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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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schien etwas zu zischeln, was sich in Ebbos Ohren festsetzte: »Meine Herrin hat mich verlassen, und so diene ich keinem mehr.«
    Ebbo legte den Stab zur Seite, rieb sich Augen und Ohren und sah noch einmal hin. Doch am Eisenstab steckte nichts weiter als ein goldener Ring mit einem riesigen Diamanten, der Funken zu sprühen schien. Später stellte er fest, dass die kurze Zeit im Feuer genügt hatte, ihn tatsächlich zu weiten. Doch nichts auf der Welt hätte ihn jetzt noch dazu bringen können, einen Ring zu tragen oder gar zu weihen, den die Kaiserin ganz offensichtlich mit magischen Beschwörungen versehen hatte. Er ließ ihn in einer Lade verschwinden. Bei der nächsten Begegnung erklärte er Judith, er trage den Ring zwar nicht, halte ihn aber dennoch in Ehren. Und werde ihn dir irgendwann, mit dem passenden Fluch versehen, zurücksenden, dachte er grimmig.
    »Er ist sehr groß und hat auch mich manchmal im Alltag behindert«, hatte sie verständnisvoll geantwortet, aber Ebbo vermeinte etwas Lauerndes in ihrem Lächeln zu sehen. Als wollte sie herausfinden, ob er hinter das Geheimnis dieses Rings gekommen war.
    Und jetzt stand sein Milchbruder, der Kaiser, zusammen mit Weib und Kind vor einem toten Reh und beugte das Haupt. Herrin der Schlange, dachte er und wunderte sich, als ihm plötzlich ein völlig anderer Gedanke durch den Kopf schoss: Ich muss sie und das Kind schützen. Das bin ich meinem Milchbruder Ludwig schuldig. Er konnte nicht ahnen, dass ihm die Frau, die er der Zauberei verdächtigte, aus Schreck über sein feindseliges Gesicht diesen Gedanken mit aller Macht eingegeben hatte.
    Die kleine Familie wurde jäh aus ihrer Andacht gerissen, als plötzlich ein berittener Bote an das Kochfeuer sprengte. Schweißüberströmt und außer Atem, fiel er vor dem Kaiser auf die Knie und überreichte ihm einen Brief. Ludwig, der inzwischen das vierzigste Lebensjahr erreicht hatte und die kleinen Minuskeln in der Dämmerung nur schlecht lesen konnte, gab das Schreiben an Judith weiter. Sie holte tief Luft, als sie es entgegennahm. Nachrichten aus Barcelona, ging ihr durch den Kopf. Seit Wochen hatten sie nichts mehr über den Aufstand in der Spanischen Mark gehört. Vielleicht hatten die Sarazenen das Werk vollendet, dem Graf Hugos Leute nicht gewachsen gewesen waren. Vielleicht war Bernhard endlich tot. Hastig überflog sie die Schrift.
    »Es geht um Dänemark«, sagte sie, und Ludwig hörte Besorgnis aus ihrer Stimme heraus. »Horik hat seinen Bruder Harald Klak vertrieben und sich als alleinigen König von Dänemark ausrufen lassen. Harald ist jetzt in Friesland. Unversehrt.«
    Lothar war hinzugetreten.
    »Du willst ihm doch nicht etwa schon wieder Truppen schicken?«, fragte er seinen Vater scharf. »Langsam reicht es. Wer sein Land nach so vielen verheerenden Erbkriegen und mit so viel Unterstützung von fränkischer Seite nicht halten kann, sollte sich gefälligst zur Ruhe setzen. So jemand taugt nicht zum König und sollte vom Kaiser nicht länger getragen werden.«
    »Der Kaiser soll also zulassen, dass das Land wieder ins Heidentum zurückfällt?«, gab Ludwig genauso beißend zurück.
    Seine Miene entspannte sich ein wenig, als er beobachtete, wie der kleine Karl versuchte, das getötete Reh eigenhändig zum Kochfeuer zu schleppen. Lothars Gesicht verzog sich, als er diesem Blick folgte.
    »Mein Patensohn hat schwer an seiner Verantwortung zu tragen«, sagte er, ohne auf Ludwigs Bemerkung einzugehen. »Ich sollte ihn wohl von seiner Bürde befreien.«
    Das klingt wie eine Drohung, dachte Judith bestürzt.
    »Du sprichst gewiss von deinem dänischen Patensohn«, sagte sie schneidend. Den er jetzt ja auch im Stich lassen wollte.
    Ebbo starrte auf das Pergament in Judiths Hand. »Ist Ansgar noch am Leben?«, fragte er besorgt.
    »Ja, er hat sich retten können und befindet sich bei Harald«, antwortete Judith.
    Ludwig stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich werde die sächsischen Markgrafen an die Eider rücken lassen. Sie sollen dort mit Horik verhandeln«, erklärte er.
    »Diesmal kein Kriegszug?«, fragte Lothar knapp.
    Ludwig schüttelte müde den Kopf.
    Am nächsten Abend erreichte den Hof eine weitere Schreckensmeldung. Ein ungeheueres Araberheer aus Andalusien hatte sich in Marsch gesetzt und bewegte sich auf Barcelona zu.
    »Es müsste jetzt schon vor den Toren Saragossas stehen«, sagte Ludwig besorgt. Er begrüßte Lothars Vorschlag, augenblicklich einen Unterstützungstrupp loszuschicken, der

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