Die Weiterbildungsluege
sind, kann man nicht erwarten,
nach ein paar Seminartagen tolle Teamplayer oder exzellente Kommunikatoren vorzufinden. Und so sind es auch hier nur überflüssige
Versuche, Menschen mittels Weiterbildung zu reparieren oder palliativ an deren Symptomen herumzudoktern.
Kopf im Käfig: Begrenzt durch den eigenen Denkrahmen
Die meisten Schwächen in der Performance von Mitarbeitern sind eng gekoppelt mit eigenen Einstellungen, auch Denkrahmen genannt |62| . Wie schon in Kapitel 1 erwähnt sind Denkrahmen bestimmte Sichtweisen auf die Welt. Sie bilden sich aufgrund von Erfahrungen
aus. Manchmal reicht ein einschneidendes Erlebnis aus, um daraus eine sehr prägende Einstellung zu entwickeln. Diese sorgt
für einen Tunnelblick. Noch heute erinnere ich mich sehr lebhaft daran, wie mir ein bissiger Dackel am Handgelenk hing, als
ich ein Junge war. Noch heute spüre ich diese Eckzähne. Es hat gereicht, dass ich niemals mehr der beste Freund des Hundes
werden kann und ihm mit großer Skepsis begegne. Schlicht gesagt ist bei jedem Hund der erste Gedanke: »Na hoffentlich beißt
der nicht.«
Wie stark sich solche Einstellungen auswirken, können Sie sich am besten am Beispiel des sogenannten Placebo-Effektes vor
Augen führen. Ein Placebo ist ein Scheinmedikament ohne Wirkstoffe – aber mit erstaunlichen Wirkungen. Patienten gesunden
auf überraschende Weise, wenn man ihnen glaubhaft versichert, dass sie ein hoch wirksames Präparat einnehmen. Und dass, obwohl
sie nur eine Ansammlung von Zuckermolekülen geschluckt haben. Einstellungen schaffen also Realität. Letztens war ein Teilnehmer
im Training, den ich an dieser Stelle Hans Peter Budde nenne. Er war etwa 50 Jahre und hatte die Einstellung: »Man muss vorsichtig
sein, was man sagt. Besonders gegenüber höheren Hierarchieebenen.« Der Hintergrund dafür war eine sehr negative Erfahrung
mit einem früheren Vorgesetzten. Er wäre fast rausgeschmissen worden, weil er klar seine Meinung gesagt hatte und zu fordernd
aufgetreten war. Seitdem kommunizierte er immer sehr vorsichtig, sagte lieber nichts oder schluckte alles runter. Auf der
anderen Seite wollte er durch das Training lernen, sich Gehör zu verschaffen, ohne andere, insbesondere Vorgesetze, zu nerven.
Aus seinen Erzählungen wurde sein defensives, duckmäuserisches Verhalten sehr deutlich. Auch im Seminar fiel er durch seine
Stimmlage und körperliche Ausstrahlung auf, die immer ein bisschen unterwürfig wirkte. Sein aktuelles Problem war, dass er
von seinem Vorgesetzen mit einem Projekt beauftragt worden war, das er mit zwei anderen Kollegen umsetzen sollte. Es ging
dabei um |63| die Entwicklung eines Strategiekonzeptes für eine Produktreihe. Seine Kollegen zeigten jedoch kein Interesse. Zusammenkünfte
platzten. Die Zeit ging ins Land. Und der Chef schien auch nicht sonderlich an Ergebnissen interessiert zu sein. Nur Hans
Peter Budde wollte das Strategieprojekt gerne vorwärts bringen. Für die anderen Seminarteilnehmer war die Sache klar: »Geh’
zu deinem Chef. Fordere von ihm Unterstützung. Finde heraus, wie wichtig das Projekt wirklich ist. Er ist verantwortlich.
Kläre, was genau zu tun ist.« Doch Hans Peter Budde winkte ab. Er hätte seinem Chef mal angedeutet, dass es da Schwierigkeiten
gäbe. Und man dürfe ja auch nicht zu sehr auf den Putz hauen. Aufgrund seiner sehr tiefliegenden Einstellung war es nicht
verwunderlich, dass er gar nicht oder extrem vorsichtig in Kommunikations- und Konfliktsituationen ging. Wir versuchten Hans
Peter Budde klarzumachen, dass er eine andere Einstellung entwickeln möge. Er bekam sogar konkrete Tipps in einem Rollenspiel.
Doch er glaubte, es nicht in der Praxis anwenden zu können. Die Angst saß zu tief, den Vorgesetzten zu vergällen und damit
Ärger zu bekommen. Seine Einstellung »man muss vorsichtig sein« schaffte Realitäten, die ihm keinen Spielraum ließen. Folglich
passierte nichts und das Training war verlorenes Geld. Aber schön, dass wir mal darüber gesprochen haben.
Sozialpsychologen sind sich einig, dass tiefsitzende Einstellungen nicht einfach durch gute Argumente umzustoßen sind. Robert
Dilts erzählt in seinem Buch
Veränderung von Glaubenssystemen
27 eine schöne Geschichte, die die Stärke von eigenen Überzeugungen sehr gut auf den Punkt bringt. Es ist die Geschichte von
dem Patienten, der glaubt, er sei eine Leiche. Deshalb ist er beim Psychiater. Dieser versucht ihn nach allen
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