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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gris
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über Fortbildungsoptionen
     informieren konnten. Für mich ist das so ähnlich, wie wenn man den Jagdhund zum Jagen trägt. Wenn schon am Anfang die Initiative
     fehlt, wo soll dann am Ende die Nachhaltigkeit herkommen?
    Einen toten Hund tritt man nicht:
Null Interesse am Lerntransfer
    »Einen toten Hund tritt man nicht.« Dieser Spruch aus der Werbung hat mich beeindruckt, als ich ihn das erste Mal gelesen |111| habe. Er bringt sehr gut auf den Punkt, dass Menschen nur für etwas Aufmerksamkeit zeigen, das sie interessiert. Wenn man
     dieses Bild auf Unternehmen überträgt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass zahlreiche Chefs ihre Mitarbeiter
     als tote Hunde wahrnehmen beziehungsweise ausblenden. Denn wenn diese frohgemut und voll von Eindrücken aus einem Seminar
     heimkehren, interessiert sich der Vorgesetzte nicht für sie. Warum sollte er es auch jetzt tun, wenn schon die Vorgespräche
     dazu dünn ausgefallen sind? Vielleicht trifft der Mitarbeiter den Chef zufällig auf dem Gang und er fragt: »Hallo. Wieder
     zurück? Wie war’s?« Und weil der Chef irgendwie in Eile zu sein scheint, sagt der Mitarbeiter kurz: »Gut.« Der Chef: »Freut
     mich. Sie müssen mir mal später bei Gelegenheit Näheres dazu erzählen.« Dann entschwindet er wieder in einem Kondensstreifen.
     Und jeder weiß: Später heißt nie.
    Wer ohnehin keine Lust auf eine Fortbildung hatte, ist ganz froh, sich nicht erklären zu müssen. Ihm kommt es ganz gelegen,
     wenn sich der Mantel des Schweigens um ihn hüllt. So sollte es aber nicht sein. Denn gerade jetzt, kurz nach dem Seminarbesuch,
     besteht die größte Chance, die Lernimpulse aus dem Kurs in die Praxis zu bringen. Das kommt auch in allen Gesprächen mit Kollegen
     zum Ausdruck. »Weiterbildung funktioniert nicht, wenn Führungskräfte kein Interesse an den Maßnahmen zeigen und deren Umsetzung
     nicht einfordern«, meinte eine 39-jährige selbstständige Trainerin. Ein anderer Kollege, der bei einer Versicherung arbeitet,
     findet verwunderlich, dass Chefs so wenig daran interessiert sind, was ihre Mitarbeiter bei einer Fortbildung erlebt haben
     und umsetzen wollen. »Es wird so gut wie nie nachgefragt. Dabei wären Fragen das Normalste von der Welt. ›Wie hat es Ihnen
     gefallen? Was war wichtig für Sie? Was wollen Sie verändern? Was hat es für Ihren Job gebracht?‹« Doch nichts passiert. Schweigen
     im Walde. Erst kürzlich habe ich einen Trainerkollegen getroffen, der bei einem Finanzdienstleister angestellt ist. Ihn ärgert
     es, dass die Vorgesetzten immer wieder aufs Neue beweisen, dass sie nichts |112| tun. »Die ganze Trainingsarbeit, die man initiiert, kann man auch sein lassen, wenn die Chefs nicht nachhalten.«
    Die Rolle der Führungskräfte beim Lerntransfer betont auch Prof. Dr. Sabine Seufert. Ihr zufolge gelingt es 77 Prozent der
     Seminarteilnehmer nicht, gelernte Inhalte in ihren Arbeitsalltag zu transferieren. Auch sie nennt als zentrale Gründe fehlende
     Motivation oder Zeit aufseiten der Mitarbeiter. 45 Wie wichtig sie in dem Spiel sind, macht ein Beispiel aus einem Bau- und Heimwerkmarkt deutlich. Die Mitarbeiter kehrten
     reich beschenkt mit geistigen Gütern aus einem Training zurück. In den 300 Märkten sollte ein neuer Umgang mit den Kunden
     erfolgen, so lautete die Zielrichtung des Programms, von dem mir die Personalentwicklerin erzählte. Das freut Kunden wie mich,
     die mit zwei linken Händen in solche Geschäfte tapsen und nach kompetenten Kräften Ausschau halten. Sie kennen das. Man stellt
     eine simple Frage an das Personal, wie: »Kann man mit dem Klebstoff auch kleben?« Der dienstbeflissene Baumarktmitarbeiter
     schaut darauf überaus akribisch auf der Rückseite der dazugehörigen Schachtel nach, um verlauten zu lassen. »Ja. Da steht
     es auf der Packung.« Wer lesen kann, ist also klar im Vorteil. Diese Erzählung hätte ich mir jedoch besser gespart. Denn die
     Personalentwicklerin unterstrich, dass ihre Leute nicht so seien. Vielmehr ging es bei ihnen um die Kompetenzerweiterung im
     Umgang mit Reklamationen. Ein typischer Fall: Ein Kunde kommt ins Geschäft, knallt seine Bohrmaschine auf den Tisch und klagt,
     dass sie nach nur anderthalb Jahren und 15 Minuten Laufzeit das Zeitliche gesegnet hat. Dazu murmelt er etwas von Garantie
     und Gewährleistung. Bisher hatte es der Baumarktmitarbeiter leicht. Mit gewinnendem Lächeln verbannte er den Kunden aus seinem
     Dunstkreis und schickte ihn zum Informationsstand:

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