautkleid bei der Mission deponierte, damit es in der Manyatta nicht schwarz wird, bitte ich ihn, mich in der Mission umziehen zu dürfen. Er ist überrascht über meine Absicht, hier in Weiß zu heiraten, doch er ist einverstanden.
Nur noch zwei Tage, und Lketinga ist immer noch nicht zurück von seiner »Ziegensafari«. Langsam werde ich nervös, mit niemandem kann ich richtig reden, und alle laufen geschäftig hin und her. Gegen Abend erscheinen wenigstens die Schüler, worüber ich mich sehr freue. James ist wegen der bevorstehenden Hochzeit sehr aufgeregt, und ich lasse mir von ihm eine Samburu-Hochzeit erklären.
Normalerweise startet das Fest morgens und zwar damit, daß die Braut in der Hütte beschnitten wird. Ich falle aus allen Wolken. »Why?« will ich wissen. Weil sie sonst keine richtige Frau ist und keine gesunden Kinder bekommt, antwortet der sonst so aufgeklärte James mit großem Ernst. Bevor ich mich recht erholen kann, betritt Lketinga die Hütte. Er strahlt mich an, und ich freue mich, daß er wieder da ist. Vier große Ziegen hat er mitgebracht, was nicht einfach war, weil sie immer wieder zu ihrer Ursprungsherde zurück wollten.
Nach dem üblichen Chai verlassen uns die Burschen, und ich kann Lketinga endlich fragen, was es mit der Beschneidung auf sich hat, und sage mit Bestimmtheit, daß ich alles mitmache, aber das auf keinen Fall. Er schaut mich ruhig an. »Why not, Corinne? All ladies here make this.« Nun werde ich starr wie eine Salzsäule und will ihm gerade klarmachen, daß ich unter diesen Umständen bei aller Liebe auf eine Heirat verzichten werde, als er mich in seine Arme nimmt und mich beruhigt: »No problem, my wife, I have told to everybody, white people have this«, dabei zeigt er zwischen meine Beine, »cut, when they are babies.« Zweifelnd schaue ich ihn an, doch als er mir liebevoll auf den Bauch klopft und fragt: »How is my baby?« falle ich ihm erleichtert um den Hals. Später erfahre ich, daß er dieses Märchen sogar seiner Mutter erzählt hat. Daß er mich vor diesem Brauch gerettet hat, rechne ich ihm hoch an.
Einen Tag vor unserer Hochzeit kommen die ersten Gäste von weit her und verteilen sich in den umliegenden Manyattas. Mein Darling holt bei seinem Halbbruder den Ochsen ab, was den ganzen Tag beanspruchen wird. Ich fahre mit den Boys in den Busch, um genügend Feuerholz zu schlagen. Bis wir den Wagen voll Brennholz haben, müssen wir viel herumfahren. Die Burschen sind sehr tüchtig. Gegen Abend fahren wir zum Fluß und füllen das Faß sowie alle verfügbaren Kanister mit Wasser. Auf dem Heimweg bitte ich James, er möge im Chai-Restaurant Mandazi, die kleinen Brotfladen, für morgen bestellen. Während ich im Wagen warte, kommt der jüngste Ladenbesitzer, ein sympathischer Somali, zu mir und gratuliert zur morgigen Hochzeit.
In der Nacht vor unserer Hochzeit schlafen wir das letzte Mal in Mamas Behausung. Zwar ist unsere Manyatta schon fertig, aber ich wollte erst am Hochzeitstag umziehen, weil Lketinga die vergangenen Tage viel unterwegs war und ich nicht allein in der neuen Hütte schlafen mochte.
Wir wachen früh auf, ich bin sehr nervös. Ich gehe zum Fluß hinunter, um mich und meine Haare zu waschen. Lketinga fährt mit den Burschen zur Mission und holt Bänke und Geschirr ab. Als ich zurückkomme, herrscht schon lebhaftes Treiben. Die Bänke stehen unter dem schattigen Baum. Lketingas älterer Bruder kocht Tee in einem riesigen Topf. Nun fährt Lketinga auch zum River, um sich zu schmücken. Wir verabreden uns eine Stunde später bei der Mission. In der Mission ziehe ich mein Hochzeitskleid mit dem passenden Schmuck an. Giulianis
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