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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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und Arne wusste schließlich niemand, dass Anna bereits verheiratet war.
    Anders als damals mit Bernhard gab es mit Ruadbern keine heimlichen Treffen.
    »Wir haben unsere Liebe monatelang leben dürfen«, sagte Ruadbern zu Judith, als sie in Aachen eintrafen. »Es war die kostbarste Zeit meines Lebens. Aber jetzt bist du wieder Kaiserin, und ich kehre zu meiner Arbeit an der Hofschule zurück. Wir werden weiterhin viel miteinander umgehen und uns unserer Liebe gewiss sein, aber ich werde durch keine geheime Treppe in dein Gemach dringen, mich nicht mit dir heimlich im Wald verabreden, dich nicht in einem unbeobachteten Augenblick in eine dunkle Ecke ziehen oder ein leeres Gemach für gestohlene Liebesstunden aufsuchen.«
    Judith senkte die Lider. Das Kind Ruadbern hatte erheblich mehr mitbekommen, als sie auch nur geahnt hatte.
    »Aber ich liebe dich«, antwortete sie leise. »Es ist unerträglich, dir so nahe zu sein und dich nicht berühren zu können.«
    »Es ist überhaupt nicht unerträglich«, widersprach er, »sondern wunderschön, einander nahe sein zu können. Ich habe dir schon einmal gesagt, eine wirkliche Liebe findet die Erfüllung in sich selbst. Du hast mir gezeigt, wie Mann und Frau einander körperlich lieben. Das ist mir eine kostbare Erinnerung. Und jetzt wirst du lernen, wie unsere Liebe unabhängig von jeglicher Körperlichkeit weiterleben wird. Ich weiß, wovon ich spreche.«
    Der politische Alltag mit seinen Verwicklungen hatte Judith wieder sehr schnell im Griff. Nach einem Jahr Abwesenheit galt es, sich wieder neu einzuarbeiten und die veränderten Umstände zu berücksichtigen. Noch immer fürchtete Judith Lothars Einfluss und Durchtriebenheit. Sie riet Ludwig, sich mit seinem Ältesten zu versöhnen und ihm eine großmütige Friedensbotschaft zu schicken. Kurz nach Ostern folgte er ihrer Empfehlung und lud seinen Sohn zur Aussprache nach Aachen ein.
    Lothar, der sich inzwischen bis nach Vienne zurückgezogen hatte, lehnte jegliche Verbindung zum Vater ab und wollte von Versöhnung nichts wissen. Mittlerweile hatte er neue Hoffnung geschöpft, den Kaiserthron zurückzuerobern, da sich viele seiner alten Vasallen wieder zu ihm bekannt hatten. Der älteste Kaisersohn war in der Verleihung von Gütern schließlich erheblich großzügiger als sein Vater. Die Wende schien sich abzuzeichnen, als eine Truppe Lothars im offenen Gefecht die Männer Ludwigs bei Orleans vernichtend schlug. Lothar setzte sich daraufhin von Vienne aus in Bewegung und rückte an der Saône hinauf gen Orleans. In Chalons fand er jedoch den Weg von Ludwigs Leuten versperrt. Es kam zu einem heftigen Aufeinandertreffen, aus dem Lothar als Sieger hervorging und die Stadt im Sturm einnahm.
    Als er am Tag darauf bei seinem triumphalen Einzug zwei Getreue Ludwigs in der ihm huldigenden Menschenmenge entdeckte, ließ er ihnen gleich an Ort und Stelle die Köpfe abschlagen. Auch Irmingard, die zu Seiten Lothars ritt, erkannte unter den vielen Jubelnden am Wegesrand ein vertrautes Gesicht.
    »Sieh da, Lothar!«, schrie sie und deutete aufgeregt in die Volksmenge, »da steht die Nonne Gerberga, Bernhards Schwester!«
    »Wo?«, fragte Lothar, der ansonsten kaum noch auf Irmingards Äußerungen achtete. Aber die Nonne Gerberga, diese Hexe, die seiner Frau vor vielen Jahren eine solch unsägliche Prophezeiung hatte zukommen lassen, diese Frau, die ihn an Irmingard gefesselt hatte, musste vernichtet werden! Augenblicklich ließ er die Nonne Gerberga von seinen Schergen packen und abführen.
    Bereits für den nächsten Tag beraumte er eine Gerichtsverhandlung an und ernannte unter Irmingards Vorsitz die Frauen seiner Räte zu Richtern. Der Urteilsspruch war einhellig: Als Hexe, Verfertigerin von Liebestränken und sich verbotener Wahrsagerei Hingebende wurde die Nonne Gerberga lebendig in ein Fass gesteckt und mit Schwung in die Saône geworfen. Danach ließ Lothar die Stadt plündern und niederbrennen, ehe er, über die rauchenden Trümmer, sengend und mordend, weiter nach Orleans rückte.
    »Bis jetzt haben sich die Brüder nur drohend gegenübergestanden«, berichtete der neue Kanzler, des Kaisers Halbbruder Hugo, dem Herrscherpaar an einem heißen Sommertag in Aachen. »Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, wann ihre Heere die Waffen gegeneinander erheben. Und leider ist das Glück derzeit mit Lothar, der einen Landstrich nach dem anderen einnimmt und großes Unheil über die Bevölkerung bringt.«
    Bestürzt hörte sich Ludwig

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