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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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achtlos aufs Bett. Dann deutete er auf Kolbergs Uniform und bemerkte sachlich: »Besorgen Sie sich Ihre Rangabzeichen als Leutnant und legen Sie sie an, bevor Sie zum Einsatz starten.« Er kniff ein Auge zu, was seinem ohnehin verkniffen wirkenden Gesicht einen geradezu höhnischen Ausdruck verlieh. »Falls man Sie abschießt - es ist immer besser, als Offizier in Gefangenschaft zu geraten. Mannschaften werden als Dutzendware behandelt. Das war schon immer so. Was gibt es nun?«
    »Herr General, die Ereignisse haben sich überstürzt«, begann Kolberg. »Vor einiger Zeit bat ich darum, aus dem Geschwader nach Haus entlassen zu werden. Sie haben das nicht genehmigt. Heute befinde ich mich plötzlich als Bomberpilot in einem Krieg.«
    »Und?« Chennault, leicht schwerhörig, hielt eine Hand ans Ohr und beugte sich nach vorn. Mit der anderen Hand langte er sich eine Zigarette vom Tisch.
    Kolberg gab ihm Feuer und fuhr dann fort: »Ich wollte Sie bitten, mir wenigstens den Einsatz als Kriegspilot zu ersparen, wenn es schon nicht möglich ist, daß ich nach Deutschland heimkehre.«
    Als er schwieg, nahm Chennault die Hand vom Ohr und sagte mit seiner knarrenden, immer ein wenig heiseren Stimme: »Warum, Kolberg? Angst?«
    Der Pilot merkte, daß sein Gegenüber ungehalten wurde. Er kannte ihn. Dieser hagere Mann mit dem zerfurchten Gesicht konnte sich binnen weniger Sekunden in einen bösartig keifenden Tobsüchtigen verwandeln. Fred Kolberg wollte einen solchen Ausbruch nicht herausfordern. Langsam sagte er: »Ich fühle mich der Sache nicht so ganz gewachsen, Sir.«
    »So?« Der General runzelte die Stirn. »Doch ein bißchen Angst. Nun gut. Die haben wir alle. Sie sind ein ehrlicher Mensch und gestehen es ein. Von hundert angreifenden Soldaten werden immer etwa neunzig durch die Angst vorwärts getrieben. Das ist ganz normal. Sie werden diese Angst überwunden haben, sobald Sie in der Kanzel sitzen und starten. Ich erlaube Ihnen ausnahmsweise nach dem Start noch einen Zug aus der Whiskyflasche. Genügt Ihnen das?«
    Als der Pilot nichts erwiderte, fügte er hinzu: »Über Ihre Heimreise werden wir sprechen, wenn wir diesen Krieg hinter uns haben. Warum wollen Sie eigentlich unbedingt nach Hause? Gefällt es Ihnen in meinem Geschwader nicht? Oder können Sie sich nicht an Asien gewöhnen?«
    »Deutschland ist mein Vaterland«, sagte Kolberg vorsichtig. Er achtete darauf, daß kein Vorwurf aus seiner Stimme herauszuhören war. Es hatte keinen Zweck, mit diesem General ehrlich zu sprechen. Sagte er jetzt, was ihn wirklich bewegte, dann würde Chennault dafür sorgen, daß er keine Möglichkeit mehr behielt, selbständig zu handeln. Der General streifte mit einer nachlässigen Bewegung die Asche von der Zigarette. »Nun sind Sie bald zehn Jahre von Deutschland fort, aber Sie haben immer noch Heimweh«, stellte er lächelnd fest. »Ich habe nie Heimweh gehabt. Die Menschen sind eben verschieden. Jedenfalls stehen wir alle hier vor einer entscheidenden Aufgabe, Kolberg. Es geht darum, ob wir den Kommunismus in Asien ausrotten können oder nicht. Wegen dieser Aufgabe müssen wir alle unsere privaten Anliegen zurückstellen. Sie ist schwer genug, glauben Sie mir das; ich arbeite jetzt dreizehn Jahre mit wechselndem Erfolg daran. Dreizehn Jahre sind eine lange Zeit. Aber nicht für Asien. Wir werden viel länger brauchen, wenn wir in diesem Erdteil das schaffen wollen, was wir uns vorgenommen haben.« Er sah Kolberg an. »Sie könnten sich nicht mit dem Gedanken befreunden, für immer bei uns zu bleiben?«
    »Ich glaube nicht.«
    Chennault überlegte eine Weile, dann sagte er: »Denken Sie darüber nach. Was bietet Ihnen Deutschland? Hier in Asien ist die neue Welt. Wir müssen sie nur erobern. In ihr kann ein Mann wie Sie alles werden. Er kann erfolgreich sein und wohlhabend. Er kann sich für jeden Handgriff, den er zu tun hat, einen Einheimischen mieten. In Asien gibt es die einmalige Chance, daß der weiße Mann der Herr bleibt. Es lebt sich besser als Herr in Asien als in Europa mit einem kümmerlichen Job, der gerade genug für Essen und Kleidung abwirft. Überlegen Sie gut, Kolberg.«
    Er erhob sich, und auch der Pilot stand auf. Der General sah das Gespräch als beendet an. Bevor er Kolberg verabschiedete, erklärte er noch: »Natürlich können Sie in fünf Jahren, wenn Ihr Kontrakt erlischt, heimkehren. Vorher nicht, das wissen Sie ja. Wir holen niemand aus einem Lager, um ihn dann so schnell nach Hause laufenzulassen.

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