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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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schlossen sich Ebbo und Harald Klak der Prozession an.
    Es war das neunte Kind des Kaisers, aber keines der anderen hatte je solch zärtliche Gefühle in ihm geweckt wie dieser Sohn. Erst jetzt gestand er sich ein, dass er größere Sorgen um Judith ausgestanden hatte als je um einen anderen Menschen.
    »Wie wollen wir ihn nennen?«, fragte er, nachdem er sie geküsst, sich auf den Bettrand gesetzt und das kleine Bündel in den Arm genommen hatte. Die Tür, vor der sich die Würdenträger drängten, stand weit offen. Allerdings hatten nur Lothar und Konrad gewagt, den Raum zu betreten.
    »Karl«, antwortete Judith bestimmt.
    Lothar hielt sich die Hand vor den Mund und hustete, um den missbilligenden Laut zu verschleiern, der ihm entrutscht war. Dreist, dachte er nur, welch eine Unverschämtheit, ihrem Sohn diesen Namen geben zu wollen!
    »Karl?«, fragte Ludwig leicht ungehalten. »Nach meinem Vater?«
    »Er war ein großer Kaiser, also ist es ein großer Name.«
    Zustimmendes Murmeln kam von der Tür.
    »Dieser Karl kann jedenfalls nicht Kaiser werden«, warf Lothar rasch ein.
    »Nein, denn das bist ja schon du«, erklärte Judith und strahlte ihn liebevoll an. Sie reichte Lothar die Hand. »Darf ich dich, liebster Stiefsohn, um einen großen Gefallen bitten?«, fragte sie mit ihrem süßesten Lächeln und setzte gleich hinzu: »Würdest du uns die Ehre erweisen, Karls Taufpate zu sein?«
    »Mit Freuden. Die Ehre ist auf meiner Seite«, sah sich Lothar gezwungen zu erwidern.
    Er sollte Jahre später sagen, dass ihn Judith mit dieser Bitte völlig überrumpelt hatte. Wie hätte er in diesem Augenblick der zarten bettlägrigen Kaiserin, die ihn aus großen Saphiraugen flehentlich ansah, etwas abschlagen können? Noch dazu vor so vielen Zeugen?
    »Mein Glückwunsch«, erklang es von der Tür. Harald Klak hatte es endlich geschafft, sich nach vorn durchzuarbeiten.
    Judith erkannte ihn sofort.
    »Danke, König der Dänen«, rief sie ihm huldvoll zu und setzte nach: »Mein Vetter aus dem hohen Norden bringt mir Glück, denn an allen großen Tagen meines Lebens ist er zugegen.« Leicht belustigt streifte sie die Gesichter der anderen Würdenträger, die daraufhin in tiefer Verneigung verharrten. Bis auf Ebbo. Seine Augen, die wie immer tief in den Wülsten lagen, schienen Mutter und Sohn mit offener Missbilligung zu mustern. Er hasst mich immer noch, dachte Judith erschrocken; der Milchbruder meines Mannes, sein Beichtvater, Erzbischof Ebbo von Reims, hat mich von Anfang an abgelehnt und ist immer noch mein Feind. Sie erschauerte.
    Sorgsam legte ihr Ludwig eine Decke über die Schultern.
    »Schließt die Tür«, forderte er Lothar und Konrad auf und setzte etwas hilflos hinzu: »Meine Gemahlin friert.«
    Während Konrad das Gemach ohne Umstände verließ, blieb Lothar noch einen Augenblick am Bett stehen und sah mit zusammengezogenen Brauen auf den Säugling hinunter. Judith standen Schweißperlen auf der Stirn, und das hatte nichts mit den hochsommerlichen Temperaturen, der Decke um die Schultern oder der stickigen Atmosphäre in der Kammer zu tun. Sie musste alle Kraft, derer sie fähig war, dafür aufwenden, das Kind Ludwig nicht zu entreißen und an ihrem Busen zu bergen, vor allem, als Lothar plötzlich einen Arm ausstreckte. Sanft strich er über den unbehaarten Schädel des Säuglings.
    »Karl der Kahle«, sagte er scherzend, bevor er sich zum Gehen wandte. Judith lächelte milde.
    Als sich die Tür geschlossen hatte, fiel augenblicklich alle Sanftmut von ihr ab.
    »Du weißt, warum er ihn so genannt hat!«, fuhr sie ihren Gemahl an, ihre ganze Angst entladend. Ludwig zuckte zusammen, tätschelte Judith dann die Hand und bemerkte versöhnlich: »Warum wohl! Er hat noch keine Haare.«
    »Er hat überhaupt nichts«, gab Judith aufgebracht zurück. »Nicht einmal ein winziges Fleckchen Erde. Er ist kahl, Ludwig, bar jeden Besitzes.« Erschrocken bedachte sie, wie schutzlos sie und ihr Sohn wären, sollte Gott Ludwig zu sich nehmen. Lothar und seine Brüder würden sie und Karl ohne Verzug ins Kloster stecken, davon war sie überzeugt. Ihre eigenen Brüder allein würden dies nicht verhindern können, sondern wahrscheinlich auch vom Hof entfernt werden, wenn nicht gar Schlimmeres durchstehen müssen. Sie brauchte mächtigere Verbündete, musste dafür sorgen, Menschen an sich zu binden, die ihr und ihrem Sohn beistehen würden. Aber wie? Sie hatte kaum eigenen Besitz, den sie verteilen konnte.
    »Geliebte Frau, er ist

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