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Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Titel: Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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hatte oder nur in Anwesenheit ihres Mannes so schwach war. Ob sie für ihn eine Rolle spielte. Hatte nicht alles an den beiden ein wenig einstudiert gewirkt an jenem Morgen nach dem Mord?
    »Dann dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?« Salomon versuchte es offenbar auf die besonders einfühlsame Tour. Lydia beschloss, ihn erst einmal machen zu lassen.
    »Selbstverständlich. Gibt es denn etwas Neues? Haben Sie an den Besenstielen etwas – etwas gefunden?« Nicole Bruckmann hob die Hand, ballte sie zur Faust und presste sie vor den Mund. Jetzt schien sie doch die Fassung zu verlieren.
    »Nein«, sagte Salomon schnell. »Wir haben noch kein Ergebnis. Aber wir haben in anderer Beziehung Fortschritte erzielt.«
    Lydia hätte bei dieser Formulierung beinahe laut aufgestöhnt, doch sie hielt sich zurück. Hier saßen zwei Menschen, die beide ihr Kind verloren hatten, da konnte sie nicht mitreden.
    Nicole Bruckmann senkte langsam die Hand und nickte. »Ich verstehe. Worum geht es?«
    »Kennen Sie einen Walter Palmerson?«, fragte Salomon. »Er wohnt ganz in der Nähe. Schlank. Unauffällige Erscheinung. Brille mit starken Gläsern.«
    Nicole Bruckmann schüttelte den Kopf. »Den kenne ich nicht. Ist er …«
    »Er ist vermutlich der Exhibitionist, aber das heißt nicht, dass er mit Antonias Tod etwas zu tun hat.«
    Sie nickte stumm.
    Lydia fand, dass es an der Zeit war, sich einzuschalten. »Wir können immer noch nicht ausschließen, dass Antonia ihren Mörder kannte«, sagte sie. »Wir müssen wissen, ob Ihnen in letzter Zeit an Ihrer Tochter etwas aufgefallen ist. War sie vielleicht verschlossener als sonst? Hat sie sich merkwürdig benommen? Hatte sie Geheimnisse?«
    Nicole Bruckmann betrachtete ihre Hände. »Natürlich hat sie sich nach dem Umzug verändert. Aber nachdem sie sich mit Nora angefreundet hatte, hörte sie auf zu schmollen. Da war sie wie immer.«
    »Auch in den letzten Tagen? Wie ist denn das mit den Fingern passiert?«
    »Mit den Fingern?« Nicole Bruckmann sah sie verständnislos an.
    »Sie konnte nicht Geige spielen, weil sie sich die Finger eingeklemmt hatte.«
    Die Frau runzelte die Stirn. »Ja, das stimmt. Warum ist das wichtig?«
    Lydia hatte nicht vor, sich durch Gegenfragen aus dem Konzept bringen zu lassen. »War Antonia ungeschickt?«, bohrte sie weiter. »Hat sie sich öfter verletzt?«
    »Nein! Hat sie nicht.« Nicole Bruckmann klang empört, aber nicht defensiv. Sie öffnete den Mund, um etwas hinzuzufügen, doch dann brach sie ab, zögerte. »Da war etwas Komisches. Letzte Woche. Ich hatte es schon wieder vergessen. Ich kam in die Küche, und da stand ein Paket Salz auf dem Tisch, und sie wollte sich gerade einen Löffel in den Mund schieben. Ich schrie ›Halt!‹ und riss ihr den Löffel aus der Hand. Sie hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck. Als ich sie gefragt habe, was sie mit dem Salz machen wollte, hat sie gesagt, sie hätte es für Zucker gehalten.«
    »Sie haben ihr nicht geglaubt?«
    »Mein Mann ist recht streng, und Antonia bekommt – bekam nicht sehr häufig Schokolade oder Süßigkeiten.« Nicole Bruckmann schwieg und biss sich auf die Lippe, bevor sie weitersprach. »Doch so heißhungrig, dass sie den Zucker pur löffeln wollte, kann sie nicht gewesen sein. Das hat sie auch noch nie zuvor getan. Sonst hätte ich es gemerkt. Außerdem war ich mir sicher, dass sie genau wusste, dass es Salz war.«
    Lydia versuchte, sich behutsam auszudrücken. »Kann es sein, dass Toni sich manchmal selbst verletzt hat?«
    »Selbst verletzt?«, fragte Nicole Bruckmann entsetzt. »Wie meinen Sie das?«
    »Die eingeklemmten Finger, das Salz. Außerdem hatte sie Kratzer im Gesicht, die sie sich ebenfalls selbst beigebracht hat.«
    Nicole Bruckmann starrte aus dem Fenster. »Sie hat sich schon ein bisschen seltsam benommen in letzter Zeit. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie gar nicht mehr zu kennen. Richtig fremd kam sie mir vor. Und komische Fragen hat sie gestellt. Zu ihrer Herkunft und so. Ist plötzlich auf Distanz gegangen, hat sich nicht anfassen, nicht in den Arm nehmen lassen. Ich habe das für normal gehalten. Für die ersten Anzeichen der Pubertät. Meinen Sie, es steckte etwas anderes dahinter? Aber was?«
    »Das kann ich nicht sagen«, antwortete Lydia rasch. »Was hat es denn mit ihrer Herkunft auf sich?«
    »Wie meinen Sie das?« Nicole Bruckmanns Stimme klang plötzlich schrill.
    »Wir haben die DNA von verschiedenen Personen an Ihrer Tochter gefunden«, erklärte Salomon.

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