Die Weiße Ordnung
Weißen Turm, sagen wir drei Blocks davon entfernt.« Beryal hängte sich den Korb über den linken Arm und ging die Gasse der niederen Handwerker hinunter zum Platz der Handwerker.
Cerryl zitterte, als sie in die Schatten der engen Straße traten. Die Läden aller Geschäfte waren wegen der Kälte geschlossen und der böige Wind verbreitete den Geruch von Asche in der Luft. Er glaubte, das Klicken der Webstühle zu hören, als sie an der Weberei vorbeikamen, es konnte jedoch auch das Klappern der Fensterläden gewesen sein oder das Hämmern aus der Küferwerkstatt.
»Kaufen wir noch etwas anderes?«, fragte Cerryl, als sie aus dem Schatten am Rande des Platzes der Handwerker traten. Der Platz war leer bis auf einen Mann, der unter einer Decke auf einer weißen Steinbank saß.
»Außer Gewürzen? Nein, es sei denn, es wäre ein wirklich gutes Geschäft.« Beryal lachte, während sie nach links abbog und ihren forschen Gang beibehielt. »Immer muss erst alles ausgehen, bevor Tellis seine Geldbörse aufmacht – bei Gewürzen und anderen Dingen für die Küche sowieso.« Sie sah den Mann unter der Decke an. »Er wird bald zum Straßenbautrupp gehören, wenn er nicht aufpasst.« Sie schüttelte den Kopf. »Einige lernen es nie. Es gibt nichts Schlimmeres als das.«
Cerryl wunderte sich über den leicht bitteren Unterton und bezweifelte, dass er alles wusste, worauf Beryal anspielte.
»Das Geschichtsbuch, das mir Tellis zum Lesen gab, besagt, dass der Schwarze Magier – der, der Recluce gründete – auf der Weißen Straße arbeitete und entkam und dass er der Einzige war, dem das jemals gelungen ist.«
»Wenn er es denn getan hat …« Beryal lachte und sprach leise weiter. »Kein Wunder, dass er sich nicht um die Weißen Magier scherte.«
»Ist es so schlimm?«
»Darüber spricht man nicht.« Beryal schüttelte energisch den Kopf. »Besonders nicht, wenn andere mithören können. Oder Tellis.«
»Tellis?«
»Ja, Tellis.« Beryal flüsterte noch leiser. »Sein Vater war ein Weißer Magier, man weiß nur nicht, welcher.«
»Was?«, platzte es aus Cerryl heraus. Warum hatte Dylert ihn zu Tellis geschickt? Er musste ein Schaudern unterdrücken.
»Die Magier können keine Magierfrauen lieben.« Beryal zuckte die Schultern. »Sie würden die Geburt nicht überleben. Meistens jedenfalls, so sagt man. Die Kinder der Magier – sie haben zwar Frauen, aber diese sind nicht ihre Gemahlinnen – werden in dem rosafarbenen Haus am Platz der Magier aufgezogen. Sie nennen es Krippe. Einige werden Magier. Andere nicht. Jene, die die Begabung nicht haben, erlernen einen ehrbaren Beruf. Tellis ist Schreiber geworden.«
Cerryl zwang sich zu nicken. »Das … das habe ich nicht gewusst.«
»Das dachte ich mir. Besser du weißt es, aber sprich nicht darüber.« Beryal verfiel fast in einen Laufschritt.
Cerryl musste sich anstrengen, um mit ihr Schritt halten zu können.
Die Werkstätten der Handwerker um den Platz wichen einer Reihe größerer Gebäude: ein Stall, ein langes Gebäude ohne Schild, vor dem zwei Kutschen nahe beim bogenförmigen Eingang standen.
Cerryl sah sich das Gebäude an, sein Blick wurde kurz von einem Wagen versperrt, der mit langen, in Stoff gewickelten Bündeln beladen war und in dieselbe Richtung fuhr, in die er und Beryal gingen. Das Rumpeln der eisenbeschlagenen Räder auf dem weißen Granit der Straße klang wie ein Donnergrollen.
»Die Börse der Getreidekommissionäre«, schrie Beryal, um den Lärm der Wagen zu übertönen. Ein zweiter Wagen – ein Einspänner mit hohen, blau gestrichenen Seitenwänden – folgte dem ersten.
Was tat ein Getreidekommissionär? Cerryl hatte noch nie davon gehört. »Wie kann man hier Getreide verkaufen? Es gibt keinerlei Wagen oder Getreidespeicher.«
Beryal lachte. »Sie tauschen nur Pergamentstücke aus. Auf jedem Stück Pergament steht, wie viel Getreide der Kommissionär verkaufen will – oder so etwas Ähnliches. Tellis hat es mir einmal erklärt.«
Cerryl nickte, es leuchtete ihm ein, dass ein solcher Handel mehr Sinn ergab, als das Getreide einfach von einem Ort zum anderen zu transportieren. »Gibt es noch andere Börsen? Für andere Waren?«
»Ja, die gibt es. Tellis hat davon erzählt, aber ich habe vergessen, wo sie sind. Ich glaube, irgendwo auf einem Platz südlich des Magierturmes gibt es eine Viehbörse. Daran erinnere ich mich, weil dort in der Nähe Blumen aus Hydlen verkauft werden.«
Beryal ging nun neben dem Gehsteig auf der Straße;
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