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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Mutter umgekommen ist?«
    Der Junge nickte. »Als die Amerikaner Kobe bombardierten.«
    »Ja«, bestätigte sie. »Und jetzt soll dein Vater auch Bomben fliegen. Das will er nicht. Aber wenn er hier bleibt, würde man ihn dazu zwingen. Deshalb.«
    Eine Weile war der Junge still. Er versuchte, sich die Sache selbst zu erklären. Es fiel ihm schwer. Schließlich fragte er: »Kommst du morgen wieder zu mir?«
    Sie lächelte. Morgen wird sie den Jungen aus der Schule abmelden und mit zu sich ins Hotel nehmen. So war es mit Fred vereinbart. Wenn er ankam, wird sie auch die Pässe geholt haben. Aber wann wird Fred hiersein? Morgen? Übermorgen? Er war in Korea. Das gesamte Geschwader war in Pusan. Wie wollte er von dort nach Hongkong kommen? Er mußte beinahe dreitausend Kilometer zurücklegen.
    Die Sonne tauchte hinter die Bergketten im Westen. Das Meer spiegelte den rötlichen Schimmer ihrer letzten Strahlen wider. Es war, als sei flüssiges Gold über die Landschaft und das weite Meer gegossen worden. Die Dämmerung war kurz in Hongkong. Dem Sonnenuntergang folgte bald die Nacht.
    »Natürlich werde ich kommen«, versprach Judith. Sie war in Gedanken bei Fred Kolberg. »Aber jetzt wollen wir zum Internat zurückfahren. Es ist schon spät.«
    Sie stiegen hügelabwärts, den ersten Lichtern entgegen, die auf den Booten angezündet wurden. Der Maler hatte längst seine Staffelei zusammengelegt und war verschwunden. Über der Stadt breitete sich wie ein samtenes Tuch die Dunkelheit. Im Zentrum flammten die Neonröhren auf, zuckten, verglommen, erstanden immer wieder. Aus einem Lautsprecher an einem der großen Warenhäuser in der Nähe der Innenstadt hörte man die Stimme des Nachrichtensprechers. Judith verstand nur wenige Worte, als die Rikscha sie vorbeitrug. Der Mann sprach davon, daß neue Divisionen in den Kampf gegen die Kommunisten geworfen würden. Er teilte mit, daß die UN alles tun würden. Was alles sie tun würden, entging der Frau, denn der Junge, der die Nachricht ebenfalls gehört hatte, fragte beklommen: »Ist es - Korea, wo Paps ist?«
    »Ja«, antwortete Judith. »Aber du brauchst keine Angst um ihn zu haben. Es wird ihm nichts geschehen.«
    Sie wandte sich schnell ab, als fürchte sie, Bert könnte ihre Angst entdecken. Judith Huang war zur Hälfte Asiatin und zur Hälfte Europäerin. Manchmal war sie sich nicht ganz sicher, ob ihr jener asiatische gleichmütige Gesichtsausdruck gelang, der alles verbarg, womit Herz und Verstand kämpften.
     
    *
    »Laßt die Kinnladen nicht so hängen, Jungens!« rief Conolly den anderen zu. »Ich rieche Blut!«
    »Vermutlich ist es Öl, was du riechst«, spielte Kolberg auf Wonsan an.
    Brooks brummte: »Schnaps riecht er. Schnaps und kurzbeinige Japanerinnen. Im Geiste hat er den ganzen Krieg schon hinter sich und verhurt seine Löhnung in Yokota.«
    Conolly führte die Fingerspitzen an den Mund und schmatzte genießerisch. »Brüder in Christo! Wenn ich das erste Mal wieder in die Zivilisation komme, miete ich mir ein ganzes japanisches Badehaus mit einem Dutzend Bedienerinnen, barfuß bis an die Ohrläppchen. Und dann lasse ich mich genau ein dutzendmal von oben bis unten abseifen. Wenn ihr artig seid, dürft ihr zusehen.«
    »Danke«, sagte Mazzoli. »Ich miete mir selber eins.« Die beiden neuen Besatzungsmitglieder stimmten in das Gelächter ein, als der Mechaniker hinzufügte: »Aber ich nehme Eintritt, wenn ihr zusehen wollt.«
    Sie gingen auf die Maschine zu, sechs Männer in olivfarbenen Kombinationen. Die Fallschirme hingen ihnen bis in die Kniekehlen. Über den Anzügen trugen sie Stoffgurte, an denen die Pistolen hingen. Sie kletterten in die Maschine. Minutenlang war Kolberg damit beschäftigt, die vorgeschriebenen Kontrollen an den Armaturen und Steuereinrichtungen vorzunehmen, dann ließ er die Motoren anlaufen. Überall am Rande der Rollbahn dröhnte es auf. Lange Flammen schlugen aus den Auspuffstutzen. Das kurze Gras längs der Piste duckte sich unter dem Luftstrom der Propeller. Durch die Sprechanlage kamen die Kommandos. Eine Staffel nach der anderen rollte zum Start. Noch einmal heulten die Motoren auf, wurden abgebremst, und schließlich schossen die Flugzeuge vorwärts, hoben schwerfällig von der Piste ab und verschwanden schnell in der Dunkelheit, die bereits über dem Land lag.
    In der Kanzel der BC-378 brannte die bläuliche Beleuchtung, sie ließ die Gesichter der Männer gespenstisch fahl erscheinen. Kolberg überzeugte sich, ob alle

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