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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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dem Korridor pfiff und rief: »Mannschaften erste bis sechste fertigmachen!«
     
    *
    Judith Huang war am Nachmittag in Kai Tak angekommen und sofort mit der Fähre nach Hongkong hinübergefahren. Sie hatte im »Eisvogel«, einem mittelmäßigen chinesischen Hotel, ein Zimmer genommen, anschließend hatte sie sich von einer Rikscha bis zum Internat der Dinah-Lee-Stiftung bringen lassen.
    Bert Kolberg war noch nicht vom Sportplatz zurück. Der Portier sagte es ihr und forderte sie auf, im Besucherzimmer zu warten. Der alte Chinese hatte nichts zu tun, und die Zeit verging schneller, wenn man sich mit jemandem unterhalten konnte. Die junge Frau im hellen Reisekostüm war ein Mischling, das sah er sofort. Sie wirkte sympathisch.
    »Sie kommen vom Vater des Jungen?« erkundigte er sich.
    »Von Mister Kolberg, ja.«
    Der Chinese nickte bedächtig. »Ein Flieger, der Mister Kolberg. Das ist ein unruhiger Beruf, nicht wahr? Immer unterwegs, nur selten zu Hause. Kennen Sie ihn näher?«
    »Ich kenne ihn schon lange«, antwortete Judith freundlich.
    »Er kommt ab und zu den Sohn besuchen«, plauderte der Alte weiter. Er wußte schon, wie man von einem Besucher das erfuhr, was man wollte. Judith wußte es auch, und es bereitete ihr Vergnügen, den Alten zappeln zu lassen. Als er sie fragte, in welche Schule sie gegangen sei, sagte sie unverbindlich und ohne den Verdacht zu erwecken, daß sie ausweichen wollte: »Ach, das war eine Art Privatunterricht, den ich hatte. Diese Stiftung gab es damals wohl noch nicht. Außerdem war es in Schanghai.«
    »Ich hörte es bereits an Ihrer Aussprache«, bekannte der Alte. »Die Schanghaier haben eine ganz besondere Aussprache. Man erkennt sie sofort. Aber Sie waren lange nicht in Schanghai, nicht wahr?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ziemlich lange nicht.«
    »Ich sage immer, in Hongkong ist es schöner. Ich lebe seit meiner Geburt hier. Wie haben Sie sich eingelebt?«
    Er ist ein alter, schlauer Fuchs, dachte Judith belustigt. Es hing gewiß nichts davon ab, ob sie ihm sagte, daß sie von Taipeh kam oder nicht. Aber es machte ihr Spaß, sich nicht ausfragen zu lassen. Lächelnd antwortete sie: »Die Sommer sind etwas heiß. In Schanghai hatten wir im Sommer fast immer Seewind. Aber hier kommt es einem vor, als säße man, unter einer riesigen gläsernen Glocke, auf die die Sonne brennt. Kein Lüftchen bewegt sich. Macht Ihnen das nicht auch zu schaffen?«
    »Wenig«, erwiderte der Alte. »Ich bin daran gewöhnt.« Es tat ihm leid, daß er die junge Frau nicht weiter ausfragen konnte, denn in diesem Augenblick kamen die Jungen lärmend heran gelaufen. Diese Besucherin war klug, das merkte man. Mischlinge sind meist klug, hieß es. Hier bewahrheitete es sich. Ob sie die Geliebte jenes Fliegers war? Oder eine Verwandte seiner Frau? Er nickte ihr noch einmal freundlich zu, dann ging er den Jungen entgegen. Sie liefen an ihm vorbei, die Treppen hinauf. Als er Kolbergs Sohn entdeckte, winkte er ihn zu sich. »Du hast Besuch, Bert.«
    Der Junge lief freudig überrascht in das Gästezimmer. Er erwartete Luise Lauffer oder seinen Vater. Aber da stand eine Fremde, eine junge Frau, die ihm lächelnd entgegentrat und ihn begrüßte. »Ich bin Judith Huang. Dein Vater hat mir gesagt, wo ich dich finde, Bert.«
    Sie atmete erleichtert auf, als der Junge ihr die Hand hinhielt. In seinem Gesicht drückten sich nicht Zweifel aus und Mißtrauen, wie Judith befürchtet hatte. Bert warf das Päckchen mit seiner Baseballausrüstung auf einen Stuhl und strich sich mit ein paar schnellen Bewegungen das widerspenstige Haar glatt. Er war noch ein wenig außer Atem von dem schnellen Lauf vom Sportplatz bis hierher. Beinahe verlegen sagte er: »Sie sehen genauso aus wie auf dem Foto, das Paps mir gezeigt hat. Werden Sie jetzt hierbleiben?«
    »Ich möchte gern«, sagte sie. »Hoffen wir, daß dein Vater bald kommt. Dann werden wir drei zusammenleben.« Der Junge hatte sie intensiv betrachtet. Es schien, als sei er mit dem Ergebnis seiner Musterung zufrieden, denn er meinte: »Das wird schön sein. Ich konnte Paps immer nur
    für ein paar Stunden sehen. Aber er hat mir versprochen, daß es damit ein Ende hat. Wann kommt er?«
    Judith bewegte leicht die Schultern und erwiderte gedämpft. »Es kann sich nur noch um einen Tag handeln, vielleicht um zwei. Genau weiß ich es nicht. Aber dann trennen wir uns nicht mehr. Trotzdem ist das nicht einfach, Bert.«
    »So?« fragte der Junge. Er runzelte die Stirn. Judith strich

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