Die weissen Feuer von Hongkong
Laufbahn zusammenhängt. Einverstanden?«
Er hielt inne und blickte verblüfft auf die Pistole, die Kolberg aus der Tasche gezogen hatte und nun auf ihn richtete.
»Aber... Sie werden doch nicht ... «, protestierte er schwach.
»Ja, ich werde«, entgegnete der Flieger. »Bleiben Sie, wo Sie sind. Nehmen Sie die Pässe aus der Tasche und legen Sie sie auf die Couch. Schnell!«
Als der Diplomat zögerte, trat Kolberg einen Schritt auf ihn zu. Am liebsten hätte er in dieses runde, fette, schlauäugige Gesicht geschlagen, aber er zwang sich zur Ruhe. Nur Besonnenheit und Klugheit konnten ihm in dieser Situation helfen.
Seine Stimme klang drohend, als er sagte: »Herr, ich habe keine Lust, fünf Jahre lang Bomben zu werfen. Ich habe keinen Krieg mit den Koreanern. Und ich bin auch nicht an Kampferfahrungen für eine militärische Laufbahn interessiert. Wenn Sie Offiziere für einen Krieg gegen die Kommunisten brauchen, dann müssen Sie auf mich schon verzichten. Ich habe nämlich nicht die Absicht, mich daran zu beteiligen. Und jetzt drehen Sie sich um! Legen Sie die Pässe auf die Couch, los!«
Der Konsul gehorchte mit unsicheren Händen. Sein Gesicht war grau geworden, seine Oberlippe zitterte leicht. Es war das erste Mal in seinem Leben, daß er die Mündung einer Waffe auf sich gerichtet sah.
»An der Außenwand habe ich ein vergittertes Fenster gesehen.« Kolberg stand hinter ihm. »Was ist das für ein Raum?«
»Das Bad«, murmelte Brautmann.
»Dann öffnen Sie die Tür und gehen Sie voraus«, forderte Kolberg ihn auf. »Zu diesem Bad. In der Pistole sind neun Schuß. Falls es Ihre Vernunft stärkt - ich bin der beste Pistolenschütze meiner Staffel gewesen. Und im Augenblick habe ich nichts weiter zu verlieren als meine Freiheit. Denken Sie daran. Los, gehen Sie!«
Es erwies sich, daß das große, gekachelte Bad nur jenes eine vergitterte Fenster besaß. Kolberg ließ den Diplomaten eintreten und zog den Schlüssel ab, der von innen im Schloß steckte. Er sagte ruhig: »Drehen Sie sich um.« Er sah Brautmanns verängstigtes, blasses Gesicht, und unwillkürlich schüttelte er den Kopf. »Was sind Sie doch für ein Feigling. Mich wollen Sie mit einer B-29 voll Bomben über Korea schicken, aber Sie selbst werden bleich, wenn Sie nur eine einzige kleine Pistole sehen. Was haben Sie im zweiten Weltkrieg gemacht?«
»Ich ... «, begann Brautmann, aber er stockte. Er wurde noch blasser.
»Vermutlich waren Sie Stabszahlmeister«, sagte Kolberg. »Oder Sie haben feurige Reden gehalten über Soldatenehre und Pflichterfüllung.« Er deutete grinsend auf den Abortdeckel. »Da ist eine Sitzgelegenheit. Verhalten Sie sich ruhig, bis ich fort bin. Irgend jemand wird Sie schon hier herauslassen.«
Er steckte den Schlüssel von außen ins Schloß. Bevor er die Tür zusperrte, rief er Brautmann noch zu: »Und gehen Sie mir lieber aus dem Weg, wenn Sie mich zufällig noch einmal irgend wo sehen sollten.« Dann drehte er den Schlüssel im Schloß. Er warf ihn draußen zwischen die Oleanderbüsche und machte sich auf den Weg.
Bert lief ihm entgegen, als er sich der Straße näherte. Judith hatte eine Rikscha herbeigeholt.
»Was ist, Fred?« Sie sah ihn an, und er merkte, daß sie Angst hatte. Er nahm sie bei den Schultern und erklärte ihr: »Ich habe ihn nur eingesperrt. Eine Stunde haben wir Ruhe. Vielleicht etwas länger, das hängt davon ab, wann sein Diener auftaucht oder seine Frau. Schnell, einsteigen!«
Die Rikscha rollte an. Der Fahrer wandte den Kopf und erkundigte sich: »Wohin, Mister?«
»Nach Aberdeen«, trug Kolberg ihm kurz entschlossen auf. »Ich steige an der Graham Road aus.«
Er sah Judiths fragenden Blick und flüsterte ihr zu: »Jetzt geht es ums Ganze. Wir müssen untertauchen, Brautmann wird zweifellos die Polizei auf uns hetzen. Wir müssen eine andere Möglichkeit suchen, von hier wegzukommen. Die Pässe sind wertlos.«
Die Frau wollte etwas fragen, aber er fuhr fort: »Du kennst Aberdeen. Ich habe dir von dem Fischer erzählt, der mich an Land gebracht hat. Der Alte schien ehrlich zu sein. Er war hilfsbereit, ohne viel zu fragen. Sein Boot hat die Nummer siebenhundertsieben. Geh mit Bert zu ihm und sag, daß du die Frau des Fliegers bist, den er gefahren hat, und Bert der Sohn. Bitte ihn, daß er euch auf dem Boot behält, bis ich komme. Und laßt euch möglichst wenig sehen.«
»Du meinst, er wird uns nicht abweisen?«
»Nein. Er ist ein alter, gutmütiger Mann. Er wird auch jetzt
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