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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gris
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global an Aufgaben heranzugehen und sich einen Überblick zu verschaffen. Seine Beobachtung
     war: »Die fängt direkt an, auf ein Thema zu hüpfen und sich in Details festzubeißen.« Die Folge war, dass sie sich stets verzettelte,
     Termine nicht realisierte und sich oft mehr Arbeit als nötig machte. Der eigentliche Chef der Juristin diagnostisierte einen
     Mangel an Selbst- und Zeitmanagement und verordnete ihr ein zweitägiges Training dazu. Sie lernte etwas über Zeitpuffer, A-,
     B- und C-Aufgaben, Zeitfresser – und was man sonst so an Techniken mit auf den Weg bekommt. Ihr gefiel auch alles sehr gut,
     bloß mit der Umsetzung haperte es. Der Druck auf sie erhöhte sich, denn natürlich erwartete ihr Chef, dass sich ihre Leistungen
     verbesserten. Sie mühte sich ab wie ein Hochspringer, der immer ab einer bestimmten Höhe die Latte reißt. Ihr Frust steigerte
     sich, sie fühlte sich als Versagerin. Über ihr hing ständig dieses Damoklesschwert, das besagte: »Wenn du nicht besser wirst,
     überstehst du die Probezeit nicht.« Sie überstand sie, weil ihr Chef nett war und ihr lieber noch einige Seminare angedeihen
     ließ. Aber ihre Kollegen stöhnten und lästerten in der Teeküche. Sie mussten ausbaden, was die Juristin aufgrund ihrer Desorganisation
     nicht schaffte.
    |54| Falsch verpflanzt: Das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel
    Ungeschickte Personalauswahl ist nur ein Grund, weshalb in Unternehmen gute Mitarbeiter auf falschen Positionen sitzen. Ein
     anderer sehr häufiger Grund sind diverse Veränderungsprozesse in Firmen. Die Verantwortliche für Training and Development
     eines großen Telekommunikationsunternehmens berichtete mir, dass ihre Firma etwa alle drei Monate einen Change zu verkraften
     habe. In anderen Unternehmen ist es ähnlich. Da gibt es Umstrukturierungen, Produktivitätsaktionen, Fusionen oder Strategiewechsel.
     Die Mitarbeiter kommen morgens in ihr Büro und plötzlich arbeiten sie im vierten Stock. Und dabei war das Gebäude gestern
     noch ein Flachbau. Eine Führungskraft berichtete mir entnervt, dass sie die Organigramme gar nicht mehr ausdruckt, weil sich
     ohnehin jeden Monat etwas im Unternehmen verändert. Im Rahmen von Change-Prozessen finden sich Mitarbeiter plötzlich in Aufgaben
     oder auf Stellen wieder, die überhaupt nicht ihren Fähigkeiten und Kompetenzen entsprechen. Die Weiterbildung soll es dann
     ausbügeln. Und manchmal trifft es auch die Leute aus der Personalabteilung selbst, die sich um die besagte Weiterbildung der
     Mitarbeiter kümmern. Wenn das passiert, ist jedoch die sozialromantische Ader beim Teufel, wonach jeder Mensch alles lernen
     kann, wenn er nur will. Zum besseren Verständnis der Reihe nach.
    Sie hieß Bärbel und arbeitete in der Abteilung Human Resources, kurz HR-Abteilung. Eine Vollblut-Personalerin. Mitarbeiter
     betreuen von der Wiege bis zur Bahre: Einstellen, Umstellen, Ausstellen. Eines Tages kündigte sich im Flurfunk der Vorbote
     apokalyptischer Ereignisse an. Schließlich erfuhr es auch die HR-Abteilung offiziell. Eine »Produktivitätsaktion« stand ins
     Haus. Um die Kosten zu senken und die Erträge zu steigern, sollten rund 20 Mitarbeiter entlassen werden. Jede Abteilung im
     Unternehmen hatte einen Beitrag zu bringen. Wirklich jede Abteilung? Auch HR? Es traf besagte Bärbel, die die Produktivitätsaktion
     professionell mit abwickelte – bis sie erfuhr, dass sie sich selbst gleich mit aussortieren |55| konnte. Doch halt. Da sie eine sehr gute Mitarbeiterin war, offerierte ihr das Unternehmen die Möglichkeit, in die Abteilung
     Supply Chain zu gehen. Sie wählte mit Begeisterung Supply Chain – weil der Arbeitsmarkt angespannt war. Sie arbeitete von
     da an im 3. Stock und trauerte dem Dasein in der Personalabteilung nach. Für sie hieß es, sich in neue Systeme einzuarbeiten
     und Einkaufsverhandlungen mit Lieferanten zu führen. Dem geneigten Leser springt vermutlich ins Auge, dass Personaladministration
     etwas komplett anderes ist, als Einkaufsverhandlungen zu führen. Es erübrigt sich, darüber zu berichten, wie unglücklich die
     Dame war. Sie hatte zwar äußerlich die Kröte geschluckt, in ihr quakte aber abgrundtief ihre geschundene Seele. Es war nicht
     ihr Ding, auch wenn sie Trainings bekam und sich arrangierte. Und vielleicht hatte die Firmenleitung gedacht, sich mit diesem
     Schachzug elegant aus der Schlinge zu ziehen. Statt Entlassung oder Aufhebungsvertrag offerierte sie einen »Tod auf Raten«.
     Die

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