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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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mehr als zwei Ellen und einer Spanne können wir auch nicht sägen …«
    Cerryl nickte. Das erklärte, warum in Dylerts Wäldern nur wenige Bäume mit einem Durchmesser von mehr als drei Ellen standen.
    »… die alten Bäume brauchen wir, um den Wald zu verankern«, fuhr der Sägemeister fort. »Ganz gleich was sie in Lydiar verlangen, ich fälle nur das Holz, das reif ist zum Fällen.« Er zuckte mit den Schultern. »Was soll aus Brentals Kindern werden, wenn es keine Bäume mehr gibt?«
    »Deshalb haben wir Stechkiefern gepflanzt. Sie wachsen schneller und vielen Kunden ist es egal, wie viele Jahre ihre Balken halten, solange sie nicht viel Geld dafür hinlegen müssen.«
    »Manche glauben auch, dass sie sowieso nicht mehr leben werden, wenn das Dach oder der Fußboden einbricht«, fügte Brental mit einem bitteren Lachen hinzu.
    »Sägemeister, das Gespann ist bereit«, rief Rinfur.
    »Dann lasst uns fahren.« Dylert sprang auf den Kutschbock neben den Fuhrmann. Viental machte es sich auf den Holzstämmen auf der Ladefläche bequem.
    Brental sah Cerryl an und schüttelte den Kopf. »Nur Narren und Verrückte reiten auf den Stämmen.«
    »Die Narren sind die, die zu Fuß gehen, wenn sie auch fahren können«, witzelte Viental.
    »Bis der Reiter nicht mehr laufen kann«, murmelte Brental leise.
    Cerryl betrachtete das Holz, aber er konnte kein Anzeichen der rötlichen Weiße entdecken, die ihn bisher immer gewarnt hatte, wenn etwas unter Spannung stand oder kurz vor dem Zusammenbrechen war. Der Wagen schien sich unter der Last der Kiefernstämme lediglich etwas durchzubiegen.
    »Weniger als die Hälfte würde draufpassen, wären die Stämme aus Eichenholz«, bemerkte Brental, der sich anstrengte, um dicht hinter dem Wagen zu bleiben. »Und noch weniger, wenn es Schwarzeiche oder Lorkenholz wäre.«
    Cerryl musste sich sputen, wenn er mit dem Rotschopf Schritt halten wollte.
    »Du bist so still, junger Cerryl«, sagte Brental. Er blickte den Jungen von der Seite an, als sie zusammen hinter dem Wagen den Hügel hinuntergingen. Dylert unterhielt sich leise mit Rinfur und Viental kauerte auf den Stämmen; er lachte bei jedem Schaukeln des Wagens auf dem furchigen Waldweg.
    »Ich bin bereits ein wenig müde«, antwortete Cerryl vorsichtig.
    »Du hörst dich an wie Erhana, mit ihrer feinen Ausdrucksweise«, meinte Brental und grinste.
    In Cerryls Innerem krampfte sich alles zusammen, aber er antwortete nicht darauf.
    »Cerryl … ich hab es nicht böse gemeint.«
    Vor ihnen wurde der Langholzwagen langsamer und holperte laut, als Rinfur ihn durch eine Senke im Waldweg lenkte.
    »Entschuldige«, entgegnete Cerryl sanft. »Ich weiß, dass du es nicht böse gemeint hast.«
    »Weißt du, Cerryl, dass die Leute Papa für reich halten, reicher als die meisten Händler in Lydiar? Und er spricht nicht einmal ihre feine Sprache und trägt keine Umhänge aus Samt, ja nicht einmal Leinenanzüge …« Brental hielt inne. »Er – Papa meine ich – hielt deinen Onkel für einen guten Mann. Das heißt viel bei Papa, denn das sagt er nicht über viele.«
    »Ich weiß. Er ist immer gut zu mir gewesen und dafür bin ich sehr dankbar.«
    »Du warst schon vom ersten Tag an dankbar, das wissen wir alle, aber das meine ich nicht.« Brental schüttelte den Kopf. »Eine feine Ausdrucksweise sagt nichts aus über einen Menschen. Du arbeitest hart und das macht dich aus, nicht deine Sprache.«
    Cerryl nickte. »Hier trifft das zu, aber Onkel … Syodor sagte immer, dass die Menschen draußen in der Welt einen nach der Kleidung und der Sprache beurteilen.«
    »Willst du uns denn verlassen?«
    »Ich wüsste nicht, wo ich hin sollte.« Cerryl wischte sich den Schweiß ab, damit er ihm nicht in die Augen lief, und versuchte nicht zu humpeln, obwohl jeder Muskel in seinen Beinen schmerzte.
    Brental legte die Stirn in Falten.
    Der Wagen ächzte in einer scharfen Kurve. Sie passierten eine Stelle, an der Eichen und Ahornbäume wuchsen, die nicht viel höher waren als die Pferde.
    »Kann es denn schaden, Erhana zuzuhören und zu versuchen, sich besser auszudrücken?«, fragte Cerryl.
    »Nein …«, antwortete Brental lächelnd, »nicht, solange du ordentlich arbeitest. Papa und ich, wir messen dich an deiner Arbeit und nicht an deiner Sprache.«
    Cerryl brachte ein Lächeln zu Stande.

 
XX
     
    D er Handkarren quietschte, als Cerryl die Wagenladung Goldeichenbretter zu dem grün gestrichenen Wagen schob, der vor dem Mühlentor stand. Er hätte am

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