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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gris
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dieser Killer-Argumentation hat der Marketingleiter erschöpft die Segel gestrichen
     und die Fortbildung genehmigt. Warum noch lange streiten, wenn es andere im Haus auch tun.
    Andere Vorgesetzte haben leidvoll erfahren, dass sich plötzlich der Betriebsrat vor der Bürotür einfand, weil sich Mitarbeiter
     ungerecht behandelt fühlten. Ich habe selbst erlebt, wie sich ein Betriebsrat schützend vor einen Mitarbeiter stellte und
     um dessen Rechte auf Weiterbildung kämpfte wie Enten um dahingeworfene Brotkrumen. Der Vorgesetzte wusste zwar aus der Zusammenarbeit,
     dass bei dem Mitarbeiter die natürlichen Grenzen erreicht waren, beugte sich aber dem Druck und stimmte einer entsprechenden
     Maßnahme zu.
    Konflikte auszutragen und auszuhalten wird auch dadurch erschwert, dass in Abteilungen oder im ganzen Unternehmen eine sehr
     freundschaftliche Atmosphäre herrscht. Menschliche Wärme, Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft sind hohe Werte. Man duzt sich,
     unternimmt teilweise sogar private Aktivitäten. Der Chef ist mehr ein Kumpel als eine Autorität. »Wir sind hier wie eine große
     Familie«, ist zu hören. Vorgesetzte, die dann auf Leistung |120| pochen und Mitarbeiter zu businessmäßig anpacken, sind schnell im Abseits. Dass der Chef rechnerisch kühl Entwicklungsbereiche
     aus Kosten-Nutzen-Erwägungen beleuchtet und die Umsetzung von Maßnahmen einfordert und kontrolliert, passt nicht so recht
     ins Bild.
    Schließlich ist nicht zu vernachlässigen, dass Konfliktmanagement Zeit kostet und anstrengend ist. Und wie bereits im vergangenen
     Kapitel erörtert, ist Zeit das knappste Gut einer Führungskraft. Man muss sich detailliert mit dem Mitarbeiter auseinandersetzen,
     Fakten sammeln, Argumente zurechtlegen, viele Gespräche führen und dokumentieren. So viel Aufwand will überlegt sein. Eine
     Führungskraft gestand mir: »Man muss sich angesichts des vollgestopften Arbeitsalltags sehr genau überlegen, wie viele Konflikte
     man sich erlauben kann. Da lässt man es lieber laufen oder hofft auf einen Erkenntnisgewinn bei Schulungen.« Die Bequemlichkeit
     siegt also.
    Wenn es keine Grenzen gibt, wird es beliebig und sinnlos. Das ist besonders an Englisch- und EDV-Trainings sichtbar, wie hinter
     vorgehaltener Hand zu hören ist. Sie werden dann gern gewährt, wenn der Mitarbeiter sich beschwert und sagt: »Jetzt bin ich
     auch mal mit einer Fortbildung dran.« Für Englischtrainings gibt es immer eine gute Allroundbegründung. »Es ist gut, weil
     wir immer internationaler werden.« Dabei ist von vornherein klar, dass vielleicht einmal in 100 Jahren ein Engländer, Amerikaner
     oder Japaner anruft. Und dann sind sowieso alle gelernten Vokabeln weg – vor Schreck. Genauso sinnlos wird Geld bei EDV-Schulungen
     verplempert. Da werden Mitarbeiter in Excel oder Power-Point geschult, ohne dass sie deren Funktionen groß bräuchten. Interessanterweise
     lässt sich beobachten, dass es im wirklichen Bedarfsfall auch ohne zweitägige Schulung geht. Schnell ist ein kompetenter Kollege
     gefunden, der einem das Nötigste beibringt. Stellt sich die Frage, wer dem Treiben Einhalt gebieten könnte. Von Amts wegen
     doch eigentlich die Damen und Herren aus der Personalentwicklung.
    |121| Wachsweich: Personalentwickler sind Papiertiger
    Übrigens, da ich gerade über Personalentwickler spreche: Haben Sie schon einmal das Wort »Papiertiger« gehört? Denken Sie
     jetzt nicht gleich an Origami, die japanische Kunst des Papierfaltens. Aber genau wie Origami hat auch das Wort »Papiertiger«
     seinen Ursprung in einem Land mit mandeläugigen Menschen. Es wurde von einem führenden Politiker der Volksrepublik China –
     nämlich dem berühmt-berüchtigten Mao Tse-tung – geprägt. Papiertiger ist das Synonym für Macht- und Einflusslosigkeit. Und
     genau das kennzeichnet die Situation von Personalentwicklern. Sie haben nichts zu sagen, sondern sehen dem verschwenderischen
     Umgang mit Fortbildungsgeldern tatenlos zu. Und wenn sie doch einmal ein kritisches Wort erheben, gibt es etwas zwischen die
     Augen. Die Personalentwicklerin eines großen Software-Unternehmens war in ihrer langjährigen Berufspraxis immer wieder mit
     Forderungen wie dieser konfrontiert: »Ich möchte das Seminar XY für die Mannschaft machen!« Als pflichtbewusste Personalentwicklerin
     stellte sie natürlich Fragen zum Hintergrund der Maßnahme: »Was möchten Sie mit der Schulung genau erreichen? Inwiefern ist
     das für alle Ihre Mitarbeiter ein

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