Die Weiße Ordnung
dem einzelnen Pferd mit Reiter.
Der Reiter winkte ihnen zu. »Ihr zwei. Einer von euch – ihr … ihr müsst mir helfen!« Er gab dem Pferd die Sporen, das Ross ging noch einige Schritte und dann schienen seine Beine nachzugeben. Der Reiter sprang halb vom Pferd, halb fiel er, dann stolperte er und stürzte auf die staubige Straße.
»Cerryl – es gibt Ärger«, murmelte Dylert. »Hilf mir das Mühlentor zu schließen, schnell.«
Cerryl rannte zum Tor und schob, während Dylert zog. Als die lange Schiebetür bis auf eine Elle geschlossen war, winkte Dylert Cerryl zu. »Cerryl! Beeil dich, schließ die Tür des zweiten Schuppens und bleib drin! Du bleibst drin, was auch geschieht. Verstanden?«
»Ja, Ser.« Cerryl nickte und rannte über den Weg zum zweiten Schuppen. Er warf noch einen Blick über die Schulter zurück.
Der Reiter stand auf und sah sich nach den näher kommenden Lanzenreitern um.
Cerryl zerrte an der Schuppentür, die kleiner war als die in der Mühle, bis sie fast geschlossen war, und schlüpfte hinein. Seine Augen wanderten zur Mühle, deren Tor nun verschlossen war, und dann zurück zu dem Straßenabschnitt, den er von seinem Versteck aus sehen konnte. Doch mehr als der Reiter, der nun mit gezogenem Schwert auf die Mühle zuging, war nicht zu erkennen.
Der Junge presste die Lippen aufeinander und zog die Tür ein Stück weiter zu. Er ließ einen winzigen Spalt zwischen dem massiven Türpfosten und der Tür selbst offen, so schmal, dass niemand ihn sehen konnte, der nicht unmittelbar davor stand. Von dort aus beobachtete er das Geschehen.
Der staubige Reiter schleppte sich den Hügel hinauf, bewegte sich mit seiner glänzenden Klinge entschlossen in Richtung Mühle. Seine Augen hefteten sich auf den Schuppen und Cerryl glaubte zu fühlen, dass der Reiter ihn suchte.
Der Mann schleppte sich näher zur Mühle, weniger als zweihundert Ellen trennten ihn noch von Cerryls Versteck. Er trug sein Schwert am Gürtel und nicht in einem Schultergeschirr, wie die dämonischen Frauen es getan hatten und vermutlich auch die Söldner. Seine ärmellose Tunika war verstaubt und verdreckt, ebenso das edle Seidenhemd darunter. Und selbst aus der Ferne konnte Cerryl sehen – oder fühlen –, dass das Gesicht des Flüchtenden gerötet war und dass ein schwaches weißes Glühen ihn umgab, ähnlich dem Glühen, das die Bücher von Cerryls Vater umhüllte.
Die Augen des Gejagten suchten die Gebäude ab und blieben am zweiten Schuppen hängen. Der Reiter drehte sich plötzlich um, als die dröhnenden Hufe näher kamen, näher und näher, bis eine Einheit Lanzenreiter auftauchte, nur noch etwa hundert Ellen von dem Mann entfernt.
Alle Reiter trugen die blauen Umformen Lydiars, nur einer nicht, er ritt neben dem Offizier der Truppe. Diese Ausnahme war von oben bis unten in Weiß gekleidet: ein Weißer Magier.
Cerryl schauderte, wandte aber den Blick nicht ab.
Der Offizier gab ein Zeichen und die Lanzenreiter hielten die Pferde an. Drei Kämpfer trugen gespannte Bogen, sie ritten an der Spitze der Kolonne und holten mit einer Gewandtheit die Pfeile aus den Köchern, die auf eine lange Erfahrung schließen ließ.
Der Flüchtling richtete sich auf, um den Bogenschützen entgegenzutreten. Er hob eine Hand und ein kleiner Feuerstrahl aus seinen Fingerspitzen flog in hohem Bogen zu den Lanzenreitern.
Cerryl hielt den Atem an, als das Feuer den lydischen Reitern entgegenloderte; niemand bewegte sich mehr.
Der Weiße Magier nickte und gleichzeitig zerfiel der Feuerstrahl und landete kurz vor den Reitern auf dem Boden. Ein Büschel braunes Gras verbrannte zu Asche.
Für einen Augenblick sackten die Schultern des blonden Mannes zusammen; dann richtete er sich wieder auf und reckte sein Schwert gen Himmel. Das Metall glitzerte, als würden die Feuer der Sonne darin brennen, auch als er es nur noch auf Brusthöhe hielt. Er bot den Lanzenreitern mutig die Stirn, bewegte sich nicht von der Stelle.
Der Offizier erteilte schnell einen Befehl und die Bogenschützen legten die eingekerbten Pfeile an.
Die Klinge des Flüchtigen blitzte nur kurz auf und unversehrt stand er da, zwei zerbrochene Pfeile zu seinen Füßen, beide verkohlt und unbrauchbar.
Verblüfft blickte der Offizier den Weißen Magier an. Diesmal erhob der Magier seine Hand und eine größere Feuergarbe loderte dem Blonden entgegen.
Wieder zuckte die goldene Klinge durch die Luft und Funken sprühten um den einsamen Reiter. Cerryl konnte eine schwarze
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