Die Weisse Massai
Zuckersäcken hervor. Mein Helfer plaziert den Wagenheber, und nach einer halben Stunde ist der Schaden behoben. Ausnahmsweise habe ich nichts zu tun, sitze in der prallen Sonne und rauche eine Zigarette. Wir setzen unsere Fahrt fort und erreichen Barsaloi im Laufe des Nachmittags.
Wir parken neben dem Laden, und ich will gerade aussteigen, als mein Mann mit bösem Blick auf mich zukommt. Er steht vor der Wagentür und schüttelt den Kopf: »Corinne, what is wrong with you? Why you come late?« Ich berichte, doch er wehrt, ohne zuzuhören, verächtlich ab und fragt statt dessen, mit wem ich die Nacht in Maralal verbracht habe. Jetzt packt mich die Wut. Wir sind knapp mit dem Leben davongekommen, und mein Mann glaubt, ich hätte ihn betrogen! Daß er so reagieren würde, hätte ich mir niemals vorstellen können.
Die Burschen kommen mir zu Hilfe und schildern die Fahrt. Er kriecht unter den Wagen und begutachtet das Kabel. Als er verschmiertes Bremsöl entdeckt, gibt er sich zufrieden. Doch meine Enttäuschung sitzt tief, und ich beschließe, in meine Hütte zu gehen. Die sollen selber sehen, wie sie zurechtkommen, schließlich ist James jetzt auch da. Mama und Saguna begrüße ich flüchtig, dann ziehe ich mich zurück und weine vor Erschöpfung und Enttäuschung.
Gegen Abend beginne ich zu frieren. Ich messe dem keine große Bedeutung bei und koche Chai. Lketinga kommt und nimmt sich Tee. Wir reden nicht viel. Spät abends bricht er auf, um einen weit entfernten Kral zu besuchen und die restlichen Ziegen von der Hochzeit abzuholen. In etwa zwei Tagen sei er zurück. Er wickelt seine rote Decke um die Schultern, schnappt seine beiden Speere und verläßt ohne große Worte die Manyatta. Ich höre ihn kurz mit Mama sprechen, dann ist alles ruhig bis auf Babygeschrei in einer benachbarten Hütte.
Mein Zustand verschlechtert sich. In der Nacht packt mich die Angst. Ist das vielleicht wieder eine Malaria-Attacke? Ich krame meine Fansidar-Tabletten hervor und lese alles genau durch. Drei Tabletten auf einmal bei Verdacht, doch bei Schwangerschaft einen Arzt aufsuchen. Oh Gott, auf keinen Fall will ich mein Baby verlieren, was bei Malaria bis zum sechsten Monat allerdings leicht passieren kann. Ich entschließe mich, die drei Tabletten zu nehmen, und lege Holz ins Feuer, damit mir etwas wärmer wird.
Am Morgen erwache ich erst, als ich draußen Stimmen höre. Ich krieche aus der Hütte, und das volle Sonnenlicht blendet mich. Es ist fast halb neun. Mama sitzt vor ihrer Hütte und schaut mich lachend an. »Supa Corinne«, ertönt es aus ihrer Richtung. »Supa Mama«, gebe ich zurück und marschiere in den Busch, um meine Notdurft zu verrichten.
Ich fühle mich schlapp und ausgelaugt. Als ich zurück zur Manyatta komme, stehen schon vier Frauen da und fragen nach dem Shop. »Corinne, tuka«, höre ich Mama rufen, ich soll den Laden öffnen. »Ndjo, ja, later!« gebe ich zur Antwort. Verständlicherweise wollen alle den Zucker haben, den ich gestern gebracht habe. Eine halbe Stunde später schleppe ich mich zum Shop.
Es warten sicher zwanzig Personen, doch Anna ist nicht dabei. Ich öffne, und sofort geht das Geschnatter los. Jede will die erste sein. Ich bediene mechanisch. Wo bleibt Anna? Mein Helfer läßt sich ebenfalls nicht blicken, und wo die Burschen sind, weiß ich auch nicht. Während des Bedienens spüre ich einen heftigen Drang zur Toilette. Ich greife zum Toilettenpapier und stürme zum WC-Häuschen. Ich habe bereits Durchfall. Nun bin ich total im Streß. Der Laden ist voller Menschen. Die Kasse ist eine offene Schachtel und für jeden, der hinter die Theke kommt, zugänglich. Kraftlos kehre ich zu den schwatzenden Frauen zurück. Der Durchfall zwingt mich mehrmals auf die Toilette.
Anna hat mich im Stich gelassen, sie ist nicht gekommen. Bisher ist nicht ein bekanntes Gesicht aufgetaucht, dem ich nur halbwegs meine Situation auf Englisch erklären und um Hilfe bitten kann. Nach dem Mittag kann ich mich kaum mehr auf den Beinen halten.
Endlich erscheint die Frau des Lehrers. Ich schicke sie zu Mama, um nachzuschauen, ob die Burschen zu Hause sind. Zum Glück erscheint James mit jenem Burschen, der damals in meinem Lodging übernachtet hatte. Sie sind sofort bereit, den Laden zu führen, damit ich nach Hause kann. Mama schaut mich überrascht an und fragt, was los sei. Doch wie soll ich ihr antworten? Ich zucke mit den Schultern und sage: »Maybe Malaria.« Sie schaut mich erschrocken an und faßt sich an
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