Die Weiße Ordnung
Schramme quer über dem linken Arm des Mannes erkennen. Der Einzelkämpfer atmete schwer, hielt jedoch weiterhin seine eigenartige Klinge in Kampfstellung.
Wieder ging ein Feuerstrahl vom Weißen Magier aus und wurde vom blonden Reiter pariert, und noch einer. Nach dem dritten Feuerblitz konnte der Flüchtling kaum mehr das Schwert heben.
Cerryl hatte den Befehl des Offiziers nicht gehört, aber nun flogen die Pfeile wieder auf den Blonden. Der erste Pfeil traf ihn im Arm. Ein zweiter verfehlte sein Ziel, wie auch der dritte. Der blonde Mann warf sich zur Seite und rutschte auf der Kiesstraße aus.
Im Fall schleuderte er sein Schwert von sich. Es blitzte weiß und golden, während es durch die Luft wirbelte und im Gestrüpp am Wiesenrand landete.
Zwei Feuergarben zuckten hintereinander aus den Händen des Weißen Magiers und explodierten über dem Körper des gefallenen Mannes; eine Flammensäule stieg auf.
Als die Flammen verschwunden waren, blieb nur ein sternförmiger Fleck verbrannten Bodens zurück – kein Körper, keine Asche, nur ein seltsam geformter Stern aus Ruß; Ruß und der Gestank von verbranntem Menschenfleisch.
Cerryl lehnte sich an den Türpfosten und schluckte schwer, um das Würgegefühl in seinem Hals zu vertreiben. Als er sich wieder im Griff hatte, waren die dröhnenden Hufschläge bereits verklungen und der Weg leer. Selbst der Staub über der Straße nach Lydiar legte sich bereits wieder.
Langsam schob er die Schuppentür auf, nur so weit, dass er hinausschlüpfen konnte. Dann betrachtete er den Weg und die Straße. Die Lanzenreiter und der Weiße Magier waren wirklich schon auf dem Rückweg nach Lydiar.
Zögernd ging er den Weg entlang, er mied den sternförmigen Rußfleck und kam zu dem Gestrüpp, in das der Tote die Klinge geworfen hatte. Das Glitzern schmerzte in den Augen, zwang ihn förmlich, den Blick abzuwenden.
Er kämpfte gegen dieses Gefühl an und folgte dem Blinken ins tiefere Gras. Behutsam berührte er das Schwert und hob es auf, das Heft war aus Bronze und mit einem seidenähnlichen Stoff umwickelt.
Cerryl betrachtete die Klinge, es war weder eine Eisen- noch eine Stahlklinge und auch nicht aus einem ähnlichen Material, sie glich mehr dem Messer, das er von seinem Vater geerbt hatte.
Das Geräusch von Schritten auf der Straße ließ ihn aufschrecken und er versteckte die Klinge hinter seinem Rücken, als er sich umdrehte.
Brental lächelte. »Du musst diese Klinge nicht verstecken, Cerryl. Wir hatten wohl den gleichen Gedanken. Du hast sie gefunden und sie soll dir gehören. Darf ich sie sehen?«
Nach einem Augenblick des Zögerns holte Cerryl das Schwert hervor und sah über Brentals Schulter. Dylert kam den Weg vom Schuppen herunter.
Brental nahm die Klinge und kniff die Augen zusammen. »Ich kann sie kaum erkennen. Die Klinge drängt den Blick förmlich zur Seite.« Er schüttelte sich und gab das Schwert schnell wieder an Cerryl zurück. »Sie gehört dir, wenn du sie haben willst.«
Cerryl nahm die Klinge entgegen.
Dylert nickte, so als wäre er damit einverstanden, dass sie nun Cerryl gehörte.
Brental sah an Cerryl vorbei zur Straße nach Lydiar, bevor er sprach: »Hast du den Feuerstrahl gesehen? Die Flammen, die der arme Kerl geworfen hat? Ziemlich schwache Chaos-Flamme, würde ich sagen.«
»Chaos-Flamme?«, platzte Cerryl heraus.
»Ja, ja«, antwortete Dylert. »Der Bursche mit der Klinge, das war ein abtrünniger Weißer – einer, der ihre Regeln nicht befolgte. Sie sind streng mit dem Chaos und seinem Gebrauch.« Er warf Cerryl einen ernsten Blick zu. »Habe einige gesehen über all die Jahre. Ein Mann mit der Begabung, der die Regeln nicht anerkennt, steht nicht unter ihrem Schutz; die Weißen Magier, sie töten und richten auch ihre eigenen Leute zu Grunde … und das sind noch die Glücklichen.« Bedächtig schüttelte er den Kopf. »Auf ihre eigene Weise handeln sie anständig, anständiger als so mancher Herzog. Aber jeder, der zu ihnen gehört, sollte sich anstrengen, auf der guten Seite zu bleiben. Ja, das sollte er.«
Die gute Seite? Gab es denn eine? Wieder tauchten neue Fragen für Cerryl auf.
»Bin ich froh, dass ich nur ein Mühlenarbeiter bin«, sagte Brental und lachte nervös.
Cerryl zwang sich dazu, nicht auf die Klinge in seiner Hand zu starren. Das Schwert fühlte sich irgendwie gut an, löste gleichzeitig aber auch Unbehagen aus.
»Nun …«, brach Dylert das Schweigen und blickte nach Westen, wo die Sonne schon tief
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