Die Weisse Massai
den Bauch. Ich verstehe die Bedeutung, bin aber selbst ratlos und traurig. Sie kommt in meine Manyatta und kocht für mich schwarzen Tee, denn Milch sei nicht gut. Während sie auf das kochende Wasser wartet, spricht sie unaufhörlich zu Enkai. Mama betet für mich auf ihre Weise. Ich habe sie wirklich sehr gern, wie sie so dasitzt, mit ihren langen Brüsten und dem schmutzigen Rock. In diesem Moment bin ich froh, daß mein Mann eine so liebe, fürsorgliche Mutter hat, und möchte sie nicht enttäuschen.
Als unsere Ziegen nach Hause kommen, schaut der ältere Bruder besorgt zu mir herein und versucht, auf Suaheli eine Unterhaltung zu beginnen. Doch ich bin zu müde und schlafe dauernd ein. Mitten in der Nacht erwache ich schweißgebadet, als ich Schritte und das Einstecken von Speeren neben unserer Hütte vernehme. Mein Herz klopft wild, als das bekannte Grunzgeräusch ertönt und kurz darauf eine Gestalt in der Hütte erscheint. Es ist so dunkel, daß ich nichts erkenne. »Darling?« frage ich hoffnungsvoll in die Dunkelheit. »Yes, Corinne, no problem«, ertönt die vertraute Stimme meines Mannes. Ein Stein fällt mir vom Herzen. Ich erkläre meinen Zustand, und er ist sehr besorgt. Da ich bis jetzt keinen Schüttelfrost hatte, habe ich immer noch die Hoffnung, daß sich durch die sofortige Einnahme von Fansidar mein Zustand normalisiert.
Die folgenden Tage bleibe ich zu Hause, und Lketinga und die Boys betreiben den Laden. Langsam erhole ich mich, da auch der Durchfall nach drei Tagen ein Ende hat. Nach einer Woche Herumliegen habe ich es satt und gehe nachmittags arbeiten. Doch der Laden sieht schlimm aus. Es wurde kaum geputzt, und alles ist voller Maismehlstaub. Die Regale sind fast leer. Die vier Zuckersäcke sind längst verkauft, und Mais gibt es gerade noch anderthalb Säcke. Das heißt, wir müssen wieder eine Fahrt nach Maralal starten. Wir planen sie in der folgenden Woche, da für die Jungen die kurzen Ferien ohnehin dann zu Ende sind und ich einige von ihnen gut nach Maralal mitnehmen kann.
Im Shop ist es ruhig. Sobald die Grundnahrungsmittel fehlen, bleiben die Kunden von weit her aus. Ich gehe Anna besuchen. Als ich zu ihrem Häuschen komme, liegt sie auf ihrem Bett. Auf die Frage, was mit ihr los sei, will sie zuerst keine Antwort geben. Mit der Zeit kriege ich heraus, daß auch sie schwanger ist. Sie sei erst im dritten Monat, hatte aber vor kurzem Blutungen und ist deswegen von der Arbeit ferngeblieben. Wir vereinbaren, daß sie wiederkommt, wenn die Burschen weg sind.
Der Schulbeginn rückt näher, und wir brechen auf. Diesmal bleibt der Laden geschlossen. Nach drei Tagen können wir den vollen Lastwagen nach Barsaloi losschicken, unser Helfer begleitet ihn. Lketinga fährt mit mir durch den Dschungel. Glücklicherweise verläuft die Fahrt problemlos. Wir erwarten den Laster kurz vor Dunkelheit. Doch statt des Lasters kommen zwei Krieger und erzählen uns, der Lori stecke im letzten Flußbett fest. Wir fahren mit unserem Wagen die kurze Strecke und sehen uns die Bescherung an. In dem ausgetrockneten, breiten Fluß ist er kurz vor dem Ufer mit dem linken Rad im Sand abgesackt. Durch das lange Spulen hat es sich in den lockeren Sand gegraben.
Es stehen schon einige Leute am Ort der Misere, und zum Teil wurden bereits Steine und Äste untergelegt. Der Laster neigt sich durch das hohe Gewicht immer schräger, und der Fahrer erklärt, es nütze alles nichts mehr, es müsse hier abgeladen werden. Ich bin nicht sehr erfreut über diesen Vorschlag und möchte Pater Giuliani um Rat fragen. Giuliani ist nicht gerade begeistert bei meinem Auftauchen, da er bereits weiß, was geschehen ist. Dennoch steigt er in seinen Wagen und kommt mit.
Er probiert es mit einer Seilwinde, aber unsere Vierrad-Wagen schaffen es nicht, den Laster herauszumanövrieren. Nun müssen die hundert Doppelzentner-Säcke in unsere Wagen umgeladen werden. Wir können jeweils acht Säcke laden. Fünfmal fährt Giuliani, dann kehrt er genervt in die Mission zurück. Ich fahre noch siebenmal, bis wir alles im Shop haben. Indessen ist es Nacht geworden, und ich bin am Ende meiner Kräfte. Im Shop herrscht ein unvorstellbares Durcheinander, doch wir machen Feierabend und räumen erst am nächsten Morgen die Waren ein.
Häufig werden uns Ziegen- oder Kuhfelle zum Ankauf angeboten. Bis jetzt habe ich stets abgelehnt, aber die Frauen sind nicht zufrieden damit und verlassen zum Teil schimpfend den Laden, um die Felle bei den Somalis
Weitere Kostenlose Bücher