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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gris
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»Das machen die Kollegen da hinten. Dritter Gang rechts, an den Tapeten
     vorbei, dann schräg hinten, unten bei den Bohrmaschinen, fünfte Tür neben Bad und WC. Da hängt ein Schild.« Für den Kunden
     war an diesem Punkt klar: »Besten Dank. Ich schmeiße die Bohrmaschine weg und kaufe zukünftig bei Ihrer Konkurrenz ein«.
    |113| Solche Zeiten sollten nach dem Training vorbei sein. Aber nicht jeder Mitarbeiter war Feuer und Flamme. Wenn man nämlich zu
     mehr befähigt wird, muss man auch mehr machen. Diese Haltung war der Personalentwicklerin wohl bewusst: »Die guten Verkäufer,
     die bisher auch schon gut verkauft haben, die nehmen das auch an. Aber die, die wir eigentlich damit erreichen wollen – nämlich
     die, die noch Potenzial haben –, die haben 100 000 Punkte dagegen.« Solche Einwände lauteten: »Wann soll ich denn das noch
     machen?« Oder: »Das ging doch bisher auch ohne.« Und jetzt erinnern Sie sich bitte noch einmal kurz an das vorherige Kapitel.
     Da sprach ich über die sechs Phasen der Veränderung und dass es dabei sowohl auf den Mitarbeiter als auch auf dessen Chef
     ankommt. Was müsste also der Marktleiter beziehungsweise der zuständige Abteilungsleiter machen, wenn die trainierten Kollegen
     wieder in den Baumarkt gehen? Genau dann zur Stelle sein, wenn ein Kunde einen Mitarbeiter auf eine Reklamation anspricht.
     Ihn dabei in der Umsetzung des Gelernten beobachten. Ihm Rückmeldung geben. Die Eindrücke dokumentieren, um eine Entwicklung
     nachverfolgen zu können. Und das alles so oft, bis eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass er für den Großteil der Fälle
     kompetent auftritt. Dabei muss der Chef natürlich eine genaue Vorstellung von den Trainingsinhalten haben – also am besten
     selbst am Training teilgenommen haben und »alles selbst auf dem Kasten haben«.
    Am besten testet der Vorgesetzte die Mitarbeiter auch noch kurz nach dem Training und zwischendurch mit möglichen Kundenszenarien
     – nach dem Motto: Stellen Sie sich mal vor … was sagen Sie dann? Die Praxis sieht aber so aus, dass er und auch die Mitarbeiter
     für diese intensive Arbeit gar keine Zeit haben. Denn das Geschäft läuft ja weiter und irgendwann wollen die Leute nach Hause.
    Trainer sind sich einig, dass die Beobachtung von Teilnehmern in der »freien Wildbahn«, also im Tagesgeschäft, eine zentrale
     Rolle für den Transfer bedeutet. Denn im Gespräch oder im Training zeigt sich oft ein ganz anderes Bild. Ein Kollege von mir
     erlebte einen sonst bedächtig und überlegt redenden Prozessleiter |114| im Umgang mit seinen Mitarbeiter ganz anders. »Da fuhr er seinen Leuten über den Mund, war oftmals kritisch und abwertend,
     riss die Themen an sich und gab seinen Leuten wenig Bewegungsfreiheit.« Doch die Beobachtung von Mitarbeitern kostet viel
     Zeit und ist auch nicht immer machbar.
    Um die nötige Nachhaltigkeit anzustoßen, gehen die Personalentwickler in den Unternehmen immer mehr in die Offensive: »Ich
     mache es mittlerweile so, dass ich nach etwa drei Monaten zur Führungskraft gehe und nachfrage, inwiefern sich etwas verändert
     hat«, erzählte mir die Personalentwicklerin einer Bank. Die Erkenntnisse seien jedoch frustrierend: »Üblicherweise ist nichts
     passiert. Es kommen nur Lippenbekenntnisse im Sinne: ›Ja, ja das mache ich.‹ Oder: ›Ich kümmere mich darum.‹ Andere sagen:
     ›Ich habe keine Zeit.‹« Zudem haben Personalentwickler oft den Eindruck, dass die Chefs gern den Weg des geringsten Widerstandes
     gehen. Sie sagen pauschal, der Mitarbeiter habe sich positiv verändert, und damit ist es gut. So richtig greifbar ist dieser
     gefühlte Nutzen dann aber nicht. In großen Unternehmen erfolgt die Umsetzungsabfrage meist per Mail oder webbasiert. Doch
     der Informationsgehalt ist insgesamt auch nicht besser. Es liegt in der Hand der Vorgesetzten, wie ehrlich sie antworten.
     Und wer zeigt schon mit dem Finger auf sich und sagt, die Umsetzung ist ins Leere gelaufen, weil ich mich selbst auch nicht
     darum gekümmert habe? Und so scheitern alle Versuche, Nachhaltigkeit zu forcieren oder Umsetzungsergebnisse zu dokumentieren.
     Bei den leisesten Anzeichen von Mehrarbeit formiert sich eine Welle des Protests nach dem Motto: »Bloß nicht noch mehr Administration.
     Ich habe jetzt schon so viel zu tun.« Im Zweifel wird gar nicht auf solche Bestrebungen reagiert. Personalentwickler geben
     selbst zu, dass es an Konzepten fehlt, wie man den Transfer wirklich schafft.

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