Die Weiterbildungsluege
interner Prozesse und
die Verbesserung der Vertriebsstrukturen?
Ein anderes aktuelles Change-Thema ist der Wandel hin zu einer modernen, effizienten und kundenorientierten Kommunalverwaltung.
Kreise, Städte und Gemeinden haben seit einigen Jahren das Leitziel auf der Agenda, sich zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb
zu mausern. Wahrscheinlich kommen Ihnen beim Stichwort »Behörde« auch spontan Menschen in den Sinn, die in Kategorien denken
wie »Ich bin nicht zuständig« oder »Ich arbeite hier bis zur Rente« oder »Ich bin hier auf der Arbeit und nicht auf der Flucht«.
Man kann solche Einstellungen auch positiv werten. Die Leute achten sehr sorgsam auf ihre persönlichen Ressourcen und Kräfte.
Doch mal ehrlich: Bei einer Behörde zu arbeiten ist |60| eine echte Fähigkeit. Man muss den Menschen mit seiner Anfrage oder seinem Antrag hinter dem Aktenberg ausblenden. Da gibt
es bestimmte Prozesse und Strukturen, die die volle Aufmerksamkeit fordern. Es geht um »Antrag öffnen«, »sichten«, »gewähren/
ablehnen« und »abheften«. Ganz selten existiert die Erkenntnis, dass dieser Mensch – auch Steuerzahler genannt – den eigenen
Arbeitsplatz bezahlt.
Wer diese Behörden-Fähigkeit beherrscht und es lange genug trainiert hat, schafft schwerlich den Paradigmen-Wechsel hin zum
kundenorientierten Denken und Arbeiten. Das wissen all die Mitarbeiter, die aus der vielzitierten freien Wirtschaft in ein
Amt überwechseln. Die meisten, die ich im Rahmen eigener Projekte kennen gelernt habe, hatten blanke Nerven, weil sie es gewohnt
waren, kundenorientiert und effizient zu arbeiten – bloß die Kollegen eben nicht. Eine Freundin von mir hat so absurde Erscheinungen
erlebt, dass Mitarbeiter selbst sagten: »Ich komme morgens nur hierher, um die Drehtüren zu bewegen.« Andere stempelten sich
am Zeiterfassungsgerät ein und entschwanden in eine ausgedehnte Frühstückspause. Sie selbst wurde von den lieben Kollegen
konsequent ermahnt, nicht zu schnell zu arbeiten. Sie erhöhte nämlich aufgrund ihres Arbeitstempos die durchschnittliche Bearbeitungszahl,
weil sie in ihrem Telefonjob doppelt so viele Anfragen erledigte wie die anderen.
Wenn man solch eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster verändern will, muss man mit der Androhung eines elektrischen Stuhls
arbeiten. Diese Mittel stehen in der modernen Arbeitswelt natürlich nicht zur Verfügung. Und daher versuchen wackere, fortschrittlich
denkende Personalentwicklungsabteilungen Schwung in die öffentlich-rechtliche Bude zu bringen. Frisches Denken und Verhalten.
Doch dieser gewünschte Rollenwechsel ist in etwa so, als wenn ein Profi-Fußballer von heute auf morgen zum Altenpfleger werden
soll. Aber die PE wird an einem allseits bekannten Baumarkt-Motto gemessen: »Geht nicht, gibt’s nicht.« Sie soll alte Missstände
durch griffige Maßnahmen möglichst schnell beheben. So |61| möge sich die drahtige Mitvierzigerin, die bisher hilfesuchende Bürger am Telefon wie ein Terrier angekläfft hat, auf wundersame
Weise zu einer zuvorkommenden Servicekraft mausern, die am Telefon ein Lächeln in der Stimme hat. Die Profis der PE wissen:
Endstation natürliche Grenzen. Aber man macht es trotzdem, weil man die Mitarbeiter nicht einfach austauschen kann. Dünne
Hoffnungsschimmer sind Fluktuation oder Frühverrentung.
Ein Personalentwickler aus der Softwarebranche brachte mich in diesem Zusammenhang noch auf einen anderen Aspekt, weshalb
ohne Aussichten auf Erfolg trainiert wird: »Was wir verkaufen, hängt sehr mit dem Wissen und der Kompetenz der Mitarbeiter
zusammen. Sie sind nicht beliebig austauschbar.« Rund 80 Prozent der Mitarbeiter hätten akademische Abschlüsse. Erst nach
ein bis zwei Jahren würden sie richtig produktiv, weil ihnen dann die internen Prozesse bekannt und genügend Praxiserfahrung
vorhanden seien. »Wenn ein Softwareentwickler in der Kommunikationsbranche zum Beispiel die Software für Billing-Systeme bei
einem Telekommunikationsunternehmen programmiert hat, besitzt er so viel Programmierwissen und Know-how über das Billing-System,
dass man ihn nicht einfach durch einen neuen Mitarbeiter ersetzen kann.« Notgedrungen versucht man also mit ein paar Tagen
Seminar die Schwächen wegzutrainieren. Die liegen in der Regel im Bereich der sozialen Kompetenz und betreffen unzureichende
Kommunikation und Konfliktfähigkeit. Der Fall ist klar: Wenn die besten Freunde Bits und Bytes
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