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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gris
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lieber beide Augen zu – samt Hühnerauge –, statt Tacheles
     zu sprechen. Harmonie ist wichtiger als klare Worte. Und genau da liegt das Problem. Denn Personalentwicklung setzt Konfliktfreude
     voraus. Der Vorgesetzte muss sich mit dem Mitarbeiter über dessen Leistung und Verhalten auseinandersetzen. Zum einen bevor
     er jemanden zu einer Schulung schickt, zum anderen aber auch danach, wenn es um den Lerntransfer in die Praxis geht. Doch
     die Vorgesetzten tun nichts dergleichen.
    Hier fehlt es klar an sozialen Skills, meinte mir gegenüber eine Personalleiterin aus der Stahlindustrie. »Das sind Chefs,
     die keine Lust haben, mit Mitarbeitern in den Dialog zu treten. Das Einzige, was die bei der Arbeit stört, sind die Menschen
     drum herum.« Diese Vorgesetzten seien sicherlich fachlich sehr kompetent, aber nicht in der Lage, »gefahrenfrei mit den Mitarbeitern
     zu kommunizieren«. Ähnliches berichtete auch der Bereichsleiter Personalentwicklung eines Anlagenbauunternehmens. Auch er
     kennt die Chefs, die sich in fachlichen Themen zu Hause fühlen, aber nicht kommunikativ sind. Solche konfliktscheuen Vorgesetzten
     wunderten sich dann, wenn es zwischen ihnen und den Mitarbeitern irgendwann knallt. »Da haben Leute fast acht Jahre zusammengearbeitet,
     aber nicht miteinander darüber gesprochen, was sie geärgert hat.« Vorgesetzte wüssten zwar klar, was ihnen ein Dorn im |118| Auge ist, thematisierten es aber nicht deutlich. »Denen platzt dann irgendwann die Hutschnur. Aber vorher haben sie nie die
     Verhaltensweisen gespiegelt, die sie gestört haben.«
    Doch woher kommt es, dass in so vielen Unternehmen eine Kuschelkultur vorherrscht? Die Gründe lassen sich auf drei Faktoren
     verdichten: Angst, zu freundschaftliche Beziehungen und Bequemlichkeit. Angst spielt dabei sicherlich die größte Rolle. Führungskräfte
     fürchten, dass Mitarbeiter ihre Leistungen herunterschrauben oder gar das Unternehmen verlassen, wenn sie Klartext reden.
     Besonders Leistungsträger will man nicht vergällen. Da wird lieber eine Weiterbildung mehr genehmigt als zu wenig. Vorgesetzte
     haben auch Angst, ihr Gesicht zu verlieren, weil sie nicht überzeugen können. Leicht passiert es, dass der Chef in einen kommunikativen
     Notstand gerät, weil der Mitarbeiter das argumentativ bessere Arsenal auffährt. Eine Personalentwicklerin aus dem Bereich
     Bau- und Heimwerkermärkte sieht das Problem darin, dass der Mitarbeiter seinem Chef exzellent vorbereitet erklärt, warum eine
     Fortbildung zwingend für die Erfüllung seines Jobs erforderlich ist. Im Kopf des Vorgesetzen ergibt sich angesichts dieser
     rhetorischen Brillanz ein Vakuum, das sich etwa in den Worten ausdrückt: »Mist, der hat es so gut vorgebracht. Ich habe da
     nichts logisch entgegenzusetzen.« Um nicht als Sturkopf dazustehen, der nur unbegründet sagen kann: »Nee, geht nicht«, wird
     dann den vorgetragenen Weiterbildungsmaßnahmen zugestimmt.
    Beispiele dazu gibt es zuhauf. So erzählte mir ein Personalentwickler aus dem Bereich Medizintechnik die Geschichte von einem
     Marketingleiter, dem das Rückgrat fehlte. Drei seiner Mitarbeiter wollten bei dem teuersten deutschen Weiterbildungsanbieter
     zu einem zweitägigen Präsentationsseminar gehen. Das Gespräch muss sich in etwa wie folgt zugetragen haben. Marketingleiter:
     »2 000 Euro am Tag pro Person. Ist das nicht ein bisschen teuer? Da gibt es doch bei der IHK bestimmt auch schon was für 350
     Euro«. Mitarbeiter: »Das kann schon sein. Aber die sind nicht so |119| gut. Wenn wir hier die Topleistungen bringen sollen, müssen wir zu einem Premium-Anbieter. Der Trainer hat Bücher geschrieben
     und war immer wieder als Experte im Fernsehen zu sehen. Der Mann ist erstklassig.« Marketingleiter: »Das sagt ja nichts.«
     Mitarbeiter: »Und ob das was sagt. Selbst die Kollegen von unserem Wettbewerb gehen dahin. Ich habe gerade neulich mit einem
     gesprochen. Der hat gesagt, es sei ein Spitzenseminar gewesen. Da dürfen wir nicht zurückstehen.« Marketingleiter: »Dann lassen
     Sie es uns doch so machen, dass einer hingeht und es den anderen hinterher beibringt.« Mitarbeiter: »Wie soll das denn gehen?
     Es ist doch komplett etwas anderes, ob man ein Seminar mitmacht oder nur hinterher ein paar Handouts durchgeht. Und übrigens,
     bei den Kollegen im Produktmanagement sind die Teilnahmegebühren auch kein Problem gewesen. Die waren erst neulich auf einem
     ganz teuren Seminar auf der Wartburg.« Nach

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