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Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Titel: Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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auf den Weg getreten bin. Ich wollte ihr helfen, doch sie hat sich gewehrt wie ein tollwütiges Tier. Sehen Sie!« Er krempelte den Ärmel seines Hemdes hoch. Auf dem Unterarm zeichneten sich ein paar längliche rote Linien ab.
    Chris durchzuckte für einen Augenblick die Erinnerung an das Gesicht des toten Mädchens. Die Kratzer auf ihrer Wange hatten ganz ähnlich ausgesehen. Doch laut LKA hatte sie sich die ja selbst zugefügt. »Sie hatte Angst vor Ihnen. Warum?«
    »Ich weiß nicht, ich wollte ihr nur aufhelfen.«
    Ingo Wirtz’ Theorie. Chris war geneigt, sich ihr anzuschließen. Doch er wusste auch, wie sehr sich Menschen verstellen konnten.
    Lydia schaltete sich wieder ein. »Ach, und was haben Sie zwischen den Bäumen gemacht? Warum waren Sie nicht auf dem Weg?«
    Er senkte den Kopf. »Ich musste austreten.«
    »Und weil Sie das zu Hause schon wussten, haben Sie sich gar nicht erst angezogen, sondern nur den Mantel übergeworfen. Damit es mit dem Pinkeln schneller geht.« Lydia verschränkte die Arme.
    Palmerson blickte nicht auf. Er stand mit hängenden Schultern da. »Ich wollte dem Mädchen nichts tun, ehrlich nicht.«
    »Dann sollten Sie uns besser die Wahrheit sagen.« Chris trat dicht vor ihn. »Geben Sie uns eine Chance, Ihnen zu glauben.«
    Palmerson sah auf. »Ich tu doch keinem Kind was! So einer bin ich nicht. Das könnte ich gar nicht.« Er seufzte. »Sie hatte dieses große Fahrrad. Es war dämmrig. Ich dachte, sie sei älter. Erwachsen. Ich wollte doch kein kleines Mädchen erschrecken, das würde ich niemals tun!« Er nahm die Brille ab und fuhr sich mit einem Taschentuch über die Stirn.
    »Sie geben also zu, dass Sie der Person, die auf dem Fahrrad den Weg entlangkam, aufgelauert haben?«, fragte Lydia.
    »Ja.« Seine Antwort war fast nicht zu hören.
    »In welcher Absicht?«
    »Ich wollte … na ja, Sie wissen schon. Ich tue den Frauen doch nichts. Ich mache doch nichts Schlimmes.«
    Lydia gab den Uniformierten ein Zeichen. »Herr Palmerson, ich nehme Sie fest unter dem dringenden Verdacht, in den letzten Monaten zahlreichen Frauen aufgelauert und sie sexuell belästigt zu haben.«
    Die beiden Beamten nahmen Palmerson zwischen sich und gingen aus dem Zimmer. Als sie fort waren, blickte Lydia zu Chris hinüber. Es war das erste Mal, dass sie sich direkt in die Augen sahen. Keiner von beiden sprach.
    »Alles okay?«, fragte Chris schließlich leise.
    »Alles okay.«
    Gemeinsam verließen sie die Wohnung.
    Olaf Schwarzbach schob leise die Tür auf und schaltete das Licht an. Leonie schlief noch. Wie friedlich sie aussah! Er schluckte. Er tat das Richtige, auch wenn es sich falsch anfühlte. Das musste er sich immer wieder sagen. Behutsam berührte er ihre Schulter.
    »Leonie, Schatz, aufwachen!«
    Sie stöhnte und drehte sich auf die andere Seite.
    »Leonie«, flüsterte er noch einmal. »Du musst aufstehen.«
    Sie öffnete die Augen, erblickte ihn und fuhr hoch. Verschreckt sah sie sich im Zimmer um.
    »Es ist alles in Ordnung, Liebes«, raunte er und legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Aber du musst aufstehen. Ganz leise. Wir wollen Mama nicht wecken.«
    »Was ist los?« Sie sah immer noch verängstigt aus. »Muss ich in die Schule?«
    »Nein, es ist doch Samstag. Du hast keine Schule. Du und ich, wir fahren weg.« Olaf Schwarzbach bemühte sich, aufmunternd zu lächeln. Sie sollte nicht merken, dass er ebenso viel Angst hatte wie sie. Angst vor den Konsequenzen seiner Entscheidung.
    »Weg?«
    »Schscht. Mama schläft noch.«
    »Weg?«, wisperte sie, diesmal leiser. »Wohin denn?«
    »Das ist eine Überraschung.« Sein Herz krampfte sich zusammen. »Ich erkläre es dir im Auto.«
    Verschlafen tapste Leonie ins Bad. Während sie sich die Zähne putzte, packte Olaf Schwarzbach eine kleine Tasche mit ein paar Kleidungsstücken und Büchern. Ratlos sah er sich im Zimmer um. Er musste sich eingestehen, dass er nicht so recht wusste, was ihr wichtig war. Spielte sie noch mit den Puppen, die nebeneinander auf dem Regal saßen? Oder beschäftigte sich mit den Brettspielen unten im Schrank? Auf dem Schreibtisch lag ihr Handy neben dem Mathebuch. Er zögerte, dann ließ er es in seiner Hosentasche verschwinden.
    Wenig später verließen sie das Haus. Es war noch nicht ganz hell. Im Vorgarten gegenüber verbreitete eine Lichterkette an einem Tannenbaum festliche Stimmung. Sie schien ihn zu verhöhnen.
    Er öffnete den Wagen. »Steig ein, Leonie.«
    Sie berührte den Griff, doch sie machte

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