Die Weiße Ordnung
und geölt hatte.
Er legte den runden Kanaldeckel wieder auf die Öffnung, deren Durchmesser etwa eine halbe Elle maß. Vom Geräuschpegel her könnte man auf eine große Kloake schließen. Cerryl sah noch einmal den Steindeckel an. Warum war dieser so klein? Wieder ein Rätsel, wenn auch nur ein weniger wichtiges, über das es sich kaum nachzudenken lohnte.
Er ging zurück in seine Kammer und hängte den Wascheimer wieder an den Haken neben der Tür. Ohne Jacke lief er über den kleinen Hof in den Hauptraum, der vom Küchenherd beheizt wurde. In der wohligen Wärme nahm er auf der Bank Platz.
»Hast ganz schön lange gebraucht.« Beryal legte zwei Scheiben Brot, die in irgendetwas gebraten waren, auf seinen Teller.
Verdutzt starrte er auf dieses seltsam gebratene Brot.
»Noch nie geröstetes Brot mit Ei gesehen?«
»Nein, Ser.«
»Beryal beherrscht ihre Kunst hervorragend«, verkündete Tellis und setzte sich auf den Stuhl am Ende des Tisches. »Das beste Brot mit Ei in ganz Fairhaven.«
»Euch geht es wohl gut heute Morgen?«, bemerkte Beryal, die am Ofen stand und noch mehr von dem schweren Brot briet.
»In der Tat ist es ein guter Morgen, ein wenig kühl zwar, aber die Winter hier sind mild im Vergleich zu denen in der Ebene von Jellico.« Tellis gähnte.
»Männer.« Beryal grinste.
Cerryl sah sich im Wohnraum um. Benthann? Wenn er so darüber nachdachte, hatte er sie noch nie am Frühstückstisch gesehen.
»Nach Ihrer Majestät brauchst du dich gar nicht umzusehen«, raunzte Beryal. »Vor Mittag steht sie selten auf.«
Cerryl unterdrückte ein verlegenes Husten. Für eine Mutter war Beryal nicht gerade warmherzig zu ihrer Tochter. Nall oder Syodor hatten ihn nie so kalt behandelt und er war nicht einmal ihr richtiger Sohn gewesen. Auch Dylert war nie so hart gewesen, auch nicht als Brental einmal fast das große Sägeblatt mit einem Lorkenstamm zerstört hatte, dessen Kernholz völlig verhärtet war.
Tellis hustete laut.
»Hustet und schnaubt nicht über mich, Meister Tellis. Ich koche und putze und mache alles im Haushalt, wie Ihr es wünscht, aber sagen darf ich ja wohl, was ich will.« Das Brutzeln in der Pfanne unterstrich Beryals Worte und sie betonte sie noch einmal, indem sie den Steingutteller mit dem gebräunten Brot vor Tellis auf den Tisch knallte.
Cerryl starrte betreten auf seinen Teller und sah nur auf, wenn er nach seinem Becher mit kühlem Wasser griff.
»Ich weiß nicht, warum ich euch zwei noch immer hier behalte«, murmelte Tellis.
»Wir wissen es schon und es gibt keinen Grund, darüber noch ein Wort zu verlieren«, antwortete Beryal, die schon wieder am Herd stand, um ihre eigenen Frühstückseier zu braten. »Cerryl, willst du noch mehr?«
»Wenn ich noch etwas haben könnte … gern.«
»Das kannst du und du fragst auch nicht wie eine Schlafmütze.« Beryal trug die Pfanne zum Tisch und ließ ein drittes braunes Brot mit angebratenen Eiern auf seinen Teller gleiten.
»Aber das war für Euch bestimmt.«
»Davon haben wir genug. Ich verhungere schon nicht, nicht in diesem Haus.« Beryal grinste. »Und danke, dass du dir um mich Gedanken machst.«
Als sie ihm den Rücken zudrehte, grinste Tellis zu Cerryl hinüber.
Cerryl wusste zwar nicht, was dieses Grinsen bedeuten sollte, aber er erwiderte es unsicher. »Sehr gutes Brot, Ser.«
»Da hast du Recht«, bestätigte Tellis. »Genieß es, so lange du kannst.«
Beryal setzte sich Cerryl gegenüber und aß ihr Eibrot. Schweigend frühstückten die drei. Cerryl bemerkte es erst, als er plötzlich vor einem leeren Teller saß. Er unterdrückte ein Rülpsen, nahm einen letzten Schluck Wasser und sah dann Tellis an.
»Fang schon mit der Arbeit an, Cerryl. Ich komme gleich. Du machst heute mit dem Abschreiben der Wissenschaften weiter, aber fang noch nicht an.«
»Ja, Ser.« Cerryl stand auf und ging zum Waschtisch, er wusch sich die Hände und trocknete sie sorgfältig ab. Im Arbeitszimmer stellte er zuerst das Buch auf den Vorlagenhalter, öffnete es jedoch noch nicht an der markierten Stelle. Dann nahm er das Taschenmesser und schnitt eine frische Kante an seinen Federkiel, anschließend legte er ihn neben das Tintenfass.
Mit einem zurechtgeschnitzten Zweig rührte er die Tinte um und prüfte deren Beschaffenheit. Sollte er Wasser nachfüllen? Das war noch nicht nötig, entschied Cerryl. Er nahm sich das oberste Pergament vom Stapel im Schrank und holte das Falzbein, um das Blatt zum Schreiben vorzubereiten. Nachdem er
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