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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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die Tellis die Tage zur Hölle macht und die Nächte zum Himmel.«
    »Benthann …« Die Stimme des Schreibers klang ruhig, gleichgültig. »Hast du das Pergament bekommen?«
    »Arkos wird es heute Nachmittag liefern. Hätte ich es vielleicht selbst tragen sollen?« Benthann lächelte. »Außerdem habe ich weniger dafür bezahlt, als du es hättest. Vier Silberlinge das Ries. Letztes Mal haben wir acht bezahlt.« Sie hielt inne.
    Cerryl hätte gern Tellis’ Reaktion gesehen, aber er wagte sich nicht umzudrehen.
    »Nur das Geld zählt, Tellis. Hat heute jemand etwas gekauft?« Benthann warf Cerryl einen Blick zu. »Für gewöhnlich kauft niemand etwas, musst du wissen. Sie schauen nur und hauchen dir nette Worte ins Gesicht, dann gehen sie wieder.« Benthanns Augen wanderten von Cerryl zu Tellis.
    Der Schreiber lächelte, beantwortete jedoch ihre Frage nicht.
    »Er brauchte den Laden eigentlich gar nicht«, fuhr Benthann fort. »Als reiner Kopist würde er mehr bezahlt bekommen.«
    »Das würde ich nicht«, widersprach Tellis milde, »wenn ich nicht ein geachteter Schreiber mit einem Laden wäre. Du weißt das, Benthann.«
    »Du steckst zu viel Geld und Zeit in diese Pressen und Ledereinbände …«
    Cerryl fragte sich, warum Tellis nicht einfach erzählte, dass jemand zwei Bücher für drei Goldstücke gekauft und noch ein drittes bestellt hatte. Er sah den Schreiber an.
    »Das Leder schützt die Worte und die Weißen wissen das zu schätzen.« Das hagere Gesicht blieb ruhig.
    »Du hast für alles eine Ausrede.« Benthann lachte höhnisch. »Wir sehen uns später. Einen schönen Tag noch, Cerryl.«
    Bei Cerryls nächstem Lidschlag war die junge Frau verschwunden.
    »Sie weiß noch nicht, dass es eine Wahrheit jenseits des Geldes gibt.« Tellis schüttelte den Kopf und schaute Cerryl und dann die Schiefertafel an. »Wisch sie sauber und fang von vorn an, diesmal die Alte Sprache.«
    »Ja, Ser.«
    Mit einem Lächeln zog Tellis ein dickes Wolltuch hervor. »Nimm das. Wasch es am Ende des Tages aus und häng es über das Gestell hier.«
    Cerryl nahm das Tuch und wischte über die Tafel. Welchen Laden hatte Tellis und wer war Benthann?
    Mit ausdruckslosem Gesicht säuberte er die Tafel von der Kreide.

 
XXIX
     
    C erryl fegte verzweifelt die Sägespäne aus der Sägegrube, aber der kalte Wind, der durch das Osttor pfiff, wehte die Säge- und Holzspäne immer wieder zurück in die Grube, aus der er sie gerade herausgeschaufelt hatte. Seine Arme brannten vom Harz und die Handschuhe hatten Löcher.
    Hinter ihm ertönte die Säge wie ein Glockenschlag. Klannng!!!
    »Steh auf … du fauler Lehrling!«
    Verwirrt sah er sich in der Kammer um. Wo war die Nische? Der offene Schrank gehörte nicht ihm. Und seine Bücher?
    Er fuhr auf und zitterte in der Kälte. Was war mit den anderen Decken? Eine reichte nicht.
    »Das Frühstück ist bald fertig und du musst dich waschen.«
    Waschen? Cerryl schüttelte den Kopf und versuchte, aus den weißen Nebeln und Träumen herauszukommen, die ihn umklammert hielten.
    Klannng!!!
    »Wirst du wohl aufwachen da drin?«, forderte die Stimme. Beryals Stimme, wie er endlich bemerkte.
    »Ich bin wach«, krächzte er.
    »Tote Frösche hören sich lebendiger an als du. Steh gefälligst auf.« Beryal verschwand.
    Langsam stellte er die Füße auf den eiskalten Steinboden und zuckte zusammen. Er stand auf, warf sich, nur mit Unterhosen bekleidet, das abgewetzte Handtuch über die Schulter und trottete mit dem zerbeulten Wascheimer zur Tür. Vor Sonnenaufgang wirkte der Hof grau und düster, schwere Wolken zogen über Cerryls Kopf hinweg. Ein eiskalter Wind peitschte gegen seine nackte Brust, als er den Wascheimer füllte und damit wieder in seine Kammer stapfte.
    Sauber gewaschen – und zitternd – zog er sich an und ging hinaus hinters Tor, um das Waschwasser in den Kanal zu schütten. Er sah hinunter zur Gasse der niederen Handwerker, entdeckte jedoch keine Menschenseele. Trotz des kalten Windes wirbelte nicht das kleinste weiße Staubkörnchen durch die Straßen und nicht ein Papierfetzen oder sonstiger Unrat verunzierte die Gasse. Keine einzige Ratte.
    Soweit Cerryl wusste, gab es keine Ratten in Fairhaven – zumindest hatte er noch keine gesehen –, und die Straßen wurden sauberer gehalten als so mancher Küchenboden in Hrisbarg. Auch die Luft war reiner, nur manchmal roch es etwas bitter, was Cerryl an die Sägeblätter in der Mühle erinnerte, wenn Dylert sie sauber gemacht, geschärft

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