Die Weiterbildungsluege
ganze
sechs erschienen. Einige Anrufe brachten Klarheit: Die fehlenden Techniker und Ingenieure hätten gerade sehr viel zu tun.
Doch in Wirklichkeit gibt es nie einen richtigen Zeitpunkt für Seminare. Termindruck ist einfach immer da. Zusätzlich schießt
sich manche Personalabteilung noch ein Eigentor. Sie schickt die Einladung zu einem Seminar drei Wochen vor einem Termin heraus.
Dann ist es besonders leicht zu sagen: »Kam alles zu knapp.« Doch auch langfristige Einladungen sind ernüchternd. Und so bleibt
das Resümee: Weiterbildung ist sowieso nur die schönste Nebensache der Welt.
Quick and Dirty: Alles muss schnell gehen
»Das muss Quick-and-Dirty gehen.« Das ist sicher einer der beliebtesten Sätze, den Manager im Repertoire haben. Und wenn etwas |107| »schnell und schmutzig« gehen soll, ist nicht das beste
Vorgehen
gefragt. Der Anspruch ist, in möglichst kurzer Zeit das beste
Ergebnis
zu erzielen. Bei diesem Ansatz schwingt immer ein bisschen »Mission Impossible« mit. Quick-and-Dirty wollte es auch mal mein
früherer Chef. Vor allem dirty. Bei der Bundeswehr. Da hieß es: »Panzerschütze Gris. Ab ins Gehölz und Feind ausspähen. Tiefste
Gangart. Aber zackig. Erwarte Ihren Bericht in 10 Minuten. Wie Sie das machen, ist mir egal.« – »Jawoll, Herr Unteroffizier.«
Das gleiche Prinzip regiert in den Unternehmen, wenn es um Weiterbildung geht. Quick-and-Dirty – und sonst nichts. Die Zeit
ist knapp. Erst kürzlich wurde ein Trainerkollege von mir sehr hellhörig, als er sich mit dem Manager einer mittelständischen
Firma unterhielt. Es gab interkulturelle Probleme zwischen den Teams in Deutschland und Spanien. Um eine bedarfsgerechte Maßnahme
zu entwickeln, empfahl der Trainer Interviews mit verschiedenen Teammitgliedern. Es sei wichtig, die verschiedenen Sichtweisen
zu berücksichtigen. Auf der Basis der Informationen sollte dann das konkrete Konzept folgen. Der Manager war irritiert. Wofür
der ganze Aufwand? Ihm schwebte als Lösungsmaßnahme ein Workshop vor: »Das ist doch sicher mit einem halben Tag am Freitag
samt Abend und einem halben Samstag bis 14 Uhr getan.« Alles in allem kam er auf einen Honorartag. Natürlich geht es bei solchen
Gesprächen auch immer um Geld. Doch es kommt auch eine bestimmte Denkhaltung zum Ausdruck, die so typisch ist für Manager.
Sie glauben, menschliche Probleme lassen sich mal eben, schnell und einfach, wegtrainieren. Da kommen zwei kulturell verschiedene
Teams über ein Jahr lang nicht miteinander klar und eine Freitag-Samstag-Session richtet alles wieder. Hinter diesen Vorstellungen
steckt zusätzlich das Ansinnen, die Mitarbeiter bloß nicht zu lange aus dem Tagesgeschäft zu ziehen. Die Chefs vergessen jedoch
vor lauter Zeitdruck die Psychologie der Veränderung, die Sie bereits in den vorigen Kapiteln kennen gelernt haben. Besonders
Kaufleuten, Naturwissenschaftlern, Technikern und IT-Experten sagt man nach, dass sie wenig Verständnis für solche |108| Zusammenhänge hätten. Doch das stimmt nicht. Auch helfende Berufe machen da keine Ausnahme. Und die verstehen bekanntlich
mehr von Psychologie. So bekam ich folgende Anfrage aus einem Krankenhaus: »Können Sie in der Zeit der Mittagsübergabe in
zwei Stunden unsere 40 Pflegekräfte in patientenorientierter Kommunikation fit machen?« Klar, gerne doch. Unmögliches wird
sofort erledigt. Wunder dauern etwas länger.
Doch nicht nur für das Training hat man keine Zeit. Es hapert auch an einem vernünftigen Vorgespräch und Briefing, das sicherstellt,
dass der Trainer mit seinen Inhalten bei den Teilnehmern richtig andockt und die gewünschten Weiterbildungsziele realisiert.
Eine bittere Erfahrung machte ich mit einem Verkaufstraining zu Handelskennzahlen für einen Spielwarenhersteller. In Abstimmung
mit dem Personalleiter und den Gebietsverkaufsleitern konzipierte ich einen eintägigen Kurs, der bei allen drei Trainingsgruppen
in Deutschland gut ankam. Die Inhalte sollten dann auch in einem gemeinsamen Seminar an die Kollegen aus der Schweiz und Österreich
vermittelt werden.
Um das Training auf die Bedürfnisse der ausländischen Kollegen abzustimmen, sendete ich deshalb an deren jeweilige Chefs sämtliche
Unterlagen inklusive Leitfaden. Sie sollten sich alles in Ruhe anschauen. Dann rief ich die Herren noch einmal persönlich
an. Der Schweizer war ganz zugänglich. Der Österreicher begegnete mir, als hätte ich ihm gesalzenen
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