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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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schrieben die Weißen Magier über solche Dinge? Wo befanden sich die Bücher, die vom Umgang mit Chaos berichteten? Oder Ordnung? Die Sterne mochten ja weit entfernt sein, so weit weg, dass die alten Engel eine Ewigkeit reisen mussten, aber diese Bücher würden ihm nicht bei der Beherrschung des Chaos helfen. Er atmete tief durch, dann noch einmal; erst danach tauchte er die Feder erneut in die Eisengallustinte und schrieb die nächste Zeile der Vorlage … und dann die nächste.
    Er schrieb zwei Seiten und kratzte dann zwei Zeilen auf dem Palimpsest weg, dann fing er mit den nächsten zwei Seiten von der Wissenschaft des Himmels an.
     
    … und da sich die Sterne in so großer Entfernung zur Sonne befinden, gelangen die Feuer des Chaos von der Sonne nicht bis zu ihnen. Deshalb müssen sie ihre eigenen Chaos-Quellen besitzen, die als Lichtpunkte am nächtlichen Himmel leuchten …
     
    »Du siehst doch gar nichts.« Benthann steckte den Kopf ins Arbeitszimmer. »Es wird heute gar nicht richtig hell draußen und hier drinnen ist es dunkel wie in einer Höhle. Du hast nicht einmal eine Kerze angezündet.«
    Cerryl sah auf und bemerkte jetzt erst, dass es im Arbeitsraum völlig dunkel war. Irgendwie hatte er die Dunkelheit gar nicht bemerkt. »Habe gar nicht gemerkt …«
    »So ein eifriger Lehrling. Du sparst Tellis auch noch die Kosten für Kerzen und Lampenöl. Weißt du, wo er sein könnte?«
    Cerryl hob die Feder vom Pergament. »Er sagte, er ginge zu Nivor, dem Apotheker.«
    »Natürlich, das fällt ihm immer ein, kurz bevor der erste Schnee fällt. Geht es wieder um die Mischung der Tinte?«
    »Das hat er nicht gesagt, Benthann.« Cerryl sprach sie mit dem Namen an, weil sie nicht viel älter war als er; und doch schlief sie schon mit Tellis, war aber nicht seine Gemahlin. Er fragte sich, ob Tellis je eine Gemahlin gehabt hatte.
    »Dem Licht sei Dank, dass er nicht bei Arkos ist. Sollte es ihm einfallen, nach mir zu fragen, ich bin auf dem Händlermarkt. Bevor es zu schneien anfängt.« Sie warf den Kopf zurück und schüttelte dabei die kurzen blonden Haare, dann ging sie hinaus auf die Straße und ließ die Tür angelehnt.
    Cerryl stellte den Federkiel in den Halter und ging hinaus, um die Tür zu schließen. Er blieb kurz an der Haustür stehen, während seine Hand auf der Messingklinke ruhte, und sah den Schneeflocken zu, die durch den grauen Tag tanzten und angestrengt auf den leichten Windböen dahinschwebten, als wollten sie die gebleichten Granitsteine der Straße nicht berühren.
    Benthann war schon nicht mehr zu sehen und Cerryl fröstelte im kalten Wind. Er schloss die Tür und ging zurück an seinen Tisch. Er zögerte, die Kerzen mit dem Zündstein anzuzünden. Doch er wollte niemandes Aufmerksamkeit auf seine Fähigkeit ziehen, im Dunkeln sehen zu können.
    Bevor er sich wieder setzte, wischte er die Feder mit einem Lappen ab, vorsichtig und genau im Winkel der Spitze, dann tauchte er sie in die Tinte und versuchte, nicht nur zu sehen, wie viel Tinte in den Schaft gezogen wurde, sondern es auch zu fühlen.
    Die Eisengallustinte fühlte sich irgendwie an wie das große Sägeblatt. Er nickte. Beides bestand aus Eisen und für ihn fühlte sich Eisen seltsam an, zwar nicht bedrohlich, aber doch wie etwas, vor dem man sich in Acht nehmen musste, obgleich er auch nicht wusste, warum dem so war. Er war kein Magier, nicht einmal annähernd.

 
XXX
     
    C erryl saugte den Rest des Eintopfes mit dem Schwarzbrot aus dem Teller, dann nahm er noch einen Schluck Wasser aus seinem angeschlagenen braunen Steinhumpen. In der Kälte des Spätwinters wärmte ihn das Mittagessen wieder ein wenig auf. Er hatte es nicht eilig, ins Arbeitszimmer zurückzukehren, das nur indirekt durch den Küchenherd beheizt wurde, jedenfalls so lange nicht, bis sich seine Finger wieder etwas erwärmt hatten.
    »Ah, ein guter Eintopf«, lobte Tellis und streckte sich.
    »Alles, was ich koche, ist gut, Meister Tellis.« Beryal lächelte, sie saß Cerryl gegenüber. »Der nächste wird aber nicht so gut.«
    »Das stimmt wirklich«, bestätigte Benthann. »Ich habe mich nie über deine Kochkünste beschwert, Mutter.« Sie zog die linke Augenbraue so weit hoch, dass Cerryl am liebsten gelacht hätte.
    »Darüber wollen wir doch nicht streiten«, mischte sich Tellis eilig ein, dann fügte er hinzu: »Warum wird der nächste nicht so gut?«
    »Keine Gewürze mehr – die paar Pfefferkörner, die ich noch habe, würzen keinen Bissen mehr;

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