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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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sich Pippins Kriegern in Aquitanien anschließen und dann Bernhard zu Hilfe kommen würde. Aber wer sollte diesen Trupp leiten?
    »Graf Hugo«, entfuhr es Judith. Es wurde Zeit, dass sich dieser Hofschranze mal nützlich machte. Und vom Hof verschwand.
    »Vorzüglicher Vorschlag«, befand der Kaiser anerkennend. »Zusammen mit Graf Matfried. Rettet Bernhard!«
    Irmingards Vater Hugo war von diesem Auftrag nicht begeistert. Er beugte sich zu Judith hin und flüsterte mit spöttischer Höflichkeit: »Erteilst du mir diesmal den Auftrag, mich nicht sonderlich zu sputen?«
    Was er auch nicht tat. Graf Hugo, der lieber mit Worten als mit dem Schwert kämpfte, der eine Verunglimpfung des Gegners dem militärischen Schlagabtausch vorzog und der nichts so sehr fürchtete wie körperliche Schmerzen, ließ sich unterwegs sehr viel Zeit. Die zur Unterstützung aufgebotenen Krieger wunderten sich über die außergewöhnlich kurzen Tagesmärsche und die in die Länge gezogenen Ruhepausen. Graf Hugo glaubte ohnehin nicht, die Araber daran hindern zu können, die Spanische Mark zu verwüsten, und sah nicht ein, weshalb er sein Leben für eine aussichtslose Angelegenheit aufs Spiel setzen sollte. Noch dazu für Bernhard, der drei seiner fähigsten Männer getötet hatte und dem seine Tochter immer noch nachweinte, das dumme Ding! Er wollte so wenig wie möglich unternehmen, um dem Grafen von Barcelona beizustehen. Dass sich auch Pippins Aquitanier erst dann Richtung Barcelona in Marsch setzen würden, wenn der Aachener Zug zu ihnen gestoßen war, floss ebenfalls in seine Überlegungen ein. Die Spanische Mark war schon so gut wie verloren, aber man würde sie zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin wieder recht mühelos erobern können. Schließlich wusste jeder von den inneren Unruhen bei den spanischen Mauren, die sich irgendwann sicher gegenseitig zerfleischen würden. Aber erst, nachdem sie Bernhard von Barcelona mit seinem kleinen Häuflein Kämpfern in den Tod getrieben haben, dachte Graf Hugo befriedigt.
    Doch da hatte er sich gewaltig verrechnet.
    Es grenzte tatsächlich an ein Wunder, dass Bernhard nicht nur überlebte, sondern mit seinen geringen Mitteln Barcelona sogar vor den Sarazenen verteidigen und die Stadt retten konnte. Als er in Aachen eintraf, verlieh ihm Ludwig für seine Unerschrockenheit und Gewandtheit sogleich den Titel des Grafen von Septimanien. Judith staunte, wie wenig schwer es ihr fiel, ihn bei seiner Ankunft huldvoll zu begrüßen. Sie zuckte nicht einmal zusammen, als Ludwig sie bat, seinem Patensohn, ihrem Schwager, doch einen schwesterlichen Kuss zu geben. Er lächelte sie unbefangen an und grüßte sie herzlich von ihrer Schwester Dhuoda, die er im aquitanischen Uzes zurückgelassen hatte und die dort ihr erstes Kind erwartete.
    Auch diese Nachricht verstörte Judith zu ihrer eigenen Verwunderung nicht. Offensichtlich hatten die Gebete am Petrusgrab geholfen. Bernhard brachte in ihr keine Saite mehr zum Klingen. Sie hasste ihn nicht einmal mehr. Sie begriff, dass sie sich aus dem Kerker einer ungesunden Abhängigkeit befreit hatte, und verstand nicht mehr, wie sie da überhaupt hatte hineingelangen können.
    Ihr entging, mit welcher Befriedigung Ludwig die Begrüßung zwischen ihr und seinem Patensohn beobachtete. Offensichtlich hatte seine Gemahlin ihre frühere Abneigung gegen Bernhard gänzlich überwunden. Das kam dem Kaiser gelegen, der bei der erforderlich gewordenen Neuordnung der Verwaltung Bernhard ein besonders ehrenvolles Amt übertragen wollte. Eins, bei dem er eng mit der Kaiserin zusammenarbeiten müsste. Ludwig beabsichtigte allerdings, Judith vor vollendete Tatsachen zu stellen, um von ihr nicht umgestimmt zu werden. Er verfügte, was am Hof vor sich ging, nicht die Kaiserin. Dem Wort von des Kaisers Herrin, das auch ihm zugetragen worden war, musste er die Stirn bieten. Unbeugsam würde er sich zeigen und hart durchgreifen, wo es nötig war. So wollte er auf der Reichsversammlung, die er für den nächsten Tag einberufen hatte, Graf Hugo ohne Rücksicht auf dessen Stellung als Schwiegervater seines Sohnes Lothar den Prozess machen. Die Anklage lautete auf beabsichtigte Verzögerung und unterlassene Hilfeleistung.
    Judith erschrak, als nach der Abendmahlzeit an ihre Tür geklopft wurde. Sie war noch nicht bereit, mit Bernhard allein zu reden. Die Erkenntnis, sich in ihren Gefühlen derart geirrt zu haben, überwältigte sie weit mehr, als die Tatsache, dass ihr Bernhard gleichgültig

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